Steffen-Claudio LemmeSPD - Haushaltsgesetz 2016
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vorab herzlichen Dank für die große Kollegialität während der Beratungen zum Bundeshaushalt 2016.
(Dr. André Hahn [DIE LINKE]: So sind wir!)
Da ich heute der einzige Redner bin – zumindest meiner Fraktion –, der aus einem neuen Bundesland kommt, würde ich mich in meiner Rede gern auf den Osten konzentrieren.
Einen Punkt der Debatten dieser Woche möchte ich besonders erwähnen. Ja, die Fluchtursachen und die Flüchtlingsströme spielten in den Beratungen zum Bundeshaushalt 2016 eine große Rolle. Ja, es war richtig, mit dem Bundeshaushalt für das kommende Jahr zu reagieren, die Mittel für die Bekämpfung der Fluchtursachen zu erhöhen ebenso wie zusätzliche Vorkehrungen zu treffen und Integrationsmaßnahmen auf den Weg zu bringen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Wir haben mit dem Bundeshaushalt 2016 eine, so meine ich, gute und solide Grundlage geschaffen und können in der Frage der Fluchtursachen wenn nötig nachjustieren.
Wichtig ist aber auch: Die Menschen in unserem Land zeichnen sich durch ein großes zivilgesellschaftliches Engagement aus. Sie würden es nicht verstehen, wenn wir im Bundeshaushalt nur über Flüchtlinge reden würden, wenn wir uns nur um Flüchtlingskosten kümmern würden und wenn wir andere wichtige und dringende Angelegenheiten, die in ihrem Leben eine Rolle spielen, einfach links liegen lassen würden.
(Beifall bei der SPD)
Mit Blick auf den Osten möchte ich zeigen, dass wir das eben nicht getan haben.
Fakt ist: Das Rechtsextremismusproblem ist nicht kleiner geworden. In meiner Heimat Thüringen stehen wir starken rassistischen und nationalistischen Einstellungen gegenüber, die – das muss man leider sagen – in der AfD und bei Pegida neue Sammelbecken gefunden haben. Es muss schon besorgt machen, wenn der diesjährige Thüringen-Monitor, eine Bevölkerungsbefragung zur politischen Kultur im Freistaat Thüringen, einen Anstieg des Rechtsextremismus ausweist und eine sinkende Demokratiezufriedenheit zeigt.
Das Problem werden wir sicher nicht allein mit Geld lösen. Trotzdem ist es gut, dass wir erneut eine Aufstockung des Programms „Demokratie leben!“ um immerhin 10 Millionen Euro auf jetzt 50,5 Millionen Euro auf den Weg gebracht haben
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
und damit Initiativen, Vereine und Verbände unterstützen, die sich um diese Fragestellung kümmern.
(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Sabine Weiss [Wesel I] [CDU/CSU])
Auch für den Osten: Das Volumen des wichtigen Programms „Zusammenhalt durch Teilhabe“ haben wir von 6 Millionen Euro auf 12 Millionen Euro erhöht. Wir dürfen keineswegs nachlassen, in diesem Bereich Gelder aufzustocken und zu verstetigen.
Was bewegt der Bundeshaushalt 2016 noch für den Osten? Ich möchte kurz acht Beispiele nennen:
Erstens. Mit den erhöhten Bundesgeldern für den sozialen Wohnungsbau gehen insgesamt 38 Prozent oder, anders ausgedrückt, 387 Millionen Euro in die neuen Bundesländer.
(Beifall der Abg. Sonja Steffen [SPD])
Mein Bundesland profitiert von rund 57 Millionen Euro.
Zweitens. Die Städtebauförderung war und ist gerade für den Osten ein wichtiges Standbein. Wir Sozialdemokraten haben nach dem Regierungswechsel für die Erhöhung der Städtebauförderung auf jährlich 700 Millionen Euro gekämpft, und diesen Kampf setzen wir fort.
(Beifall bei der SPD)
Mit 150 Millionen Euro ist die „Soziale Stadt“ das Herzstück. Das für den Osten wichtige Programm „Stadtumbau Ost“ enthält mit seinen 105 Millionen Euro viel Geld für den Rückbau und die Aufwertung von Quartieren. Sehr erfolgreich! Dank an Barbara Hendricks!
(Beifall bei der SPD)
Drittens. Liebe Kolleginnen und Kollegen, Ostdeutschland ist reich an bedeutsamen Kulturdenkmälern, die wir erhalten und bewahren müssen. Es kommt also auch dem Osten zugute, dass wir den Etat für die Kulturförderung in den Beratungen um rund 120 Millionen Euro erhöhen konnten. Hervorheben möchte ich die 30 Millionen Euro, die in das Schloss Friedenstein nach Gotha fließen, und erwähnen möchte ich natürlich, dass mit dem Denkmalschutz-Sonderprogramm im Umfang von 20 Millionen Euro vieles auch im Osten getan werden kann. Im Übrigen gibt es 5 Millionen Euro für die Sanierung und Modernisierung von Orgeln. Ich würde mal sagen: Man muss nicht besonders bibelfest sein, um die Schönheit von Orgelmusik zu schätzen zu wissen.
(Beifall bei der SPD)
Viertens. Die Förderinitiative „Mittelstand 4.0“ des Bundeswirtschaftsministeriums wird um weitere 11 Millionen Euro aufgestockt. Damit sollen fünf Kompetenzzentren eingerichtet werden, in denen praktisches Wissen zur Digitalisierung für den Mittelstand verfügbar gemacht wird. Zwei Standorte befinden sich in Sachsen und Thüringen.
Fünftens. Zur Begleitung des Strukturwandels in den Braunkohleregionen wird ein neues Programm mit 4 Millionen Euro aufgelegt, um Struktureinbrüche zu verhindern und die regionale Wirtschaftsstruktur weiterzuentwickeln. Besonders wichtig für mich: Es geht um den Erhalt von Arbeitsplätzen in diesen Regionen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Sechstens. Die Initiative „Unternehmen Region“ steht für den Ausbau von wirtschaftlichen Kompetenzen in ostdeutschen Regionen – für mehr Innovationen, Wirtschaftswachstum und Beschäftigung. Für Regionen mit besonderen Herausforderungen haben wir die Mittel für die Initiative um 10 Millionen Euro aufgestockt.
Siebtens. Die Ortsverbände des Technischen Hilfswerks in Ostdeutschland – das ist von einigen Kolleginnen und Kollegen schon erwähnt worden – profitieren natürlich auch von der Aufstockung um insgesamt 24 Millionen Euro im Zeitraum von 2016 bis 2018. Für die Feuerwehren gibt es zusätzlich 5 Millionen Euro für die Anschaffung neuer Fahrzeuge.
Achtens. Die Jobcenter erhalten auch im kommenden Jahr wieder 350 Millionen Euro zusätzlich zur Vermittlung und Betreuung von Langzeitarbeitslosen. In Ostdeutschland ist über die Hälfte der Grundsicherungsempfänger schon länger als vier Jahre arbeitslos, und gerade hier können wir mit dem Geld vieles tun.
Ja, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben mehr als 8 Milliarden Euro für die Versorgung und Integration der Flüchtlinge im Bundeshaushalt eingeplant. Dabei haben wir eines nicht getan: die Wünsche und Belange der Gesamtbevölkerung vergessen oder außen vor gelassen. Aber – auch das möchte ich deutlich sagen – die Wirtschafts- und Steuerkraft in Ostdeutschland hinkt auch 25 Jahre nach der Wiedervereinigung noch hinterher. Deshalb sollten wir die besondere Rolle Ostdeutschlands auch zukünftig im Blick haben, sei es bei der Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen oder bei der Verteilung der Regionalisierungsmittel im Bahnverkehr.
(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Schönes Schlusswort!)
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Gerne!)
Als nächster Redner hat Alois Rainer von der CDU/CSU-Fraktion das Wort.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6219219 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 141 |
Tagesordnungspunkt | Haushaltsgesetz 2016 |