Ralf Brauksiepe - Bundeswehreinsatz in Afghanistan (Resolute Support)
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In meiner Heimatstadt Hattingen im Ruhrgebiet, eigentlich eine sehr schöne Stadt, die seit kurzem auch einen guten parteilosen Bürgermeister hat, war von 1979 bis 1989 die DKP im Stadtrat. Mein Vorredner ist ausweislich des Kürschner Gründungsmitglied dieser Partei. Er könnte genauer erklären, wie das damals ablief. Es war keine bundesweit sehr große Partei, trotz finanzieller Unterstützung. Es gab aber Schwerpunktbezirke. Wo die Partei im Stadtrat war, wurden die Bürger flächendeckend regelmäßig mit deren Parteipamphlet ausgestattet.
(Niema Movassat [DIE LINKE]: Sagen Sie doch mal was zum Mandat! Sie reden für die Bundesregierung!)
Das waren die zehn Jahre, in denen die Sowjets Afghanistan überfallen und dann dort zehn Jahre Krieg geführt haben. In dem Pamphlet war nicht von „böser Tat“ die Rede. Ich kann zu meinem Vorredner nur sagen: Damals hätten Sie mal was von „Krieg beenden“ sagen sollen. Wenn einer immer die Augen zugemacht hat, wenn einer überhaupt nichts dazugelernt hat, dann sind Sie es. Vor dem Hintergrund Ihrer eigenen Propaganda müssten Sie sich eigentlich für das schämen, was Sie heute sagen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Heike Hänsel [DIE LINKE]: Zeigen Sie nicht mit dem Zeigefinger auf uns! Es zeigen vier Finger zurück!)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Ausbildungs-, Beratungs- und Unterstützungsmission Resolute Support läuft insgesamt erfolgreich jetzt seit elf Monaten. Der Norden Afghanistans, für den Deutschland als Rahmennation besondere Verantwortung übernommen hat, gilt dabei als Vorbild multinationaler Kooperation im Einsatzland. Wir können und werden dabei Rückschläge nicht ignorieren. Richtig ist, dass sowohl in der politischen wie auch in der militärischen Führung in Afghanistan immer noch viele Probleme vorherrschen. Das haben vor allem die Ereignisse um die zeitweise Einnahme von Kunduz im September dieses Jahres gezeigt. Richtig ist aber auch, dass Afghanistan mehr ist als nur Kunduz. Die afghanischen Sicherheitskräfte haben unter schweren Bedingungen mit einer hohen Zahl eigener Opfer bewiesen, dass sie für ihr Land einstehen, dass sie die Sicherheitsverantwortung für ihr Land effektiv wahrnehmen wollen und dass sie es mit Anleitung auch können. Dies ist auch vor dem Hintergrund der Ereignisse in Kunduz keineswegs kleinzureden, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Resolute Support ist durch die NATO als Operation in drei Phasen angelegt gewesen und angelegt: erstens Präsenz in den Regionen, zweitens Rückführung auf Kabul und schließlich Rückverlegung. Die Übergänge in diese Phasen sollen lageabhängig vollzogen werden. Das war immer unsere Prämisse.
Basierend auf einer Bewertung der Leistungsfähigkeit der afghanischen Verteidigungs- und Sicherheitskräfte sowie der Sicherheitslage wurde deshalb vorgestern beim Treffen der NATO-Außenminister die formale Entscheidung gefällt, die Phase 1 bei Resolute Support weiter fortzusetzen. Die Vereinigten Staaten haben bereits entschieden, ihre Kräfte im Jahr 2016 auf dem gleichen Niveau in Afghanistan zu belassen. Dadurch und durch die vom Kollegen Hellmich zu Recht erwähnte Zusage unserer multinationalen Partner im Norden, für die wir dankbar sind, sind auch für uns die Voraussetzungen für die Fortführung der Ausbildungs-, Beratungs- und Unterstützungsmission gegeben. So wird die Bundeswehr im Rahmen von Resolute Support auch weiterhin vorrangig auf der ministeriellen und der nationalen institutionellen Ebene die afghanischen nationalen Verteidigungs- und Sicherheitskräfte befähigen helfen, ihrer Sicherheitsverantwortung nachzukommen.
Unsere nationale Bewertung der Leistungsfähigkeit der afghanischen Kräfte im Norden hat ergeben, dass es in der Tat Optimierungsbedarf bei den Beratungsleistungen gibt und dass dieser auch personell im Mandat hinterlegt werden muss. Mit der Anhebung der Obergrenze auf 980 Soldatinnen und Soldaten können wir die erforderliche Feinjustierung umsetzen, unseren Verpflichtungen zur Gestellung von zusätzlichem Personal für die NATO – circa 40 Dienstposten für das NATO-Fernmeldebataillon – nachkommen und verfügen zudem über die notwendige Flexibilität, unseren Auftrag als Rahmennation erfolgreich umsetzen zu können.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, bei allen Anpassungen ist dabei klar: Resolute Support ist und bleibt eine Non-Combat-Mission. Zum einen begleiten wir in der NATO diesen Prozess sehr eng und haben mit den USA einen Verbündeten, der dies ebenso wie wir auch für die Zukunft so sieht. Zum anderen haben wir immer auch die Möglichkeit, uns bei der Frage einer möglichen Anpassung des OPLANs einzubringen.
In der NATO wird unser verstärktes Engagement sehr wohl dankbar zur Kenntnis genommen. Das zeigt uns: Wir sind auf dem richtigen Weg, Afghanistan auch in Zukunft nicht alleinzulassen. Mit dem verstärkten Engagement senden wir zugleich mehrere Signale. Wir senden das Signal an unsere afghanischen Partner, an die afghanische Bevölkerung, dass wir weiter eng an ihrer Seite stehen. Wir senden das Signal an die regierungsfeindlichen Kräfte, dass es für sie in Afghanistan auch in Zukunft militärisch nichts zu gewinnen geben wird. Wir senden schließlich auch ein Signal an die afghanische Regierung der nationalen Einheit, dass wir ein ebenfalls verstärktes Engagement bei Reformen, bei der Bekämpfung von Korruption und bei den Anstrengungen für einen Friedens- und Versöhnungsprozess erwarten.
Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich an dieser Stelle allen eingesetzten Soldaten, Polizisten, Diplomaten und Mitarbeitern des zivilen Wiederaufbaus ausdrücklich für ihren Einsatz danken. Das wird ja oftmals öffentlich nicht so deutlich, mit welchem Mix an Maßnahmen wir hier agieren. Es gibt gute Gründe, dass im Parlamentsbeteiligungsgesetz geregelt ist, dass das Parlament über den Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte entscheidet. Das heißt aber nicht, dass wir an anderer Stelle nicht tätig werden. Wir müssen nicht über jede diplomatische und jede entwicklungspolitische Maßnahme hier in diesem Parlament gesondert debattieren und abstimmen. Dass wir das bei militärischen Einsätzen tun, ist zwar richtig. Das darf aber nicht den Blick darauf verstellen, dass alles, was wir militärisch tun, immer eingebunden ist in diplomatische und entwicklungspolitische Anstrengungen, die wir gemeinsam mit vielen Menschen vor Ort unternehmen, die dankbar sind, dass gerade ihr ziviles Engagement auch durch die Bundeswehr militärisch abgesichert wird. Allen Männern und Frauen, die sich dort einsetzen, gilt unser Dank!
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Unser Ziel bleibt unverändert ein stabiles Afghanistan, das als zuverlässiger Partner in der Region den Friedens- und Versöhnungsprozess selbst aktiv vorantreibt; denn selbsttragende Sicherheit braucht Verständigung, Versöhnung und eine gute Regierungsführung. Das muss aus der Mitte der Afghanen selbst kommen und benötigt gleichzeitig einen langen Atem. Diesen müssen auch wir haben. Wir sind bereit, dabei weiterhin Unterstützung zu leisten. Das ist die Absicht der Bundesregierung. Dafür bitte ich Sie um Ihre Unterstützung.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Danke, Herr Kollege Brauksiepe. – Das Wort zu einer Kurzintervention hat der von Dr. Brauksiepe angesprochene Wolfgang Gehrcke.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6245443 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 143 |
Tagesordnungspunkt | Bundeswehreinsatz in Afghanistan (Resolute Support) |