Inge HögerDIE LINKE - Gewalt in Burundi
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Burundi steht vor einer humanitären Katastrophe, vor einem politischen Abgrund. Mindestens 240 Menschen sind bei gewalttätigen Auseinandersetzungen vor und nach den Wahlen im Mai dieses Jahres ums Leben gekommen. Rund 200 000 Menschen flohen in die Nachbarländer Tansania, Ruanda, in die Demokratische Republik Kongo und Uganda. Viele der Flüchtlinge sind Minderjährige, die versuchen, sich der Rekrutierung durch regierungsnahe oder oppositionelle Milizen zu entziehen.
Ein erster Schritt zur Vermeidung einer weiteren Eskalation ist die Unterstützung des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR bei der Versorgung dieser jungen Menschen. Es ist eine Schande, dass das UNHCR chronisch unterfinanziert ist. Hier könnte mit überschaubaren Summen ganz konkret geholfen werden.
Wir haben es in Burundi mit einem politischen und sozialen Konflikt zu tun. Glücklicherweise ist er noch nicht zu einem ethnischen Konflikt geworden, obwohl die Regierung und ihr nahestehende Medien alles tun, die Wut der Hutu-Mehrheit auf die Tutsi-Minderheit zu lenken.
Die Jugendorganisation der regierenden CNDD-FDD-Partei ist mitverantwortlich für zahlreiche Angriffe auf Oppositionelle und deren Familienangehörige. Gleichzeitig spielt die Polizei eine erhebliche Rolle bei der gewalttätigen Unterdrückung der Medien und der Opposition. Diese wiederum setzte anfänglich auf friedlichen Protest und reagierte dann zunehmend ebenfalls mit Gewalt. Dieser Teufelskreis muss mit politischen Initiativen durchbrochen werden.
(Beifall bei der LINKEN)
Dabei kann die von Ban Ki-moon Anfang der Woche ins Spiel gebrachte Entsendung eines Unterstützungsteams für die Wiederaufnahme des politischen Dialogs eine wichtige Rolle spielen.
Die Eskalation in Burundi ist auch ein Ergebnis des Versagens der internationalen Geldgeber. Anstatt die Regierung bereits 2010 nach den damaligen Wahlen zu ermutigen, rechtzeitig einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin aufzubauen, lag der Schwerpunkt in der Sicherheitskooperation. Die westlichen Geber haben Prestigeprojekte wie den Aufbau einer gut ausgerüsteten burundischen Interventionstruppe mit 5 000 Mann für AMISOM, die Mission in Somalia, betrieben. Gleichzeitig stagnierte die ökonomische Entwicklung. Armut und Arbeitslosigkeit sind nach wie vor die größten Probleme. Ohne die entschiedene Bekämpfung der Armut gibt es keine Chance für einen dauerhaften Frieden.
Oberflächlich gesehen hat sich der Konflikt an der Entscheidung des Präsidenten, entgegen der Friedensvereinbarung für eine dritte Amtszeit zu kandidieren, entzündet. Nun stellt sich die Frage, wie glaubwürdig diese Vorwürfe bezüglich einer dritten Amtszeit sind; denn gleichzeitig hat der international bestellte Vermittler, der ugandische Präsident Museveni, entsprechende Regelungen in seinem Land außer Kraft gesetzt, und es ist absehbar, dass der Druck auf den ruandischen Präsidenten Kagame, der 2017 auch ein drittes Mal kandidieren wird, wohl eher symbolischer Natur sein wird, da er als zuverlässiger Partner der USA und der EU eingeschätzt wird. Eine Politik der doppelten Standards und des geopolitischen Opportunismus sorgt kaum für Glaubwürdigkeit.
In ihrem Antrag mahnen die Grünen eine verantwortungsbewusste und vorausschauende Politik an. Diese ist ohne Zweifel nötig. Dafür brauchen wir bessere Strukturen und mehr zivile Ressourcen. Dabei auf das Konzept der Schutzverantwortung zu setzen, ist aber ein Irrweg. Die verheerenden Folgen der sogenannten Verantwortung zum Schutz können wir in Libyen sehen. Sie öffnet die Türen für eine Erosion des Völkerrechts und befördert militärische Interventionen und Eskalationen.
Wenn mit der gleichen Entschlossenheit, mit der in diesem Haus zurzeit Kriege beschlossen werden, zukünftig in zivile Krisenprävention und Konfliktbearbeitung investiert wird und wenn dafür die gleichen Ressourcen zur Verfügung gestellt werden, dann wäre dies eine wirklich verantwortliche Außenpolitik.
Vielen Dank.
(Beifall bei der LINKEN)
Vielen Dank. – Als letzte Rednerin in dieser Debatte hat Gabi Weber von der SPD-Fraktion das Wort.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6246064 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 143 |
Tagesordnungspunkt | Gewalt in Burundi |