04.12.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 144 / Zusatzpunkt 5

Alexander NeuDIE LINKE - Bundeswehreinsatz gegen Terrororganisation IS

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Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Mützenich hat gerade davon gesprochen, dass ein Vorgehen nach Kapitel VII der UN-Resolution nicht möglich sei, da man sich im UN-Sicherheitsrat nicht darüber hat einigen können. Das ist richtig, weil es unterschiedliche politische Konzeptionen für Syrien gibt. Moskau hat dem wohl nicht zugestimmt, weil Sie auf einen Regimewechsel von außen setzen; das ist der Punkt. Weil man jetzt der Auffassung ist, dass eine gemeinsame Resolution des Sicherheitsrates nach Kapitel VII nicht erreicht wird, möchte man Lufttruppen entsenden und sich beteiligen, um vor Ort eine Lösung gegen Russland zu erzwingen. Das war im Übrigen auch der Tenor des Kollegen Röttgen. Mir wurde während seines Vortrags nicht klar, wer in seinen Augen der größere Gegner ist, die russische Regierung oder der IS. Das wurde nicht deutlich. Ich hatte eher den Eindruck, dass es die Russen sind.

(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Ihnen fehlen die Voraussetzungen eines Vorgehens nach Kapitel VII. Das sind keine Peanuts. Ich meine, wir kennen das aus dem Kosovo; da war es genauso. Im Irakkrieg haben wir damals nicht so richtig mitgemacht. Aber letztlich gehen wir den Schritt weiter und machen ohne eine Kapitel-VII-Mandatierung mit.

Zweitens. Sie trauen Ihrer Selbstverteidigungsklausel selber nicht. Ich habe mir den Antrag noch einmal genau angeschaut. Sie verweisen auf Paris, das ist okay. Dann aber verwenden Sie ein seltsames Hilfskonstrukt. Sie verweisen auf den Irak und sagen, der IS habe von Syrien aus den Irak angegriffen und der Irak müsse sich selbst verteidigen, auch kollektiv. Besser kann man die Geschichte kaum verdrehen. Der IS ist ein Produkt der Vorgänge im Irak und hat seine Übergriffe auf Syrien ausgeweitet, nicht umgekehrt. Sie erstellen ein interessantes Hilfskonstrukt und sagen: Weil der Irak und die syrische Regierung sich nicht selbst verteidigen können, gehen Sie dazu über, die amerikanische Doktrin von „unable and unwilling“ zu übernehmen, und zwar wortwörtlich in diesem Antrag. Sie versuchen, rechtliches Neuland zu betreten. Sie versuchen, eine neue Interventionsdoktrin von „unable and unwilling“ hier zu praktizieren und völkerrechtskonform zu machen. Das wird Ihnen nicht gelingen.

Herr Kollege, Sie müssen jetzt zum Ende kommen.

Wenn ein Land das Selbstverteidigungsrecht für sich in Anspruch nehmen kann, dann ist das die syrische Regierung, die immer noch legitim ist, ob einem das gefällt oder nicht. Es gibt ein Schreiben der syrischen Regierung an den UN-Sicherheitsrat vom 17. September, in dem die syrische Regierung den Westen via Sicherheitsrat auffordert, sich aus dem syrischen Territorium zurückzuziehen. Aber das interessiert Sie nicht. Wenn ein Land das Recht auf Selbstverteidigung hätte, dann wäre das die syrische Regierung, ungeachtet der Frage, ob die Regierung gut ist oder nicht gut ist.

Nächster Redner ist der Kollege Anton Hofreiter für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6248794
Wahlperiode 18
Sitzung 144
Tagesordnungspunkt Bundeswehreinsatz gegen Terrororganisation IS
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