03.12.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 143 / Zusatzpunkt 4

Barbara LanzingerCDU/CSU - Neuregelung des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes

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Sehr geehrter Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte anwesende Besucherinnen und Besucher! Die Umstellung unseres Energiesystems und die Integration der volatilen erneuerbaren Energien wird uns noch lange Zeit vor große Herausforderungen stellen. Ich denke, das muss man zu Beginn schon so festhalten. Daher werden wir auch weiterhin konventionelle Energieträger benötigen, die einerseits die Versorgungssicherheit gewährleisten können, aber andererseits auch zur Integration der Erneuerbaren beitragen.

Diese wichtige Funktion können neben den heute schon diskutierten Leitungen, Kraftwerken, Lastmanagement und Speichern vor allem die Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen übernehmen. KWK-Anlagen sind flexibel, steuerbar, können Schwankungen bei den Erneuerbaren ausgleichen und führen durch die Kopplung von Wärme und Strom zu mehr Effizienz.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Dies hilft vor allem auch dabei, den Energieverbrauch im Gebäudebestand zu senken und die Industrieprozesse effizienter zu gestalten. Zudem leisten sie mit der Bereitstellung von Strom und Wärme bereits heute einen zentralen und sehr kosteneffizienten Beitrag zum Klimaschutz. Bereits heute sparen wir durch diese Technologie jährlich 56 Millionen Tonnen CO2 ein, auch durch die Kohle-KWK. Es ist nicht so, dass Kohle-KWK-Anlagen kein CO2 einsparen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie des Abg. Florian Post [SPD])

Daher eignet sich KWK auch gut als Klimaschutzin­strument, wie es am 1. Juli von der Bundesregierung beschlossen wurde.

KWK kann aber ihr volles Potenzial nur entfalten, wenn die politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen stimmen und dadurch ihre Wirtschaftlichkeit gegeben wird. Deshalb müssen wir alles dafür tun, damit diese Technologie auch weiterhin auf dem Markt bleibt. Deshalb haben wir als Regierungsparteien, basierend auf den Eckpunkten vom 1. Juli und dem Koalitionsvertrag, in den letzten Wochen gemeinsam ein Stück weit um die Umsetzungen gerungen – das muss ich so formulieren –, denn ganz so begeistert nahmen wir den Entwurf des Wirtschaftsministeriums nicht auf. Da hatten wir eher das Gefühl, man wolle die KWK nicht unbedingt weiter fördern, sondern eher ein Stück weit verhindern.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Der heute zu beschließende Gesetzentwurf der Bundesregierung sieht unter anderem eine erhöhte Förderung neuer KWK-Gasanlagen, eine Förderung der Umstellung von Kohle-KWK auf Gas-KWK sowie eine verstärkte Förderung von Fernwärmenetzen und -speichern vor. Die jährliche Förderung ist erhöht worden. Das wurde schon erwähnt; ich brauche es nicht zu wiederholen. Gerade dieser Punkt ist in meinen Augen ein erster guter Schritt: So wird die Möglichkeit geschaffen, diese Technologie noch weiter auszubauen.

Im Speziellen konnte die Union in den Beratungen mit der SPD einige wesentliche Punkte durchsetzen. Das ursprüngliche Ziel war, den Anteil der Kraft-Wärme-Kopplung an der regelbaren Nettostromerzeugung auf 25 Prozent auszubauen. Wir konnten immerhin durchsetzen, das Volumen von den vorgeschlagenen 108 Terawattstunden auf 110 Terawattstunden bis zum Jahr 2020 und auf 120 Terawattstunden bis zum Jahr 2025 anzuheben. Weiterhin wird die Geltungsdauer des Gesetzes – es ist ganz wichtig, dieses Signal an die Betreiber zu geben – um zwei Jahre, also bis Ende 2022, verlängert, und vor allem wird der Stichtag der Inbetriebnahme um ein halbes Jahr, von 30. Juni 2016 auf 31. Dezember 2016, verschoben.

(Beifall des Abg. Florian Post [SPD])

Mit diesen Änderungen wird für Investitionen in KWK-Anlagen eine substanziell bessere Zukunftsperspektive eröffnet. Investitionen in KWK erhalten einfach mehr Planungs- und Bestandssicherheit. Das ist ein wichtiges Signal, das wir aussenden müssen.

(Beifall des Abg. Florian Post [SPD])

Da wir derzeit bereits 96 Terawattstunden Strom durch KWK produzieren und laut Evaluierungsbericht ein KWK-Potenzial von bis zu 244 Terawattstunden haben, wäre der ursprünglich angepeilte und im Koalitionsvertrag festgelegte Ausbau auf 25 Prozent an der Nettostromerzeugung, was 140 Terawattstunden bedeuten würde, gestreckt bis 2025, erfreulicher gewesen – das gebe ich ganz ehrlich zu –; denn aus meiner und auch aus unserer Sicht ist es erst dann sinnvoll, das KWK-Ausbauziel zu drosseln bzw. anzupassen, wenn wir das Ziel des Anstiegs der Erneuerbaren auf 80 Prozent bis 2050 erreicht haben.

Ich möchte kurz auf die Industrie-KWK eingehen. Die Industrie ist ein wesentlicher Bereich unserer Wirtschaft, und sie spielt natürlich eine entscheidende Rolle bei der Umsetzung der Energiewende. Wir können viel probieren; aber wir sollten die Industrie schon mitnehmen und nicht einfach zurücklassen, auch wenn sie im Geld ist. Das hört sich immer fürchterlich an; aber im Geld ist vieles. Würden wir nach dem Kriterium gehen, dass was im Geld ist, dürften wir vieles nicht mehr fördern. Ich habe ein großes Problem damit. Dann müssten wir auch bei den Erneuerbaren manchmal nachdenken.

(Andreas G. Lämmel [CDU/CSU]: Jawohl!)

Wir müssen schauen, dass unsere Industrie international wettbewerbsfähig bleibt.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Deshalb haben wir im Hinblick auf die industrielle KWK durchgesetzt, dass auch eine Förderung der Industrieparks erfolgt.

Sollte zudem eine Evaluierung ergeben, dass indus­trielle KWK zukünftig förderbedürftig wird, kann durch eine Verordnung mit Zustimmung des Bundestages – das hat der Kollege Post eben schon erwähnt – eine entsprechende Förderung festgelegt werden. Die Bundesregierung ist hier dringend gefordert, eine Belastung zu vermeiden; das sage ich ganz deutlich.

Ich möchte an dieser Stelle an die hierzu im Koalitionsvertrag getroffene Vereinbarung erinnern, die vorsieht – ich zitiere –:

So sollen alle neuen Eigenstromerzeuger mit einer Mindestumlage zur Grundfinanzierung des EEG beitragen, wobei wir die Wirtschaftlichkeit insbesondere von KWK-Anlagen und Kuppelgasnutzung wahren werden.

Darauf werden wir, denke ich, schon achten.

Trotz aller Diskussionen um die Kohle haben wir mit der SPD zur hocheffizienten – ich sage bewusst „hocheffizienten“ – Kohle-KWK,

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist das denn? Was ist denn „hocheffizient“?)

die wir im Übrigen auch unter Klimaschutzgesichtspunkten für eine sinnvolle Technologie halten, vereinbart, 2017 eine vorgezogene Evaluierung durchzuführen. Sollte diese ergeben, dass Kohle-KWK-Anlagen förderbedürftig sind, kann durch eine Verordnungsermächtigung eine Förderung festgelegt werden. Man muss einfach noch einmal sagen: Es geht hier um keine Brennstoffförderung, sondern um eine Technologieförderung.

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und Sie sagen Brennstoffneutralität! Was ist denn das alles?)

Für die von vielen Kollegen angesprochene Förderung von Anlagen zur Abwärmenutzung – auch das sollten wir noch einmal erwähnen – wird es nach Zusage des Bundeswirtschaftsministeriums Anfang 2016 ein neues Förderprogramm geben. Die Anlagen werden noch bis 2016 weiter gefördert, bis dieses Programm vorliegt.

Vielleicht auch noch ganz wichtig – ein kleiner Punkt –: Für kleine KWK-Anlagen – weniger als 50 kW – und Brennstoffzellen haben wir zudem die Förderdauer von 45 000 auf 60 000 Vollbenutzungsstunden verlängert. Ich denke, das ist auch ein wichtiger Punkt.

Ich nenne noch die Übergangsregelung für bereits begonnene Projekte. Da kann die Modernisierung schrittweise in den nächsten zehn Jahren erfolgen. Auch das, denke ich, ist ein wichtiges Signal an die Industrie.

Zum Abschluss möchte ich betonen: Auch wenn das Gesetz bei einigen Punkten, vor allem bei der industriellen KWK und bei der Brennstoffneutralität, nicht ganz dem entspricht, was wir uns unionsseitig gewünscht hätten, so konnten wir doch insgesamt eine Reihe von Verbesserungen erreichen. Dennoch müssen wir uns vor Augen halten, dass das nun kommende KWKG ein Kompromiss ist. Ich sage ganz deutlich: Wir müssen dafür sorgen, dass diese wertvolle Technologie auch weiterhin Bestandteil unserer Energiewende bleibt.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Zum Abschluss dieser Aussprache hat die Kollegin Dr. Julia Verlinden, Bündnis 90/Die Grünen, das Wort.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6246648
Wahlperiode 18
Sitzung 143
Tagesordnungspunkt Neuregelung des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes
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