03.12.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 143 / Tagesordnungspunkt 10

Wolfgang HellmichSPD - Bundeswehreinsatz in Afghanistan (Resolute Support)

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Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist eine notwendige und richtige Entscheidung, das Mandat für Afghanistan fortzusetzen. Unsere klaren Worte an den afghanischen Präsidenten, der gerade in Berlin weilt, lauten im Zusammenhang mit der Entscheidung für die Verlängerung dieses Mandats, dass wir Afghanistan weiterhin helfen werden, dass wir an der Seite des afghanischen Volkes stehen und es in Zukunft bei der weiteren Entwicklung seines Landes nicht nur begleiten, sondern auch aktiv unterstützen werden.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Es war in der Vergangenheit das falsche Signal – vor allem von unseren Freunden aus den USA –, in erster Linie aus innenpolitischen Gründen deutlich zu machen, dass wir Afghanistan verlassen werden. Dort wurde das so verstanden, dass wir Afghanistan alleinlassen. Das war das falsche Signal. Ich bin froh darüber, dass trotz aller wahlpolitischen Auseinandersetzungen in den USA eine andere Entscheidung getroffen wurde, die uns in die Lage versetzt, unsere Fähigkeiten, abgestimmt in der NATO, zur Verfügung zu stellen und so unser Mandat nicht nur fortzusetzen, sondern auch zu präzisieren, auszuweiten und auf das realistische Lagebild in Afghanistan zuzuschneiden.

Zum realistischen Lagebild. Die afghanischen Sicherheitskräfte haben die Verantwortung für die Sicherheit Afghanistans übernommen. Sie befinden sich aber manchmal in einer überdehnten Situation, in der sie nicht in der Lage sind, das, was notwendig ist, in den Griff zu bekommen. Sie brauchen weiterhin unsere Hilfe bei der Feststellung eines Lagebildes für ihre bzw. unsere Einsätze. Sie brauchen das, was wir tun, bis hin zu einer qualifizierten und gezielten Ausbildung der Soldatinnen und Soldaten der afghanischen Armee zu Gebirgsjägern im Norden, wo wir noch im Wesentlichen die Verantwortung tragen. Die afghanischen Sicherheitskräfte müssen ihre Qualität steigern, um die Auseinandersetzung mit den Taliban und anderen aufnehmen zu können.

Zum Lagebild gehört auch, dass die Taliban ihre Strategie verändert haben. Erinnern wir uns nur an Kunduz. Es gibt keine Kampfsaison mehr. Die Taliban führen ihren Kampf nun über das ganze Jahr. Zudem wird die Front nicht mehr an vielen Stellen breit gehalten. Vielmehr greifen die Taliban konzentriert und gezielt einzelne Städte und Orte an und verschwinden im Zweifelsfall wieder. Das ist eine andere militärische Kampfsituation als zuvor, auf die die afghanische Armee vorbereitet werden muss. Dazu können wir beitragen, indem wir die Kommunikation und die kommunikativen Kräfte stärken sowie Führungsunterstützung und konkrete Hilfe im Einsatz leisten. Aber das ist, wie in anderen Einsätzen auch, nur ein Teil dessen, was wir in Afghanistan tun. Wenn wir genau in dieser Zeit die Anschlussmandate der NATO vorbereiten – die NATO beteiligt sich aktiv an der Veränderung ihrer Strategie –, um nach diesem Einsatz eine Folgeunterstützung für Afghanistan zu organisieren, dann ist das genau der richtige Weg. Bekämpfung der Korruption und Bekämpfung des Drogenmissbrauchs – das sind die Ursachen für Menschenhandel, mit dem die Taliban und inzwischen auch der IS horrende Gelder verdienen –, das ist genau die richtige Strategie, um für Sicherheit zu sorgen, damit wir den Menschen in Afghanistan sagen können: Bleibt dort.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)

Wir brauchen die Fortsetzung von UNAMA, um auch bei der Regierungsbildung in Afghanistan weiter zu helfen, und wir brauchen die Ansätze, die aus unserer Wirtschaft kommen und darin bestehen, über Bildung und Ausbildung in Afghanistan zu einer besseren Qualität der wirtschaftlichen Strukturen zu kommen, zu einer eigenen Produktion, zu eigenen Absatzmärkten, die zu organisieren wir mithelfen müssen. Zudem müssen wir mit unseren Instrumenten zu Wissenschaft, Bildung und guter Ausbildung in Afghanistan beitragen. Damit können wir den Menschen in Afghanistan Perspektiven bieten. Damit können wir ihnen helfen, in Afghanistan zu bleiben und dort eine sichere Zukunft zu finden.

Uns haben die Soldatinnen und Soldaten bei unseren Besuchen gesagt: Wir kämpfen für unser Land. Wir möchten aber, dass unsere Familien in Sicherheit leben können. Wenn wir den Eindruck haben, dass sie dieses in Afghanistan nicht tun können, dann werden wir ihnen sagen: Geht. – Wir werden sie auch darin unterstützen, zu gehen, weil ihre Sicherheit – das liegt uns an dieser Stelle sehr am Herzen – im Zentrum unserer Bemühungen liegt. Diese Sicherheit können wir nicht garantieren. Deshalb müssen wir dafür Sorge tragen, dass der Staat Afghanistan dies mit seinen militärischen Kräften, mit seinen Polizeikräften und mit seinem politischen System tun kann.

Afghanistan liegt nicht in Mitteleuropa. Es ist ein anderes Land, dort herrschen andere Ausgangsbedingungen. Ich möchte anmerken, dass die Evaluierung aller Einsätze in Afghanistan nach wie vor dringend nötig ist. Wir haben sie immer noch nicht auf dem Tisch. Ich gehe davon aus, auch in meiner Eigenschaft als Sonderberichterstatter der NATO-Parlamentarierversammlung für Afghanistan, dass wir die nötigen Beschlüsse hinbekommen, auch über die NATO eine entsprechende Evaluierung auf den Weg zu bringen, damit wir ein realistisches Bild des Einsatzes in Afghanistan bekommen.

Herzlichen Dank an die Ministerin – der Staatssekretär wird ihr den Dank überbringen –

(Dr. Ralf Brauksiepe, Parl. Staatssekretär: Jawohl!)

dafür, genau die Länder für die Speiche Nord zusammenzubringen, die ihre Zusage gegeben haben, weiter dabei zu sein. Deutschland wird das tun. Die Aussage des Generals Brinkmann, der der Leiter der UNAMA war, die deutsche Uniform sei manchmal mehr ein Schutz in Nordafghanistan als alles andere, ist ein deutliches Zeichen dafür, dass die Afghanen von uns erwarten, dass wir an ihrer Seite bleiben und ihnen helfen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Vielen Dank, Kollege Hellmich. – Der nächste Redner in der Debatte für die Linke: Wolfgang Gehrcke.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6245367
Wahlperiode 18
Sitzung 143
Tagesordnungspunkt Bundeswehreinsatz in Afghanistan (Resolute Support)
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