Johannes KahrsSPD - Haushaltsgesetz 2016
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als Erstes bedanke auch ich mich bei den Mitarbeitern des Haushaltsausschussreferates. Es hat viel Spaß und Freude gemacht, und es hat vor allen Dingen alles funktioniert. Das eine bedingt das andere. Deswegen: Vielen Dank!
(Beifall im ganzen Hause)
Es ist ja erstaunlich, wie hier heute zitiert wird. Ich fand es im Ergebnis noch in Ordnung, dass Herr Kauder zitiert hat; denn er ist wenigstens bibelfest. Aber bei dem ein oder anderen hier scheint das nicht so der Fall zu sein.
Wenn man sich den vorliegenden Haushalt anguckt, dann sieht man ganz klar, dass diese Große Koalition Großes geleistet hat. Wenn man sich das aufgeregte Reden der Opposition anhört,
(Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war überhaupt nicht aufgeregt!)
dann stellt man fest: viel moniert, wenig Inhalte, nix geleistet. Es war wirklich nicht berühmt, was Sie in dieser Woche abgeliefert haben.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Widerspruch bei der LINKEN und beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. André Hahn [DIE LINKE]: Billig! – Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist eine Phrasendreschmaschine!)
Ehrlich gesagt: Da hätte ich bessere Oppositionspolitik machen können.
(Dr. Tobias Lindner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Glaube ich nicht! Du bist immer nur dagegen!)
Nur der enge Zusammenhalt in der Großen Koalition hat mich daran gehindert, das ein oder andere zu sagen, was mir schon fast auf den Lippen brannte. Sie haben das aber nicht einmal hinbekommen, obwohl Sie diesen Job haben. Deswegen ganz ehrlich: 4-!
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU – Dr. Tobias Lindner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Oberlehrer Kahrs!)
Wenn man sich die Zahlen anguckt, muss man sagen, dass der Finanzminister einen Entwurf vorgelegt hat, den wir sehr unterstützen können. Wir als Haushaltsausschuss haben uns die Freiheit genommen, an einigen Punkten den Kampfwert des Entwurfs zu steigern. Für uns war wesentlich, dass wir die in diesem Land anstehenden Aufgaben weiter bewältigen können.
Die Debatte in dieser Woche wurde dominiert von der großen Flüchtlingsfrage: Wie gehen wir mit Flüchtlingen um? Wie integrieren wir die Flüchtlinge? Wie geht es in Deutschland weiter? – Ich glaube, dass das richtig und angemessen ist. Man muss nur hinzufügen, dass wir gleichzeitig auch die Dinge angehen, die vielleicht nicht für alle prioritär sind; damit sorgen wir aber dafür, dass der Normalbetrieb in Deutschland weitergeht. Ich glaube, dass auch das wesentlich ist. Wir als Große Koalition haben am Anfang dieser Legislaturperiode – das hat man von der Opposition nicht gehört – schon 23 Milliarden Euro für Investitionen bereitgestellt. Wir haben viele investive Maßnahmen durchgeführt. Wir haben 10 Milliarden Euro für Investitionen in die Infrastruktur und 5 Milliarden Euro für die Kommunen nachgeschossen. – Das ist alles schon gelaufen.
Und jetzt kommt dieser Haushalt. Wir geben 8 Milliarden Euro für Flüchtlinge aus. Jetzt kann man sich darüber streiten, ob man hier oder da ein bisschen mehr hätte tun sollen. Wirklich wesentlich ist – das ist die zentrale Botschaft –: Wir investieren insbesondere in die Menschen, die eine Bleibeperspektive haben. Für sie werden Integrationskurse und Sprachkurse finanziert. In diesem Bereich haben wir noch einmal nachgelegt. Bei den C1-Sprachkursen für diejenigen, die akademisch gebildet sind, die studieren wollen oder über eine entsprechende Vorbildung verfügen, haben wir zusätzlich 15 Millionen Euro bereitgestellt. Es ist ein gutes Signal, dass wir uns um Integrationskurse kümmern. Wir haben einen Maßgabebeschluss gefasst, damit die Deutschlehrer, die wir dringend brauchen, anständig bezahlt werden und nicht quasi als Scheinselbstständige arbeiten müssen. All das zeigt, dass man mit dem nötigen Ernst und der nötigen Seriosität zur Sache gegangen ist.
Kollege Berghegger, in Ihrer Rede schimmerte ja schon ein Nachtragshaushalt durch, als Sie all die Belastungen aufzählten, die vielleicht noch auf uns zukommen. Ich glaube, aus haushalterischer Sicht ist es schlau, erst einmal das aufzuzählen, wovon wir wissen, dass es auf uns zukommt. Wir müssen sagen, was Sache ist. Das tun wir mit diesem Haushalt.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Auch andere Debatten, die parallel geführt werden, führen nicht weiter. Eben ist schon wieder erwähnt worden, dass wir wegen der Flüchtlingskrise die Steuern erhöhen sollten. Ich glaube, dann könnte man auch gleich ein AfD-Konjunkturpaket stricken.
(Zuruf von der LINKEN)
Das ist genauso, als würde man sagen: Wir wollen den halben Mindestlohn für Flüchtlinge. Das würde bedeuten: Kein Deutscher bekommt mehr einen Mindestlohnjob. Auch die Forderung nach einem Soli für Flüchtlinge, den Herr Biedenkopf ins Spiel gebracht hat, gehört zu den Dingen, die wir wirklich nicht brauchen können. Wir bewältigen die anstehenden Aufgaben mit dem Geld, das wir zur Verfügung haben. Ich glaube, das ist die Botschaft: Wir tun das Notwendige, wir gehen in einigen Bereichen sogar noch ein Stück weiter, und das Ganze tun wir, ohne neue Schulden zu machen.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Das hat diese Große Koalition, das hat die SPD mit der CDU/CSU, das haben die Haushälter vernünftig hingekriegt. Eckhardt Rehberg, dafür noch einmal ganz herzlichen Dank. Wir beide sind vielleicht nicht bibelfest, aber eines sind wir: zuverlässig. Das ist das, was wirklich zählt.
An dieser Stelle möchte ich mich noch einmal bei den beiden Fraktionsvorsitzenden bedanken, mit denen es eine hervorragende Zusammenarbeit gegeben hat. Ich glaube, dass wir auch während der restlichen Legislaturperiode die Dinge bewältigen können, die anstehen.
Man muss ehrlicherweise aber auch sagen – auch der Kollege Berghegger hat das erwähnt –: Wenn wir die Zahl der Flüchtlinge in den nächsten Jahren nicht dauerhaft deutlich reduzieren, dann werden wir in diesem Land andere Probleme bekommen. Das heißt: So wie das im zweiten Halbjahr 2015 gelaufen ist, so wird das nicht weitergehen können. Wir haben das am Mittwoch hier deutlich besprochen.
Es ist wichtig, dass wir es schaffen, dass Dublin III wieder in Kraft gesetzt wird. Natürlich ist es wichtig, dass wir die Außengrenzen schützen. Wenn man dafür irgendeine Form von Grenzpolizei braucht – wie den früheren Bundesgrenzschutz –, dann sei es eben so. Dass die Griechen das nicht alleine schaffen, das weiß jeder. Dann muss man eben helfen und unterstützen und es gemeinschaftlich machen. Ich glaube, anders geht das nicht.
Natürlich sind wir kurzfristig auch auf die Unterstützung der Türkei angewiesen, um diese Krise in den Griff zu bekommen. Und natürlich ist es so, dass man auch auf europäische Hilfe zählen sollte. Falsch finde ich es allerdings, zu sagen: Jetzt müssen die Europäer liefern; ansonsten ist die Europäische Union in Gefahr. Ehrlicherweise muss man sagen: Europa hat in der Vergangenheit gestanden. Europa hat die Außengrenzen geschützt. Dublin III ist ein Teil davon. Deswegen können wir uns Schengen leisten.
Wir Deutsche haben Dublin III gebrochen. Wir haben andere Länder genötigt, ihre Außengrenzen zu öffnen. Deswegen haben wir so viele Flüchtlinge. Dass es in anderen europäischen Ländern keine übergroße Begeisterung gibt, die Flüchtlinge, die wir gerufen haben, im Rahmen einer Verteilung aufzunehmen, kann man vielleicht nachvollziehen, wenn man deren Flüchtlingszahlen sieht.
(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Von uns hat keiner Flüchtlinge gerufen! Die standen vor der Tür!)
Diese Länder haben EU-Außengrenzen, und deshalb sind die Flüchtlinge in den letzten Jahren dort angekommen, während wir in Deutschland Glück hatten.
(Sabine Weiss [Wesel I] [CDU/CSU]: Das ist eine völlig falsche Perspektive!)
Wir werden jetzt selber sehen müssen, wie wir die Probleme, die wir uns beschert haben, lösen.
Dass die Menschen, die schon in Deutschland sind, eine Bleibeperspektive brauchen und wir sie ihnen geben wollen, ist richtig, und das schafft dieser Haushalt auf eine vorzügliche Art und Weise. Deswegen, glaube ich, ist es richtig, dass wir all das tun, um diese Flüchtlingskrise sinnvoll zu bewältigen. Aber gleichzeitig dürfen wir nicht vergessen, dass wir auch Sozialwohnungen bauen wollen. Deshalb geben wir bis zum Jahre 2019 dafür 4 Milliarden Euro aus. Gleichzeitig ist es auch richtig, dass wir uns im Interesse der Behinderten und der Schwachen mit dem Bundesteilhabegesetz beschäftigen. Man darf bei der ganzen Asylfrage auch nicht vergessen, dass man sich auch um die Kranken, die Behinderten, die Schwangeren kümmern muss.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Als nächster Redner spricht der Bundesminister Dr. Wolfgang Schäuble für die Bundesregierung.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6219043 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 141 |
Tagesordnungspunkt | Haushaltsgesetz 2016 |