Carsten MüllerCDU/CSU - Klimaschutz
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will – die Frau Kollegin Staatssekretärin hat das eben richtigerweise gemacht – einen zentralen Punkt dieser Debatte noch einmal unterstreichen. Die beiden Kolleginnen der Oppositionsfraktionen haben unter anderem auf die Frage abgehoben, in welchem Umfang die KfW die Kohletechnologie finanziert. Richtig, sie tut das in einem Umfang von 3,3 Milliarden Euro. Das ist zweimal gesagt worden, und ich sage es jetzt ein drittes Mal. Darüber kann man sich durchaus streiten, aber Sie haben zwei Dinge verschwiegen: zum einen, dass diese Investitionen zur Modernisierung von alten Kohlefeuerungsanlagen verwendet worden sind,
(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die dann 40 Jahre weiterlaufen!)
zum anderen haben Sie den wesentlichen Punkt verschwiegen – das ist ehrlich gesagt schon in der Nähe der Unredlichkeit –, dass ein Finanzierungsvolumen von 173 Milliarden Euro von der KfW für Klimaschutz und grüne Technologien ausgelegt worden ist. Ich finde, es ist eine bemerkenswerte Aufgabenteilung – die finde ich auch gut –: Sie von der Opposition kümmern sich um 1,87 Prozent, und wir von der Großen Koalition kümmern uns um 98,13 Prozent. Das ist eine vernünftige Aufgabenteilung.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was kommt noch mal vor dem Fall, Herr Müller? – Gegenruf des Abg. Volker Kauder [CDU/CSU]: Durchfall! – Gegenruf der Abg. Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hochmut kommt vor dem Fall!)
Etwas überraschend ist heute sowohl von Vertretern der Regierungsfraktionen als auch aus den Reihen der Opposition Papst Franziskus zitiert worden. Ehrlich gesagt: Ja, es lohnt sich, die Umweltenzyklika zu lesen, und es wäre vermessen, zu sagen, dass der Papst von wesentlichen Programmen der Großen Koalition abgeschrieben hätte.
(Lachen beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist eine Beleidigung des Papstes!)
Aber ich finde es bemerkenswert, dass wir doch einen weitgehenden gesellschaftlichen Gleichklang haben. Das zeigt, dass die Große Koalition und die Bundesregierung auf dem richtigen Pfad sind.
Ich will einige wenige Gesichtspunkte herausgreifen. Unzweifelhaft ist die wirksamste Art, das Klima zu schützen, der Energieverschwendung Einhalt zu gebieten. Deswegen finde ich es richtig, dass wir gerade heute, am ersten Geburtstag des Nationalen Aktionsplans Energieeffizienz, eine solche Debatte führen. Der NAPE ist durchaus ambitioniert. Wir wollen versuchen, 25 Millionen bis 30 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente einzusparen, und das bis 2020.
Da ist in den letzten zwölf Monaten eine ganze Menge sehr Vernünftiges angedacht und formuliert worden. Ich nenne die KfW-Energieeffizienzprogramme und die Energieauditpflicht für größere Unternehmen. Mit den wettbewerblichen Ausschreibungsmodellen für Energieeffizienz und mit der Contracting-Förderung haben wir wichtige Schritte nach vorne gemacht. Es gibt auch kleinere Maßnahmen, die durchaus wirkungsvoll sind, beispielsweise das Effizienzlabel für Heizungsaltanlagen.
Aber – auch das hat mein Kollege Josef Göppel richtigerweise gesagt, und auch ich sage das ganz freimütig – ich könnte mir durchaus etwas mehr Geschwindigkeit bei der Umsetzung der einzelnen Schritte des NAPE vorstellen. Entsprechend ist auch mein Appell an die Bundesregierung. Ich bin, ehrlich gesagt, etwas enttäuscht darüber, dass es nach wie vor nicht gelungen ist, die steuerliche Förderung der energetischen Gebäudesanierung umzusetzen. Ich will meine Worte mit einem Appell an die Bundesländer verbinden. Sie stehen auf der Bremse.
(Beifall bei der CDU/CSU – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Seehofer steht auf der Bremse!)
Das darf nicht sein. Klar ist auch, dass das „Anreizprogramm Energieeffizienz“ der KfW mit einem Volumen von 165 Millionen Euro dieses wichtige und zentrale Vorhaben des NAPE keinesfalls ersetzen kann.
Meine Damen und Herren, ich darf daran erinnern, dass der NAPE das Finanzierungsvolumen bereits vorgesehen und eingeplant hat. Wir reden über rund 1 Milliarde Euro, die zwischen 2015 und 2019 ausgegeben werden sollen. Das ist eine lohnenswerte Investition, nicht zuletzt deswegen, weil jeder Förder-Euro erwiesenermaßen 11 weitere Euro Investitionen nach sich zieht. Wir haben hier unmittelbar zu liefern. Das ist mein Appell an die Bundesregierung.
Wir dürfen als Parlament nicht nachlassen; denn wenn das Parlament – das sehen wir heute an einem anderen Tagesordnungspunkt – etwas unzureichende Gesetzentwürfe der Regierung besonders in Augenschein nimmt, dann wird etwas Gutes daraus.
(Beifall der Abg. Josef Göppel [CDU/CSU] und Klaus Mindrup [SPD])
Auch da schließe ich mich dem Kollegen Göppel an. Die Novelle zum Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz, die heute Abend beraten wird, ist meines Erachtens ein besonders gutes Beispiel dafür. Es ist eben im parlamentarischen Verfahren gelungen – das ist meines Erachtens elementar –, dass wir beispielsweise eine Anhebung des Ausbauziels formuliert haben, dass wir einen viel früheren Zeitpunkt der Rechts- und Investitionssicherheit geschaffen haben, dass wir auch wichtige Technologien wie beispielsweise die ORC-Technologie nicht außen vor lassen, sondern weiterhin fördern. Ich bin da insofern sehr optimistisch, als wir als Parlament wichtige Impulse setzen können.
Ich will einen weiteren Punkt aufgreifen, über den wir uns hier gelegentlich unterhalten und bei dem wir ebenfalls einen verstärkten Handlungsbedarf haben. Das ist der Verkehrssektor. Das Aktionsprogramm Klimaschutz 2020 sieht vor, dass wir 7 bis 10 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente einsparen müssen. Wir haben es bedauerlicherweise mit der Situation zu tun, dass der Anteil der verkehrsinduzierten CO 2-Emissionen seit 1990 von 13 Prozent auf 18 Prozent angestiegen ist. Damit sind Effizienzgewinne, die im Übrigen erheblich waren, bedauerlicherweise überkompensiert worden. Das heißt, wir müssen dieses Thema neu aufsetzen und uns deswegen um einige wichtige Bausteine kümmern, beispielsweise um alternative Antriebstechnologien. Wir haben es zustande gebracht, dass Gasantriebe künftig weiterhin steuerlich gefördert werden. Wir erwarten bis zum Ende des erstens Quartals 2016 einen entsprechenden Gesetzentwurf. Das ist wichtig, damit es Investitionssicherheit gibt, sodass man sagen kann: Jawohl, wir fördern und unterstützen klimafreundliche Gasantriebe in Fahrzeugen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Meine Damen und Herren, wir sollten durchaus – dazu gab es in der Vergangenheit verschiedentlich Gelegenheit – die Frage von Emissionen von verbrennungsangetriebenen Fahrzeugen in den Blick nehmen. Dabei sollten wir uns nicht nur die Emissionen anschauen, die von den Verbrennungsmotoren selber ausgehen, sondern – ich habe das schon einmal in aller Kürze gemacht – das Fahrzeug insgesamt. Für mich war es eine erschreckende Information, dass beispielsweise Fahrzeuge mit Kühlaggregat – 180 000 Stück fahren davon auf deutschen Straßen – genauso viele Emissionen in Bezug auf Stickoxidpartikel ausstoßen wie 10 Millionen dieselangetriebene Pkws. Das zeigt mir, dass wir dieses Thema angehen müssen.
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum gehen Sie es denn nicht an? Sie regieren hier!)
– Kollege Krischer, Sie haben sich dieses Themas doch noch gar nicht angenommen.
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir haben hier etliche Anträge zu dem Thema gestellt!)
Für Sie ist das, was ich Ihnen hier heute erzähle, eine absolute Neuigkeit. Ich freue mich über Ihre Unterstützung. Aber, ehrlich gesagt, die Anzahl Ihrer Interventionen in diesem Bereich war doch außergewöhnlich überschaubar.
(Lachen des Abg. Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Insofern müssen wir uns diesem Thema zuwenden. Da sehe ich konkreten Handlungsbedarf. Wir werden dieses Thema aufgreifen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Ich will auf einen letzten Punkt zu sprechen kommen, auf das Thema Elektromobilität. Da hat die Bundesregierung eine Menge auf den Weg gebracht.
(Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Faktenfreie Behauptung!)
Wir haben Schaufensterprogramme gefördert.
(Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben Schaufensterpolitik gemacht!)
Es gibt Privilegierungen beim Parken und auch bei der Nutzung von Sonderfahrspuren. Es gab eine Ladesäulenverordnung. Es gibt Modelle der Steuerbefreiung. Wir haben einen Nachteilsausgleich bereits beschlossen und auf den Weg gebracht. Es gibt auch erhebliche Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten.
Aber zugegebenermaßen: Der erhoffte Erfolg hat sich nicht vollständig eingestellt. Ich glaube, dass wir zu einem Erfolg nur dann kommen, wenn wir E-Mobilität neu denken.
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sagen Sie das mal Herrn Dobrindt!)
„E-Mobilität neu denken“, darunter verstehe ich genau das nicht, was Sie, Herr Krischer – ich nehme Sie mal als Beispiel –, darunter verstehen, nämlich einfach dummes Geld rausschleudern,
(Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dummes Geld?)
Kaufzuschüsse geben. Damit verschleudern Sie Steuermittel und vergeben Chancen.
(Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Haben Sie schon mal gemerkt, dass Sie an der Regierung sind, dass Sie Mitglied einer Regierungsfraktion sind?)
Ich sage Ihnen eines: Fast alle in der Republik sind sich einig – Sie sind da einer der letzten Mohikaner –, dass dieses Geld beispielsweise bei der Erforschung von Batteriezellen, in der Frage „Wie setzen wir eine Batteriezellenproduktion in Deutschland um?“, wesentlich besser investiert ist.
Ich glaube, wir müssen Elektromobilität neu verstehen, weil es deutlich zu kurz greift, bei einem konventionell angetriebenen Fahrzeug den Verbrennungsmotor herauszunehmen, einen Elektroantrieb und ein Batteriepack hineinzusetzen und zu sagen: Das ist Elektromobilität.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da haben Sie sogar recht! Warum macht die Bundesregierung dann nichts?)
– Herr Kollege Hofreiter, das passiert im Übrigen häufiger, wenn Sie mir zuhören.
(Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was, dass die Bundesregierung nichts macht?)
Vielmehr müssen wir uns integrierte Ansätze anschauen. Wir müssen das Thema Intermodalität viel stärker betrachten. Wir müssen dafür sorgen, dass Menschen, die ein E-Mobil fahren, sich nicht sozusagen mit der Kompensation von Minderwerten beschäftigen müssen, sondern echte Mehrwerte haben.
(Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was halten Sie von der Idee, das mal Herrn Dobrindt zu erzählen? Hätten Sie mal Lust, das mal Herrn Dobrindt zu erzählen? Herr Dobrindt ist Verkehrsminister! – Gegenruf des Abg. Volker Kauder [CDU/CSU]: Hören Sie doch mal zu!)
– Er soll sich doch einfach mal melden. Aber das traut er sich nicht. – Ich greife ein Beispiel heraus, auch für den Kollegen Hofreiter.
Es klappt bei den elektrisch angetriebenen Zweirädern. Da zeigt sich: Kaufanreize sind überhaupt nicht notwendig. Wir müssen Mehrwerte generieren. Die Pedelecs und die erfolgreichen E-Räder haben heute einen erheblichen Marktanteil, nämlich von fast 20 Prozent. Meine Damen und Herren, warum ist das so? Weil die Leute Mehrwerte haben. Das sind sozusagen die Abschaffung des Gegenwinds und die Abschaffung der Bergauffahrt. Das wollen die Menschen, und dann klappt es auch mit der E-Mobilität.
Ich habe nur zwei Einzelpunkte herausgegriffen. Sie zeigen Ihnen allerdings: Die Bundesregierung ist auf dem richtigen Weg. Klimaschutz ist bei der Bundesregierung und bei den sie tragenden Fraktionen bestens aufgehoben.
Lieber Kollege.
Damit möchte ich gern schließen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Als nächster Rednerin erteile ich das Wort der Abgeordneten Sabine Leidig, Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6244607 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 143 |
Tagesordnungspunkt | Klimaschutz |