Oliver KrischerDIE GRÜNEN - Klimaschutz
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Schwarzelühr-Sutter, ich kann, ehrlich gesagt, nicht verstehen, wie Sie sich hier als Vertreterin der Regierung hinstellen und sagen können, die Bundesregierung sei beim Klimaschutz auf dem richtigen Pfad. Das exakte Gegenteil ist der Fall.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Dazu muss man gar nicht die Gutachten der Opposition herauskramen, sondern nur auf die Seite des Bundeswirtschaftsministeriums schauen. Die Expertenkommission zur Energiewende sagt klipp und klar und unverblümt: Wenn die Politik so weitergeht, werden wir das Klimaschutzziel 2020 verfehlen, nicht knapp, sondern krachend. – Das ist Ihre Politik, Frau Schwarzelühr-Sutter.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Ich kann jedem nur empfehlen, in diesen Bericht einmal reinzuschauen. Das, meine Damen und Herren, ist die finale Bankrotterklärung der Klimaschutzpolitik dieser Bundesregierung, und es ist die Bundesregierung, die diese Expertenkommission berufen hat, niemand anderes.
(Carsten Müller [Braunschweig] [CDU/CSU]: Diesen Quatsch wiederholen Sie ständig! Das ist doch grundverkehrt!)
– Herr Müller, ehrlich gesagt, dass Sie sich hierhinstellen und sagen: Papst Franziskus hat bei der Großen Koalition abgeschrieben. – Also bitte! Geht es noch?
(Carsten Müller [Braunschweig] [CDU/CSU]: Sie haben schon wieder nicht zugehört!)
Ich glaube, als bei Ihnen zu Hause die Arroganz verteilt worden ist, da sind Sie ins Töpfchen gefallen. Das ist Ihr Problem.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Volker Kauder [CDU/CSU]: Herr Krischer, das war ein Topf, kein Töpfchen!)
Herr Kollege, Sie bekommen die Chance einer kleinen Redezeitverlängerung, wenn Sie eine Zwischenfrage von Frau Schwarzelühr-Sutter zulassen.
Aber selbstverständlich.
Sehr geschätzter Kollege Krischer, Sie haben gerade gesagt, dass Sie es nicht verstehen, wie man hier solche Äußerungen machen kann. Ich frage Sie: Haben Sie den Monitoringbericht zur Energiewende denn gelesen? Er bezieht sich auf das Jahr 2014. Das Klimaschutzprogramm haben wir im Dezember 2014 beschlossen. Ehrlicherweise muss man sagen: Das, was Sie bezüglich der Energiewende äußern, haben Sie, glaube ich, nicht gelesen. Aber ich habe es verstanden, dass es damals noch gar nicht beschlossen war.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Oh, oh!)
Frau Schwarzelühr-Sutter, danke für die Nachfrage. Dazu wäre ich nämlich jetzt gekommen. Der Monitoringbericht der Bundesregierung ist eine schöne Selbstdarstellung. Interessant sind aber die von Ihnen berufenen Experten, die jeder grünen Umtriebe und sonst etwas unverdächtig sind. Die sagen: Wenn wir das Klimaschutzziel erreichen wollen, dann müssen wir das Tempo in den verbleibenden drei Jahren verdreifachen gegenüber dem, was in der Vergangenheit stattgefunden hat. Und sie sagen klipp und klar, dass die Politik der Bundesregierung, wie sie sie im Moment macht, dazu keinerlei Anlass gibt, Frau Schwarzelühr-Sutter. Das ist die Wahrheit. Das sagen Ihre eigenen Experten. Das sollten Sie sich bitte schön hinter die Ohren schreiben.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
Wenn man über die Gründe der gescheiterten Klimaschutzpolitik spricht, dann muss man sich hier nur im Saal umschauen. Das Problem ist nämlich, dass Klimaschutzpolitik bei der Großen Koalition Schönwetterpolitik ist. Es reden immer nur Josef Göppel, manchmal auch Andreas Jung, Frank Schwabe, der Kollege Mindrup. Aber diejenigen, die dann, wenn es in der Energie- und Verkehrspolitik einmal konkret wird, entscheiden, tauchen bei diesen Debatten nicht auf. Die machen die Entscheidungen. Da sitzt plötzlich Sigmar Gabriel, wenn es um die Kohle geht, oder die energiepolitische Todeszone Fuchs–Pfeiffer–Bareiß macht jede sinnvolle Maßnahme kaputt. Das ist die Realität. Das ist der Grund dafür, weshalb Ihre Klimaschutzpolitik gescheitert ist.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
Ich könnte aus den letzten zwei Jahren drei Dutzend Dinge aufzählen, wo Sie sich immer dann, wenn es konkret wird, wenn die Sonntagsreden und das internationale Parkett nicht angesagt sind, gegen den Klimaschutz entschieden haben. Ich will nur ein Thema herausgreifen. Das ist die Verkehrspolitik.
(Volker Kauder [CDU/CSU]: Super! Hatten wir heute noch nicht!)
Letzte Woche hat sich Herr Dobrindt hierhingestellt und hat zum Haushalt geredet. Er hat in bester 70er‑Jahre-Straßenbaurhetorik irgendetwas erzählt. Er hat es geschafft, in 20 Minuten nicht ein einziges Mal die Worte „Klimaschutz im Verkehr“ unterzubringen. Meine Damen und Herren, wer einen solchen Verkehrsminister hat, der braucht sich um das Scheitern seiner Klimaschutzpolitik keine Sorgen mehr zu machen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
Ich will zu einem anderen Thema kommen. Gerade wurde über die Kraft-Wärme-Kopplung gesprochen. Ja, das Thema wird heute um 20 Uhr behandelt. Da verstecken Sie diesen Tagesordnungspunkt. Es ist offensichtlich nötig, dass Sie diesen Tagesordnungspunkt verstecken, weil Sie beschließen – neben ein paar sicher auch sinnvollen Sachen –, dass Sie in die Förderung von Bestandskohlekraftwerken einsteigen. Meine Damen und Herren, es kann doch nicht sein, dass die Allianz aus der Kohleförderung aussteigt, und diese Bundesregierung steigt nicht nur in die Förderung von Braunkohle ein, sie beschließt heute Abend auch noch den Einstieg in die Kohleförderung bei der Kraft-Wärme-Kopplung. Meine Damen und Herren, das kann doch nicht das Signal sein, das wir an die Konferenz in Paris schicken. Das muss das exakte Gegenteil sein.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Ich sage dazu eines: Richtig wäre ein Signal, das die Umweltministerin Barbara Hendricks in der vergangenen Woche in der Tat offen ausgesprochen hat. Sie hat gesagt: Man kann in den nächsten 20 bis 25 Jahren aus der Kohle aussteigen. Darüber müsste es in Deutschland endlich eine Verständigung geben. – Ich sage: Recht hat die Frau. Deshalb stellen wir hier und heute einen Antrag zur namentlichen Abstimmung.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Unterstützen Sie Frau Hendricks, wenn diese Forderung ernst gemeint sein soll und nicht nur eine Nebelkerze vor Paris war, sodass von Deutschland das Signal ausgeht: Deutschland steigt in den nächsten 20 bis 25 Jahren aus der Kohle aus. Das wäre das richtige Signal, um die Konferenz in Paris voranzubringen, um auch die deutsche Wirtschaft zu stärken; denn die Kohle ist keine Zukunft, nicht nur aus Klimaschutzgründen, sondern wir müssen da raus, der nachfolgenden Generation, der Umwelt und einer nachhaltigen Energieversorgung zuliebe.
Danke schön.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Als nächstem Redner erteile ich das Wort dem Abgeordneten Oliver Grundmann, CDU/CSU‑Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6244697 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 143 |
Tagesordnungspunkt | Klimaschutz |