26.11.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 140 / Tagesordnungspunkt I.17

Ursula SchulteSPD - Einzelplan 10 Ernährung und Landwirtschaft

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister Schmidt! Sehr verehrte Damen und Herren auf der Tribüne! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Beim Blick in den Einzelplan 10 habe ich gedacht: Wunderbar, wir stehen kurz vor Weihnachten, und ein Wunsch geht in Erfüllung. – Ich meine damit nicht die Hofabgabeverpflichtung,

(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD)

um die wir lange gerungen haben und die mich noch im Schlaf verfolgt. Nein, ich meine die Mittel, mit denen wir gesunde Ernährung fördern wollen.

2 Millionen Euro hat das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft für eine nationale Strategie zur Reduktion von Zucker, Fetten und Salz in Fertigprodukten in den Haushalt 2016 eingestellt. Herr Minister, das ist eine gute Entscheidung.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Die SPD-Fraktion freut sich darüber besonders, weil wir uns lange für diese Reduktionsstrategie eingesetzt haben. Ein besonderer Dank gilt meiner Kollegin Elvira ­Drobinski-Weiß, die lange und heftig dafür gekämpft hat. Herzlichen Dank!

(Beifall bei der SPD)

Eine nationale Strategie zur Reduktion von Zucker, Fetten und Salz in Fertigprodukten ist eine wichtige Präventionsmaßnahme im Kampf gegen chronische Erkrankungen und Fehlernährung. Dass diese Maßnahme zwingend notwendig ist, das zeigen Studien der WHO. Demnach sind Übergewicht und Fettleibigkeit die größten Risiken für die Gesundheit der Menschen. Ich will Sie heute nicht mit Zahlen langweilen, liebe Kolleginnen und Kollegen; eine kann ich Ihnen aber nicht ersparen. In den letzten 20 Jahren hat sich der Anteil der übergewichtigen Menschen verdreifacht. Leider nimmt auch der Anteil der Kinder und Jugendlichen mit Übergewicht stetig zu. Schon ihretwegen müssen wir schnell, langfristig und vor allem nachhaltig handeln.

(Beifall bei der SPD)

Ein Baustein könnte das Institut für Kinderernährung sein, das schon wichtige Beiträge zur Förderung der Gesundheit von Kindern geleistet hat und alltagstaugliche Empfehlungen für eine gesunde Ernährung auf den Weg gebracht hat. Genau das ist es doch, was Familien, Kitas und Schulen heutzutage brauchen. Lassen Sie uns also gemeinsam versuchen, dieses Institut zu erhalten! Ein Bundesinstitut für Ernährung wäre vielleicht eine Lösung. Herr Minister, Ihr Lächeln, als Herr Freese vorhin ein solches Institut erwähnt hat, deute ich so, dass auch Sie sich eine solche Lösung vorstellen könnten.

(Beifall bei der SPD)

Mit dem Antrag „Gesunde Ernährung stärken – Lebensmittel wertschätzen“ hat die Koalition eine Initiative gegen den Anstieg ernährungsbedingter Erkrankungen gestartet. Die Reduktionsstrategie war allerdings nur ein Teilelement. Verpflichtende Qualitätsstandards für Kita- und Schulverpflegung sowie Werbeverbote für ungesunde Lebensmittel an Grundschulen und Kitas sind weitere Forderungen, die umgesetzt werden müssen, wenn wir gesunde Ernährung für unsere Jüngsten wirklich wollen.

(Beifall bei der SPD)

Das sind übrigens alles Forderungen aus der Praxis, die während der großen, von der SPD initiierten Verbraucherkonferenz im Juli dieses Jahres an uns herangetragen wurden.

Sehr geehrter Herr Minister Schmidt, vorhin habe ich Sie gelobt. Jetzt muss ich allerdings auch ein bisschen Kritik anbringen; denn auf unserem Wunschzettel stehen noch einige Punkte, die wir gerne erfüllt sähen. An oberster Stelle steht der Fokus auf die Ernährung von Kindern in den ersten beiden Lebensjahren, dem sogenannten 1 000-Tage-Fenster. Wer in dieser Phase seines Lebens falsch oder mangelernährt wird – auch das soll es bei uns in Deutschland noch geben –, hat massive Konsequenzen für seine körperliche und geistige Entwicklung zu tragen, und zwar sein Leben lang. Wenn wir unseren Antrag „Gesunde Ernährung stärken – Lebensmittel wertschätzen“ wirklich ernst nehmen, dann müssen wir gerade in diesem Bereich verstärkt investieren.

(Beifall bei der SPD)

Schließlich wissen wir schon lange, dass Kinder aus bildungsfernen und einkommensschwachen Familien von Fehlernährung besonders betroffen sind. In unserem bereits erwähnten Antrag steht, dass es eine Frage sozialer Gerechtigkeit ist, allen Kindern eine gesunde Ernährung zu ermöglichen. Wenn dieser Satz nicht nur ein Lippenbekenntnis bleiben soll, müssen wir endlich tätig werden.

(Beifall bei der SPD)

In der Konsequenz bedeutet das für mich, dass wir Geld in die Hand nehmen und für eine gesunde und teilweise auch kostenlose Verpflegung in Kitas und Ganztagsschulen sorgen müssen. Wichtig ist mir aber auch, unsere Kinder und Jugendlichen in Sachen Ernährung zu bilden. Kinder müssen schon in der Kita erfahren, wie man gesundes Essen schmackhaft zubereitet. Dieses Wissen sollte in der Schule vertieft werden. So werden Kinder auch ein wenig zu Erziehern ihrer Eltern. In Zeiten von Fastfood, Fingerfood, Fertiggerichten und Coffee to go müssen wir aufpassen, dass so etwas wie Esskultur übrig bleibt.

(Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Da haben Sie recht!)

Gemeinsame Mahlzeiten sind nicht etwa altmodisch, sondern eine Möglichkeit, miteinander Zeit zu verbringen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Unsere Aufgabe ist es, bessere Bedingungen für eine gesunde Ernährung zu schaffen. Dazu gehört auch die Information der Verbraucherinnen und Verbraucher. Je einfacher die Information ist, umso besser. Auch ich habe keine Lust, mir lange winzig klein gedruckte Aufschriften auf Verpackungen durchzulesen. Daher sollten wir gemeinsam noch einmal über die Einführung einer Lebensmittelampel nachdenken. Damit erreichen wir dann ganz sicher alle Bevölkerungsschichten.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Ein Haushalt – damit komme ich zum Schluss – ist in Zahlen gegossene Politik. Aus Sicht der Verbraucherinnen und Verbraucher haben wir mit dem Ansatz für die Reduktionsstrategie einen weiteren Schritt in die richtige Richtung unternommen. Natürlich gibt es noch viel zu tun. Die SPD-Fraktion wird die Hände nicht in den Schoß legen, sondern sich für weitere Mittel im Verbraucherbereich einsetzen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Danke schön, Frau Kollegin Schulte. – Die letzte Rednerin in der Debatte: Rita Hagl-Kehl für die SPD.

(Beifall bei der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6216586
Wahlperiode 18
Sitzung 140
Tagesordnungspunkt Einzelplan 10 Ernährung und Landwirtschaft
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