Brigitte PothmerDIE GRÜNEN - Einzelplan Arbeit und Soziales
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!
Die Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit wird auch weiterhin Priorität haben und Handlungsschwerpunkt bleiben, auch wenn neue Aufgaben hinzukommen.
Das hat die Ministerin bei der Einbringung dieses Haushaltes gesagt.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Nichts für ungut, Frau Nahles, aber angesichts Ihrer Bilanz bei der Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit klingt das wirklich wie eine Drohung. Die Hälfte Ihrer Amtszeit ist um, und nichts, aber auch gar nichts ist geschafft.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Widerspruch bei der CDU/CSU und der SPD)
Im Gegenteil: Das IAB hat Ihnen erst neulich attestiert, dass der Anteil der Langzeitarbeitslosen mit schlechten Chancen auf dem Arbeitsmarkt während Ihrer Amtszeit noch einmal zugenommen hat.
(Dr. Martin Rosemann [SPD]: Ist ja logisch, wenn die Arbeitslosigkeit insgesamt zurückgeht!)
Das ist auch kein Wunder; denn Sie haben das Programmhopping, das schon bei Ihren Vorgängerinnen und Vorgängern gescheitert ist, schlicht und ergreifend fortgesetzt.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
10 000 Plätze für das Teilhabeprogramm, 33 000 Plätze mit Lohnkostenzuschuss! Von diesen 33 000 haben nach einem Jahr sage und schreibe 1 139 Langzeitarbeitslose einen Job bekommen. Das ist Ihre Bilanz angesichts der Tatsache, dass es noch immer über 1 Million Langzeitarbeitslose gibt. Frau Nahles, das ist ein Bild des Jammers.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
Nun lese ich in einem neuen Papier, das Sie gemeinsam mit der BA herausgegeben haben, wo Sie die zentralen Handlungsfelder bei der Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit sehen. Sie wollen jetzt eine stärkenorientierte Beratung einführen. Bravo! Was haben Sie eigentlich bislang gemacht? Haben Sie die Schwächen der Langzeitarbeitslosen herausgearbeitet? Was stellen Sie sich selber für ein Zeugnis aus?
Dann sollen die Förderinstrumente zukünftig motivierend sein. Was waren die denn bislang? Demotivierend? Was haben Sie eigentlich im Bereich der Langzeitarbeitslosigkeit gemacht? Ich bin wirklich für eine gute und professionelle Beratung. Aber so zu tun, als könnten wir die verfestigte Langzeitarbeitslosigkeit mit neuen Beratungskonzepten verringern, ist angesichts der Größe des Problems unangemessen. Die Probleme sind eine falsche Politik und eine völlig unzureichende Finanzierung.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
Wir brauchen dringend einen sozialen Arbeitsmarkt. Ich sage Ihnen noch einmal: Der Vermittlungsvorrang muss weg. Wir müssen endlich in die Qualifikation der Langzeitarbeitslosen investieren, wenn wir sie dauerhaft integrieren wollen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)
Wir brauchen mehr Geld und mehr Personal. Wenn Sie die Beratung wirklich verbessern wollen, dann geht das nicht ohne mehr Geld und mehr Personal.
Frau Nahles, Sie haben heute – genauso wie an anderer Stelle – vollkommen zu Recht gesagt: Wir müssen Neiddebatten verhindern. Einheimische Arbeitslose dürfen nicht gegen Flüchtlinge ausgespielt werden. – Richtig so. Nur, dann müssten Sie endlich auch wirklich einmal für die etwas tun, die bereits abgehängt sind. Die Ressentiments sind doch längst da. Gehen Sie doch einmal auf die Flure der Jobcenter. Was Sie da hören, ist gar nicht schön. Mit der Vorrangprüfung lösen Sie das Problem nun wirklich nicht.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)
Damit, liebe Frau Weiss, blockieren Sie jetzt zusätzlich noch den Arbeitsmarktzugang für Flüchtlinge. Sie hängen damit zwei Gruppen ab, die Langzeitarbeitslosen und die Flüchtlinge.
Liebe Frau Nahles, wirklich waghalsig ist Ihre Annahme, dass zukünftig 35 Prozent der Flüchtlinge bereits innerhalb eines Jahres den Hartz-IV-Bezug wieder verlassen. Sie selber haben hier vor zu optimistischen Prognosen gewarnt. Sie haben gesagt: Nicht einmal jeder Zehnte kann unmittelbar in Arbeit und Ausbildung vermittelt werden. – Das IAB geht von 8 Prozent innerhalb eines Jahres aus. Ich frage Sie jetzt: Auf welchem Weg sollen die anderen 25 Prozent den Hartz-IV-Bezug verlassen? Durch reich Heiraten?
(Zuruf von der CDU/CSU: Warum nicht?)
Durch einen Lottogewinn? Ich kann Ihnen sagen: Das habe ich auch schon versucht. Das ist nicht so einfach.
(Heiterkeit und Beifall – Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und dann bist du Bundestagsabgeordnete geworden!)
Das, was Sie Ihrem Haushalt zugrunde legen, ist ein Wolkenkuckucksheim. Sie haben beim Finanzminister schlicht und ergreifend nicht genug Geld lockermachen können, und jetzt rechnen Sie sich die Welt schön. Das Geld, das heute hier eingespart wird, wird uns später teuer zu stehen kommen. Können wir nicht endlich einmal aus den Fehlern der Vergangenheit lernen?
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
Seien Sie einmal mutig! Stimmen Sie unseren in jeder Hinsicht gegenfinanzierten Anträgen zu.
Ich danke Ihnen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
Ich hoffe immer noch, dass man jemanden heiratet, weil man ihn oder sie liebt, nicht unter Versorgungsaspekten.
(Heiterkeit)
Als nächste Rednerin hat Katja Mast von der SPD-Fraktion das Wort.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Karl Schiewerling [CDU/CSU])
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6215536 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 140 |
Tagesordnungspunkt | Einzelplan Arbeit und Soziales |