Barbara Hendricks - Regierungserklärung zur UN-Klimakonferenz in Paris
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Klimakonferenz in Paris, die Anfang dieser Woche begonnen hat, könnte – ja, sie muss – der Aufbruch in ein neues Zeitalter sein. Es geht tatsächlich um die Zukunft unseres Planeten.
UN-Generalsekretär Ban Ki-moon hat zur Eröffnung am Montag treffend beschrieben, die Konferenz sei ein politischer Moment, wie er vielleicht nicht wiederkommt. In den meisten Reden der Staats- und Regierungschefs ist die Bereitschaft zum Ausdruck gekommen, jetzt einen globalen Klimavertrag zu vereinbaren, und auch bei meinen ersten Gesprächen in Paris habe ich gespürt, dass wir alle uns unserer gemeinsamen Verantwortung bewusst sind.
Die Erwartungen an diese Konferenz aus diesem Hohen Haus, aus Deutschland und aus Europa reihen sich ein in die Erwartungen von Milliarden Menschen auf der ganzen Welt – vor allem in den ärmsten und besonders vom Klimawandel betroffenen Ländern. Ich möchte dem gesamten Bundestag für das Engagement gegen den Klimawandel danken.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Natürlich streiten wir auch hier gelegentlich über den richtigen Weg des Klimaschutzes im eigenen Land. Bei den internationalen Verhandlungen haben wir aber immer die Tradition des Schulterschlusses gehabt, und ich freue mich auf die vielen positiven Beiträge aus allen Fraktionen.
Ich danke auch dafür, dass aus allen Fraktionen Kolleginnen und Kollegen mit nach Paris kommen werden. Wir werden Sie über den Gang der Dinge auch weiter gut informiert halten, sodass Sie Informationen zum Verhandlungsprozess aus erster Hand erhalten.
Die Delegationen der 195 Staaten haben die Aufgabe, die vermutlich größte Herausforderung dieses Jahrhunderts anzugehen, nämlich den Klimawandel zu begrenzen. Von Paris soll das Signal ausgehen: Die Welt steht zusammen. Für unseren Teil kann ich sagen: Die Bundesregierung wird alles dafür tun, dass diese Konferenz ein Erfolg wird.
Ich möchte Präsident Hollande und allen Französinnen und Franzosen meinen großen Dank dafür aussprechen, dass sie diese Großveranstaltung trotz der schwierigen Situation in so hervorragender Weise schultern.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Für uns alle ist in Paris die Trauer über die feigen und bestialischen Anschläge spürbar. Aber wir spüren auch das Ausrufezeichen: Jetzt erst recht! Wir lassen uns die Zukunftsgestaltung nicht von Mördern wegnehmen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Weg nach Paris war mühsam und lang. Allerdings sind wir gerade auf den letzten Metern in diesem Jahr sehr gut vorangekommen. Dazu zähle ich unter anderem die Beschlüsse der G-7-Konferenz in Elmau, die Weltwirtschaft noch in diesem Jahrhundert zu dekarbonisieren.
Ich bin der Bundeskanzlerin dankbar, dass sie dieses Ziel der Dekarbonisierung noch einmal ausdrücklich unterstrichen hat.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)
Das Bekenntnis, von Kohle, Öl und schließlich auch Gas vollständig Abstand zu nehmen, war eben keine Laune in Elmau, sondern eine gut bedachte und notwendige Richtungsentscheidung, ein Bekenntnis, dem sich Brasilien wenig später angeschlossen hat. Das war ein wichtiges Signal in Richtung der aufstrebenden Länder des Südens.
Ein anderer wichtiger Zwischenschritt liegt bereits zwei Jahre zurück. Bei der Konferenz in Warschau 2013 wurde vereinbart, dass alle Staaten im Vorfeld der Pariser Konferenz ihre nationalen Beiträge einreichen sollten. Dieses Vorgehen hat sich als sehr sinnvoll erwiesen. 185 Vertragspartner haben das jetzt getan. Sie stehen für mehr als 95 Prozent des weltweiten Treibhausgasausstoßes. Der Verhandlungsprozess von Paris hat schon jetzt zu mehr Klimapolitik auf der Welt geführt, als wir je zuvor hatten.
Mit diesen Beiträgen würden wir die weltweite Erwärmung auf circa 2,7 Grad gegenüber der vorindustriellen Zeit begrenzen können. Wir erreichen also zwar noch nicht die 2-Grad-Obergrenze, aber das ist eine deutliche Abkehr vom bisherigen Trend, bei dem wir noch mit 4 oder sogar 5 Grad Erderwärmung hätten rechnen müssen. Aber nochmals: Nur die Zwei vor dem Komma reicht nicht aus. Wir müssen mehr machen, und wir können das auch. Die 2-Grad-Obergrenze muss völkerrechtlich verbindlich werden. Nicht zuletzt deswegen stehen wir jetzt, fast 20 Jahre nach Kioto, in den härtesten zwei Wochen des internationalen Klimaprozesses.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich noch einmal darstellen, was die Leitlinien unserer Verhandlungen in Paris sind.
Erstens. Wir brauchen vollständige Transparenz. Wir wollen klare Regeln, wie der Klimaschutz in den einzelnen Staaten gemessen und dokumentiert wird.
Zweitens. Wir müssen in der Lage sein, nachzusteuern. Deswegen brauchen wir einen Mechanismus, der die Ambitionen Stück für Stück steigert. Ich möchte erreichen, dass wir Zyklen von fünf Jahren durchsetzen, wobei die Klimaschutzanstrengungen jeweils verstärkt werden müssen, sodass man keinesfalls dahinter zurückfallen kann.
Drittens. Wir wollen weltweite Solidarität mit den Ländern, die unter den Auswirkungen des Klimawandels am stärksten leiden.
Viertens. Wir brauchen das Bekenntnis zu einem langfristigen Ziel. Das Ziel muss sein: null CO2 aus fossilen Energieträgern im Laufe dieses Jahrhunderts.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, der internationale Klimaschutz wird weiterhin auf Dialog angelegt sein. Für diesen Dialog brauchen wir aber Leitplanken, die uns in Richtung des 2-Grad-Ziels führen. Dazu zählt, dass wir die Anstrengungen der Staaten regelmäßig überprüfen. Am liebsten wäre es mir, die nationalen Beiträge völkerrechtlich verbindlich festzuschreiben. Mindestens aber brauchen wir ein völkerrechtlich verbindliches System, mit dem gemessen wird. Je transparenter die Bemühungen der Staaten, desto unwahrscheinlicher, dass sich Länder still und heimlich von ihren Zielen und Zusagen verabschieden. Daher wollen wir alle fünf Jahre eine Überprüfung. Es lohnt sich, um die Vermeidung eines jeden Zehntelgrades Erderwärmung zu kämpfen.
Darüber hinaus müssen wir in der Lage sein, nachzujustieren. Wir wollen einen Mechanismus vereinbaren, der es uns ermöglicht, die Anstrengungen Stück für Stück zu steigern, abhängig von wissenschaftlichen Erkenntnissen und von künftigen technologischen Möglichkeiten. Sie sehen: Paris wird nicht der Endpunkt der Klimadiplomatie sein. Vielmehr muss es der Ausgangspunkt einer neuen und erfolgreichen Phase weltweiter Klimaschutzpolitik sein.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich anhand von zwei Begegnungen, die ich gerade vorgestern hatte, die Situation beschreiben. Ich habe am Mittwoch Sheila Watt-Cloutier, eine sehr engagierte Frau aus dem Norden Kanadas, kennengelernt. Sie gehört zum Volke der Inuit und erzählte mir von dem Nationalpark Auyuittuq am Rande der Arktis. Der Name heißt auf Deutsch: Land, das nie schmilzt. Tatsächlich stimmt der Name nicht mehr: Heute schmilzt das Land und damit alles, was die Lebensgrundlage des Volkes der Inuit ausmacht. Gemeinsam mit ihr habe ich den Außenminister der Marshall Islands, Tony de Brum, getroffen. Beide wurden gerade mit dem Alternativen Nobelpreis ausgezeichnet.
Ohne ein neues Klimaschutzabkommen wird seine Heimat im Meer versinken. Auf der einen Seite schmilzt ein Land, auf der anderen Seite droht ein anderes vom steigenden Meeresspiegel geschluckt zu werden. Natürlich ist das ursächlich miteinander verbunden, obwohl der Norden Kanadas und die Marshall-Inseln mehr als 10 000 Kilometer voneinander entfernt sind. Das sind nur zwei Beispiele. Von der Konferenz in Paris hängt die Existenz ganzer Völker ab.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der LINKEN)
Für viele Menschen ist der Klimawandel bereits heute eine unmittelbare Bedrohung: in Afrika südlich der Sahara, in Südasien und an vielen anderen Orten. Trinkwasser wird knapp, Böden vertrocknen, und Wüsten breiten sich aus. Immer mehr Menschen verlieren ihre Heimat. Ein fortschreitender Klimawandel würde viele Verteilungskonflikte verschärfen und neue Verteilungskonflikte hervorrufen: Konflikte um Land, um Wasser, um Böden, um Nahrungsmittel.
Wenn die Erderwärmung um mehr als 2 Grad steigt, wird es gefährlich. In vielen Regionen setzt dies schon oberhalb von 1,5 Grad ein. Schaffen wir es nicht, den Temperaturanstieg zu begrenzen, werden wir den Kampf gegen Armut, Verzweiflung und Flucht verlieren. Wir alle haben die Pflicht, unseren Beitrag zu leisten, damit diesen Menschen eben nicht die Hoffnung genommen wird. Klimaschutzpolitik ist zugleich Entwicklungspolitik und Friedenspolitik.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe gesagt, dass die Konferenz unter guten Vorzeichen steht. Dennoch dürfen wir nicht so tun, als wäre das Ergebnis schon erreicht. Wir haben insgesamt 196 Vertragsparteien, zwischen denen sich Dynamiken ergeben können, die wir noch nicht genau absehen. Der EU kommt hier eine wichtige Bedeutung zu, als Vermittlerin und als Antreiberin, damit es nicht nur Kompromisse auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner gibt.
Gemeinsam mit meinen europäischen Kolleginnen und Kollegen wird das der Schwerpunkt meiner Arbeit in der kommenden Woche sein. Ich darf Ihnen sagen, dass Deutschland international als ein ehrlicher Makler wahrgenommen wird; eine Rolle, die wir nun auch gut ausfüllen wollen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Gerade die Länder des Südens werden unter den Folgen des Klimawandels leiden, selbst wenn wir den Temperaturanstieg auf 2 Grad begrenzen können. Gleichzeitig haben die allermeisten von ihnen historisch nur zu einem sehr geringen Teil zum Klimawandel beigetragen. Schon in Kopenhagen haben wir, die Industrieländer, uns dazu verpflichtet, ab dem Jahr 2020 jährlich 100 Milliarden US-Dollar an öffentlichen und privaten Investitionen für den Klimaschutz und die Anpassung an den Klimawandel zu mobilisieren. Das ist – ich habe das in Paris bereits betont – eine absolut notwendige Voraussetzung, um die Zustimmung aller Staaten zu bekommen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Ende 2014 standen wir bereits bei 62 Milliarden US-Dollar. Wir sind also auf einem guten Weg. Insgesamt muss die Klimafinanzierung eine der Säulen des neuen Abkommens sein. Wir wollen, dass sich der Geberkreis erweitert. Wir brauchen auch in dieser Hinsicht Fairness. Die Reicheren, Leistungsstärkeren müssen den Bedürftigeren helfen. Das ist die ganz einfache Formel, um die es geht.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)
Das bedeutet auch, dass wir uns von Einteilungen der Welt in Arm und Reich, wie sie etwa noch Anfang der 90er-Jahre bestanden hat, verabschieden müssen. Heute haben einige prosperierende Länder des Südens ein höheres Pro-Kopf-Einkommen als mancher EU-Mitgliedstaat. Diese müssen wir in die Solidarität einbinden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, effektiver Klimaschutz ist nur möglich, wenn möglichst viele Finanzströme in Richtung Klimaschutz und Klimaanpassung umgelenkt werden, und das hat bereits begonnen: Von der Rockefeller-Stiftung bis zum norwegischen Staatsfonds ziehen immer mehr Investoren ihr Geld aus fossilen Industrien ab und legen es stattdessen in erneuerbare Energien und nachhaltige Investitionen an. In der vergangenen Woche – Sie haben es alle wahrgenommen – hat die Allianz Versicherung eine entsprechende Ankündigung gemacht.
Es ist wichtig, diese Entwicklung zu unterstützen. Deshalb ist das Langfristziel so wichtig; denn damit geben wir der wirtschaftlichen Entwicklung eine Richtung und Investoren ein Signal.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Gestern habt ihr noch dagegengestimmt!)
Das ist übrigens ein gutes Beispiel dafür, dass viele auch etwas im Kampf gegen den Klimawandel tun können. Wenn die Allianz ihre Anlagestrategie ändert, dann können das andere Anleger auch:
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nur die Bundesregierung nicht!)
Stiftungen, Kirchen, Privatanleger oder Kommunen, wie es zum Beispiel die Stadt Münster gerade getan hat.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ein Großteil der bekannten Reserven an Kohle, Öl und Gas muss in der Erde bleiben, wenn der Klimawandel nicht aus dem Ruder laufen soll.
(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Auch in der Lausitz!)
Die Zeit ist reif für eine weltweite Energiewende. Es ist nicht zuletzt einer der Erfolge des deutschen Erneuerbare-Energien-Gesetzes, dass Strom aus erneuerbaren Energien marktfähig geworden ist. Wir haben gut daran getan, voranzugehen. Wir können heute günstigen Strom aus erneuerbaren Energien gewinnen. Das langfristige Ziel einer grünen Null, netto null Gramm Treibhausgasausstoß aus unseren Wirtschaftsprozessen, gibt die Richtung vor. Die Zukunft gehört den erneuerbaren Energien.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Haben Sie aber gestern niedergestimmt!)
Damit bin ich bei unseren Aufgaben in Deutschland. Der Klimawandel wird auch uns direkt betreffen. Seit 1880 hat sich die durchschnittliche Jahrestemperatur um 1,4 Grad erhöht. Die Zahl der heißen Tage mit über 30 Grad hat sich verdreifacht, mit vielen negativen Auswirkungen auf die Gesundheit, die Landwirtschaft und die Tier- und Pflanzenwelt. Wir haben es immer häufiger mit Stürmen, Starkregenereignissen und Überflutungen zu tun. Die Reparaturkosten, die ein ungebremster Klimawandel mit sich bringen würde, sind nachweislich höher als entschlossener Klimaschutz; weltweit betrachtet, aber auch in unserem eigenen Land.
(Ulli Nissen [SPD]: Und deshalb handeln wir!)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, heute ist für alle ein guter Anlass, sich selbst einmal gründlich zu hinterfragen. Ich treffe immer wieder Skeptiker, die das, was wir tun, für übertriebene Hysterie halten.
(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Übertrieben nicht!)
Dieser Haltung begegnet man zwar nicht gerade im Umfeld großer Klimakonferenzen, wohl aber im politischen Alltag, wenn es darum geht, Klimaschutz aktiv umzusetzen.
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sigmar bremst so richtig!)
Ich will am heutigen Tag eines sagen: Der Kampf gegen den Klimawandel ist eben keine Spaßveranstaltung. Er ist auch kein Hobby und kein sinnloses Zeug, sondern er ist ausgesprochen ernst.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Präsident Obama hat recht mit seiner Aussage, dass es absolut zynisch ist, zu sagen, man könne nichts gegen den globalen Klimawandel tun. Mit einem neuen Abkommen wollen wir denjenigen die Hand entgegenstrecken, deren Angst vor der Transformation größer ist als die Sorgen vor den Folgen des Klimawandels.
(Annalena Baerbock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Gabriel!)
Ihnen allen möchte ich heute zurufen: Kommen Sie mit, machen Sie mit!
(Annalena Baerbock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sigi!)
Wir stoppen gemeinsam den Klimawandel und geben so Millionen von Menschen die Chance auf ein besseres Leben.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Es gibt keinen Anlass, den Kopf in den Sand zu stecken. Die Bundesregierung ist die Erste, die klar sagt, wie wir unsere Klimaziele erreichen können. Mit dem Aktionsprogramm „Klimaschutz“ haben wir über 100 zusätzliche Maßnahmen auf den Weg gebracht. Wir haben Transparenz hergestellt, indem wir jedes Jahr einen Klimaschutzbericht vorlegen. Gerade gestern wurde erstmals über einen solchen Bericht debattiert.
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und Ihre Forderung ist von der Großen Koalition abgelehnt worden! Was sagen Sie dazu?)
Wir haben zudem die Zivilgesellschaft, die Wirtschaft sowie die Bürgerinnen und Bürger mit an den Tisch geholt. Im kommenden Jahr werde ich Ihnen den Klimaschutzplan 2050 vorstellen. Er wird Strategien aufzeigen, wie wir unser langfristiges Ziel erreichen können, bis zum Jahr 2050 bis zu 95 Prozent weniger CO2 auszustoßen; dazu haben wir uns verpflichtet. Das ist aller Anstrengungen wert.
Wenn ich sage, dass wir in unserem Land klare Signale geben müssen, wohin wir mit unserer Politik wollen, dann gilt das besonders für die Wirtschaft. Deutschland ist ein Vorreiter im Klimaschutz. Wir erleben gerade, wie uns immer mehr Länder folgen. Das ist auch eine direkte Folge der klugen Förderpolitik in unserem Land. 1,5 Millionen Menschen verdienen ihr Geld heute in dieser Branche. Der Weltmarktanteil nachhaltiger Produkte, Verfahren und Dienstleistungen made in Germany liegt bei fast 14 Prozent. Das sollte uns ermutigen, diesen Weg weiterzugehen. Klimaschutz schadet nicht der Wirtschaft. Klimaschutz schafft vielmehr Wohlstand und Arbeitsplätze. In Deutschland ist das Bruttoinlandsprodukt zwischen 1990 und 2014 um 39 Prozent gestiegen, während im selben Zeitraum die Emissionen um 27 Prozent gesunken sind. Wir haben also das Wirtschaftswachstum vom Energieverbrauch entkoppelt. Das ist echte Nachhaltigkeit. Richtig ist, dass sich unsere Wirtschaftsstruktur weiter verändern wird, übrigens auch die Mobilität. Diese Prozesse müssen wir klug organisieren.
Die Zeit der fossilen Energieträger, auch der Braunkohle, geht zu Ende.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Annalena Baerbock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wann denn?)
Das müssen wir den Menschen offen sagen, weil wir die Verantwortung für einen gut gesteuerten Strukturwandel tragen, im Sinne der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie der betroffenen Regionen.
Das Gleiche gilt für die Landwirtschaft. Es reicht nicht mehr, nur auf Masse zu produzieren. Dazu sind die Umwelt- und Klimafolgen der Landwirtschaft zu groß.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Auch hier ist ein Strukturwandel notwendig, hin zu mehr Umwelt- und Naturschutz und weniger Emissionen. Das überkommene System der Agrarsubventionen setzt hier bisher die völlig falschen Anreize. Es ist wirklich an der Zeit, das grundsätzlich zu ändern.
(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Macht doch!)
In dem Zug nach Paris am letzten Samstag habe ich zwei Schüler getroffen: die 16-jährige Amelie und den 15-jährigen Jonah. Gemeinsam mit vielen anderen Schülern haben die beiden eine Aktion gestartet. Sie haben Postkarten verteilt, auf denen man seine Wünsche für die Pariser Konferenz aufschreiben konnte. Über 3 000 Postkarten junger Menschen wurden mir überreicht. Der ganz überwiegende Teil hat sich von uns gewünscht, dass wir im Klimaschutz vorankommen. Die Frage, wie wir heute unsere Verantwortung wahrnehmen, stellt die Weichen für die Zukunft. Ich möchte, dass sich die Schülerinnen und Schüler mit der Postkartenaktion, aber auch die Schülerinnen und Schüler in Kanada oder die auf einer pazifischen Insel einmal an unsere Generation erinnern als eine, die den Mut hatte, umzusteuern, die den Mut hatte, die Ausbeutung unserer Lebensgrundlagen zu beenden, und die einen Weg gefunden hat, in Wohlstand und einer intakten Umwelt leben zu können.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
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Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 144 |
Tagesordnungspunkt | Regierungserklärung zur UN-Klimakonferenz in Paris |