Wilhelm PriesmeierSPD - Einzelplan 10 Ernährung und Landwirtschaft
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit Blick auf den Haushalt und das, was in der langen Nacht der Bereinigungssitzung herausgekommen ist, muss man vor dieser Koalition den Hut ziehen. Wir haben einen guten Haushalt vorgelegt. Er macht deutlich, welchen Gestaltungswillen die Regierung auch im Bereich der Agrarpolitik hat. Eine Frage sehen wir etwas kritischer – das werde ich noch begründen –, aber im Grundsatz geht dieser Haushalt in die richtige Richtung. Eine Steigerung in einer solchen Größenordnung ist uns in anderen Haushaltsjahren nicht gelungen.
Ich glaube, dieser Haushalt macht auch deutlich, dass wir in der Agrarpolitik zukunftsfähig sind. Ich freue mich insbesondere über den Hochwasserschutz und die zusätzlichen 60 Millionen Euro für den Bereich der Gemeinschaftsaufgabe.
(Beifall des Abg. Willi Brase [SPD])
Die Festlegung dazu sehe ich allerdings ein bisschen kritisch. Denn wenn man 30 Millionen Euro für Maßnahmen im Bereich der ländlichen Entwicklung festlegt, die in der Verantwortung des Bundes liegen, dann müssen wir uns sputen, wenn es darum geht, den Entwurf des GAK-Gesetzes durch den Bundestag und auch den Bundesrat zu bringen. Das soll bis zur Sommerpause geschehen. Ich nehme an, wir werden damit erfolgreich sein.
(Beifall bei der SPD)
Wir werden in der weiteren Ausgestaltung des GAK-Gesetzes – dazu rate ich – im Vorfeld verschiedene Ansätze fraktionsübergreifend und auch mit den Bundesländern zu diskutieren haben. Der Gesetzentwurf wird schließlich nicht so bleiben, wie er auf den Tisch gekommen ist. Das ist bekanntlich das Struck’sche Gesetz. Wir werden das noch viel besser machen. Die erste Version habe ich schon gelesen. Ich nehme an, die Ressortabstimmung wird demnächst abgeschlossen sein. Dann werden wir in den entsprechenden Gremien des Deutschen Bundestages darüber diskutieren.
Mit unserer Politik tragen wir dazu bei, dass die ländlichen Räume als Lebens- und Wirtschaftsräume gestärkt werden. Dabei setzen wir vor allen Dingen auf die Zukunftsfähigkeit der ländlichen Räume. Denn das ist an sich der Kern der Politik, den die SPD einfordert. Wir haben dazu mehrere größere Anträge und Papiere geschrieben. Wir werden uns auch auf dem kommenden Parteitag damit auseinandersetzen. Das alles macht deutlich, dass alle hier im Hause, insbesondere wir Sozialdemokraten, großes Gewicht auf den ländlichen Raum legen.
Über die Schwächen in der Analyse des ländlichen Raums sind wir uns weitestgehend einig. Es kommt jetzt darauf an, den richtigen Weg zu beschreiten. Dazu gehört zwangsläufig, dass wir gerade kleine und mittlere Unternehmen im ländlichen Raum, die im Umfeld der landwirtschaftlichen Produktion, der Ernährungsproduktion und anderer Bereiche tätig sind, im Rahmen eines integrierten Konzepts mit fördern. Wir müssen dafür sorgen, dass die Grundversorgung mit Dienstleistungen vor allem im ländlichen Bereich abgesichert wird und dass die Daseinsvorsorge, die benötigt wird, damit sich Menschen im ländlichen Raum ansiedeln und dort leben, erhalten wird. Wir müssen die Konsequenzen aus den Entwicklungen ziehen, vor denen wir in den ländlichen Räumen stehen, insbesondere aus der demografischen Entwicklung.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Hier müssen wir entscheidende Angebote an diejenigen machen, die bereit sind, im ländlichen Raum Kinder zu bekommen und ihre Zukunft zu planen. Das ist eine gute Aufgabe, die wir in der weiteren Ausgestaltung der Politik gemeinsam mit denjenigen erfüllen müssen, die auf kommunaler Ebene verantwortlich sind. Das erfordert bestimmte Ansätze und Konzepte. Über diese können wir sicherlich lange diskutieren. Aber wir müssen endlich anfangen, etwas umzusetzen. Ich glaube, wir werden jetzt den richtigen Impuls bekommen, um das in Zukunft zu tun.
Wir müssen im Rahmen der GAK nicht mehr unbedingt die Agrarstruktur finanzieren; denn diese ist schon wettbewerbsfähig. Vielmehr müssen wir die weiteren Möglichkeiten im Hinblick auf die Länder nutzen. Wir müssen ernsthaft darüber diskutieren, ob die bisherigen Kofinanzierungssätze in der GAK erhalten bleiben sollen oder ob es nicht vielleicht besser ist, auf bestimmte Modalitäten Rücksicht zu nehmen. Wir müssen mit den Ländern reden und deutlich machen, dass sie nicht dauerhaft die Kofinanzierung an die Kommunen weiterreichen können. Das alles muss man bedenken, wenn man erfolgreich Politik betreiben will.
(Beifall bei der SPD)
Wir müssen uns auch Gedanken darüber machen, ob das Jährlichkeitsprinzip bei der Abrechnung im Rahmen der GAK beibehalten werden soll. Wir sehen, dass Länder wie Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg oder Thüringen erhebliche Schwierigkeiten haben, die vorhandenen Möglichkeiten überhaupt auszuschöpfen. Hier müssen wir vernünftige und sinnvolle Konzepte dagegensetzen, um ihnen eine bessere Ausschöpfung zumindest über einen längeren Zeitraum zu ermöglichen. Das lohnt den Schweiß der Edlen.
Ein Punkt, der mir in diesem Haushalt nicht so gut gefällt, ist der große Ansatz in Höhe von 78 Millionen Euro, der in der Nacht der langen Messer in den Haushalt gekommen ist. – Herr Kollege Caesar, Sie können ruhig lachen, aber Sie sind derjenige, der in der Hauptsache dafür verantwortlich ist. Sie haben dafür brav und wacker gekämpft. Wir haben seit 2007/08 etwa 850 Millionen Euro in die landwirtschaftliche Unfallversicherung gegeben. Ein Bauer, der einen Betrieb mit 120 Hektar – 20 Hektar für Silomais für die Kühe, 100 Hektar Dauergrünland – und 100 Rindern führt, bekommt etwa 799 Euro zusätzlich. Davon kann er vielleicht gerade einmal eine kleine Reparatur der Melkmaschine oder der Melkanlage bezahlen oder für seine Familie ein ordentliches Weihnachtsgeschenk kaufen. Das ist wahrscheinlich das, was der Minister beabsichtigt hat: Er wollte allen ein ordentliches Weihnachtsgeschenk zukommen lassen. Ansonsten halte ich von dieser Form der Subvention relativ wenig.
(Beifall bei der SPD)
Das verpufft im Großen und Ganzen und bringt strukturell überhaupt nichts.
(Cajus Caesar [CDU/CSU]: Nein, nein!)
Der Kleinwaldbesitzer geht natürlich leer aus; Sie kennen ja die entsprechende Debatte. Unter 303 Euro wird es mit Sicherheit nichts geben, weil hier eine ähnliche Risikokomponente wie im alten System gefordert wird. Oder Sie wollen wirklich alles nach dem Gießkannenprinzip auf die 1,4 Millionen landwirtschaftlichen Unternehmen verteilen. Das wäre noch verfehlter; denn dann würde noch viel weniger dabei herauskommen.
Ich glaube, es ist an der Zeit, über die gesamte Systematik nachzudenken. Subventionen führen nicht immer zum Ziel. Manchmal sind sie als Input für einen kurzen Zeitraum sinnvoll, um für Bewegung zu sorgen. Aber auf Dauer kann ich Subventionen nur ablehnen. Ich spreche aus Erfahrung, die ich hier in dem Hause gewonnen habe. Ich glaube, es ist an der Zeit, sich dazu zu bekennen, dass wirtschaftlich erfolgreiche Betriebe und Unternehmen Subventionen in der Form nicht brauchen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie des Abg. Willi Brase [SPD])
Selbiges gilt auch für die Umgestaltung der GAP. Wir werden uns bis zum Jahr 2017 zu erklären haben, wie wir weiter verfahren wollen, auch mit der Perspektive auf das Jahr 2020. Ich glaube, das wird uns gelingen. Wir müssen heraus aus den 4,5 Prozent, wir brauchen eine Umschichtung von 15 Prozent.
(Heiterkeit – Beifall bei der SPD – Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Zeit läuft trotzdem weiter, Wilhelm!)
Vielen Dank, Herr Dr. Priesmeier. – Alle noch knapp an der Grenze. Da können sich die Kolleginnen und Kollegen bedanken.
Nächste Rednerin: Nicole Maisch für Bündnis 90/Die Grünen.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6216483 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 140 |
Tagesordnungspunkt | Einzelplan 10 Ernährung und Landwirtschaft |