02.12.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 142 / Zusatzpunkt 1

Florian HahnCDU/CSU - Bundeswehreinsatz gegen Terrororganisation IS

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Bartsch, Sie haben ja versucht, mit übertriebener Seriosität

(Lachen bei der LINKEN – Dr. Dietmar Bartsch [DIE LINKE]: Ich bin so! Ich bin einfach so!)

ein Stück weit Ihre dogmatische Ablehnung militärischer Einsätze und vor allem auch Ihre Ratlosigkeit, wie der IS ohne Militär zu bekämpfen ist, zu kaschieren.

(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Das vor allem! – Volker Kauder [CDU/CSU]: Das hat man doch gemerkt! – Dr. Petra Sitte [DIE LINKE]: Wie denn? Mit Bomben?)

Kurz danach rief ein Vertreter Ihrer Fraktion bei der Rede der Ministerin „Flinten-Uschi!“ ins Plenum, und Frau Buchholz sprach von Kriegsreden. Ich kann Ihnen nur sagen: Das zeigt den wahren Charakter Ihrer Fraktion. Mit Seriosität hat das nichts zu tun.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Seriosität und Linke, das geht eigentlich gar nicht!)

Mit viel Brimborium, mit Nebelkerzen will die Opposition von einigen schlichten Wahrheiten, über die es an sich keinen Streit geben sollte, ablenken. Ich möchte diese Punkte in Erinnerung rufen:

Erstens. Einer unserer engsten Freunde ist in Not. Er bittet uns um Beistand. Wir wollen diesen Beistand leisten. Es müssten schon erhebliche, schwerwiegende Zweifel da sein, die rechtfertigen, diesen erbetenen Beistand zu verweigern. Ich vermute vielmehr, dass einige krampfhaft nach Scheinargumenten suchen, um irgendwie aus dieser Verantwortung herauszukommen und vor allem innerparteilichen Diskussionen aus dem Weg zu gehen. Das ist so nicht in Ordnung. Morgens färben Sie noch Ihre Facebook-Profile in den Farben der Trikolore und schwören den französischen Freunden grenzenlose Solidarität, und abends gehen Sie dann zufrieden ins Bett, weil Sie gegen den militärischen Einsatz Deutschlands gestimmt haben. Das ist unglaubwürdig, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Die Franzosen wissen: Freiheit und Gleichheit sind wichtig. Aber es muss auch die Brüderlichkeit, die Fraternité, hinzukommen. Man kann Solidarität nicht nur von anderen einfordern, sondern man muss sie auch selbst leisten.

Eine zweite einfache Wahrheit: Der IS ist eine mörderische Terrorbande, die Europa angreift. Wir bekämpfen ihn in vielfältiger Weise, auch militärisch. Der Sicherheitsrat hat mehrfach einhellig festgestellt, dass der IS eine Gefahr für den internationalen Frieden ist und bekämpft werden muss. Wir sind schon seit langem Teil der Allianz gegen den „Islamischen Staat“. Mit unseren Waffenlieferungen und der Ausbildungshilfe für die Pesch­merga leisten wir einen der effektivsten Beiträge im Kampf gegen den IS.

Mit unserem Beistand haben wir dem IS bereits schwer geschadet. Die Kurden haben ihm empfindliche Schläge beibringen können. Diese Taktik war richtig und effektiv. Wir geben sie nicht auf, sondern führen sie fort. Zusätzlich ergänzen wir unser Engagement um einige Komponenten, um die uns unsere Freunde konkret gebeten haben. Warum sollten wir dadurch mehr zum Ziel des IS werden, als wir es ohnehin schon sind? Die Terrorgefahr in Deutschland steigt dadurch nicht. Wir sind bereits im Fadenkreuz; das ist doch die Wahrheit, die ausgesprochen werden muss.

(Dr. Sahra Wagenknecht [DIE LINKE]: Was zu beweisen wäre! – Gegenruf des Bundesministers Dr. Frank-Walter Steinmeier: Wie bitte? „Was zu beweisen wäre“?)

Niemand kann ernsthaft bestreiten, dass der IS auch militärisch bekämpft werden muss. Natürlich müssen wir gegen den Terror auch hier in Deutschland und in Europa vorgehen. Natürlich müssen wir unsere Grenzen besser schützen, die Polizei stärken, den Informationsaustausch unserer Dienste verbessern, die Propaganda zum Schweigen bringen und in Prävention investieren, um Radikalisierungen zu verhindern; das alles ist völlig unstrittig.

Trotzdem hat ein Kommentator zu Recht gesagt: Wenn wir einen Kraken bekämpfen wollen, dürfen wir nicht immer nur auf die Arme zielen. Wir müssen auch den Kopf des Ganzen ins Visier nehmen. – Dabei helfen wir mit unseren vernünftigen militärischen Beiträgen. Wir helfen dort, wo die Ressourcen knapp sind. Natürlich sind wir durch die Luftbetankung und die Aufklärung an den Bombenangriffen gegen den IS beteiligt; hier müssen wir uns nichts vormachen. Aber das ist auch richtig so. Man kann sogar sagen: Die Bombardierungen finden ohnehin – mit oder ohne uns – statt. Nur, „ohne uns“ bedeutet dann auch: mit unsichererer Zielführung. Unser Beitrag hilft aber, durch präzise Lagebilder auch zivile Opfer zu vermeiden.

Die dritte einfache Wahrheit: Das Völkerrecht ermöglicht solche Notwehr und Nothilfe. Sie aber mäkeln am Mandat herum und sagen, einige Völkerrechtler hätten Zweifel an der Rechtmäßigkeit dieses Einsatzes; Sie wollen das prüfen lassen.

(Dr. Dietmar Bartsch [DIE LINKE]: Ja!)

Ich kann nur sagen: Ja, natürlich haben einige Professoren Zweifel; das ist meistens so im Bereich des Rechts. Sie werden kaum eine Frage finden, in der sich alle einig sind.

Das Mandat ruht aber auf einer soliden rechtlichen Grundlage. In Abwandlung eines amerikanischen Ausspruches kann man sagen: Das Völkerrecht ist kein Suicide Pact. Es erwartet von uns nicht, dass wir uns und unsere Freunde sehenden Auges von Terroristen abschlachten lassen, weil uns leider noch nicht die ideale Kapitel-VII-Resolution vorliegt. Artikel 51 der UN-Charta sagt vielmehr klar: Wir dürfen uns wehren, und wir dürfen unseren Freunden auch zur Hilfe eilen.

Schließlich – abschließend – gibt es eine Gesamtstrategie für Syrien und die Region. Sie ist jedem mit ein wenig gesundem Menschenverstand klar, und sie wird von uns und allen maßgeblichen Mächten mit Einfluss in der Region mit Nachdruck verfolgt, zum Beispiel bei den Wiener Gesprächen.

(Abg. Stefan Liebich [DIE LINKE] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

Herr Kollege.

Das kann er im Anschluss machen, bitte. – Unser Hauptziel ist es, das entsetzliche Morden in Syrien so schnell wie möglich zu beenden. Die Wiener Gespräche aller wichtigen Akteure sind ein Zeichen der Hoffnung und verdienen jegliche Unterstützung. Wir müssen dieses Momentum, das es hier gibt, entsprechend nutzen.

Ein Waffenstillstand und Gespräche mit den nichtterroristischen Oppositionsgruppen über die Bildung einer Übergangsregierung sind vorrangige Zwischenziele. Dann können wir die langfristigen Ziele in Angriff nehmen, wie den Wiederaufbau des Landes und den Versöhnungsprozess.

Die Verhandlungen in Wien ersetzen aber doch nicht den Kampf gegen den „Islamischen Staat“. Zu einer Gesamtstrategie gehört, dass wir parallel Anstrengungen unternehmen. Wir müssen die Verhandlungen in Wien mit einem energischen Vorgehen gegen den IS begleiten. Sonst bleibt am Ende nichts, um die Gesamtstrategie umzusetzen.

Wollen Sie warten, bis der IS in Damaskus sitzt und von den Golanhöhen seinen Traum vom Sturm auf Israel in die Tat umsetzt? Wir setzen uns mit dem Mandat realistische Ziele. Wir erwarten nicht, den Terrorismus ein für alle Mal ausrotten zu können, aber wir wollen die weitere Ausbreitung des IS in Syrien und im Irak verhindern und das Kalifat weiter zurückdrängen. Strukturen der Terrormiliz sollen zerschlagen und Rückzugsräume zerstört werden.

Das haben 64 Staaten der Allianz begriffen, und das haben alle Mitglieder des Weltsicherheitsrats als Ziel formuliert. Nur Sie wollen offensichtlich nicht begreifen. Letztlich lässt sich Ihre Kritik so zusammenfassen: Das Mandat ist Ihnen noch nicht schön genug formuliert, und Sie würden gerne noch ein paar Wochen weiterdiskutieren. – Ich frage mich, ob Sie ernsthaft erwarten, dass der Flugzeugträger „Charles de Gaulle“ warten soll, bis die Grünen ausreichend diskutiert und getagt haben.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir wollen unsere französischen Freunde bei der Bekämpfung der barbarischen Verbrecher des IS unterstützen. Wir tun das mit sinnvollen Fähigkeiten. Unsere Soldaten werden keinen unkalkulierbaren Risiken ausgesetzt. Das Mandat ist sauber vorbereitet und stützt sich auf eine ausreichende völkerrechtliche Grundlage.

(Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Lesen Sie sie mal vor!)

Allein militärisch lässt sich der IS nicht endgültig bekämpfen. Dazu braucht es auch einen erfolgreichen Friedensprozess in Syrien. Daran arbeiten wir intensiv. Ohne einen militärischen Einsatz kann sich der IS weiter ausbreiten und manifestieren und sein menschenverachtendes Morden und Versklaven fortsetzen. Das dürfen wir nicht zulassen. Wir sind ein verlässlicher Bündnispartner und Freund. Wir wollen keinen deutschen Sonderweg und keine Isolation.

„Nous sommes Charlie“! „ Nous sommes Paris“! Wahre Freunde erkennt man in der Not. Deshalb müssen wir uns in Syrien mit unserer Bundeswehr engagieren.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Vielen Dank, Kollege Hahn. – Das Wort zu einer Kurzintervention hat Stefan Liebich.

(Max Straubinger [CDU/CSU]: Mit welcher Begründung? – Volker Kauder [CDU/CSU]: Nur weil eine Frage nicht zugelassen wird, geht das nicht!)

– Herr Straubinger, ich habe das Recht, am Ende einer Rede zu entscheiden,

(Volker Kauder [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

ob jemand, der sich zu einer Kurzintervention gemeldet hat, das Wort bekommt oder nicht, und dieses Recht nehme ich jetzt in Anspruch.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)

Deswegen hat der Kollege Liebich jetzt diese Möglichkeit, und selbstverständlich hat der Kollege Hahn das Recht, darauf zu antworten, wenn er möchte. – Herr Liebich, Sie haben das Wort.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6241106
Wahlperiode 18
Sitzung 142
Tagesordnungspunkt Bundeswehreinsatz gegen Terrororganisation IS
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