Bärbel KoflerSPD - Regierungserklärung zur UN-Klimakonferenz in Paris
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Klimakonferenz in Paris reiht sich ein in eine Folge wichtiger internationaler Konferenzen im Jahr 2015. Im September haben wir die UN-Konferenz zu den Nachhaltigkeitszielen abgeschlossen, und zwar, wie ich denke, sehr erfolgreich abgeschlossen. Es gab bereits vorher eine wichtige Initiative, nämlich die UN-Konferenz zur Entwicklungsfinanzierung in Addis Abeba. Ich erwähne das an dieser Stelle, weil Entwicklungsfinanzierung mit Klimafinanzierung eng verbunden ist und beide zusammen betrachtet werden müssen.
Frau Ministerin, Sie haben es zu Recht ausgeführt: „Klimaschutzpolitik ist zugleich Entwicklungspolitik und Friedenspolitik.“ Ich möchte diesen Satz unterstreichen und bin dankbar dafür, dass dieser Gedanke von der Bundesregierung und von Ihnen persönlich in Paris vertreten wird.
(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Marie-Luise Dött [CDU/CSU])
Es ist an dieser Stelle viel über die nationalen Klimaziele und ‑pläne gesagt worden. Ich möchte auf zwei Aspekte besonders eingehen, einmal auf die Frage der Minderung des CO2-Ausstoßes und einmal auf die internationalen Zusammenhänge insbesondere in der Frage der Anpassung. Minderungsziele im eigenen Land sind richtig und wichtig. Wir wissen, dass inzwischen 184 Staaten – das wurde schon angesprochen – nationale Klimapläne aufgelegt haben. Wir wissen aber leider auch, dass das, was vorgelegt worden ist, noch nicht reichen wird, um das 2-Grad-Ziel zu erreichen, sondern dass wir uns dann auf einen Temperaturanstieg zwischen 2,6 und 2,8 Grad zubewegen.
Wir wissen auch, dass sich die ärmsten und verwundbarsten Länder vor einigen Monaten in Lima zu einer Initiative, V20, zusammengeschlossen haben. Dabei geht es darum, zumindest das Ziel zu erreichen, das ihnen helfen würde, nämlich die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen. Wir werden also, was die Minderung des CO2-Ausstoßes anbelangt, ein Mehr an Anstrengungen auch nach dieser Konferenz zu leisten haben. Dazu können wir hier in Deutschland einen Beitrag leisten; das ist von allen Vorrednern angesprochen worden.
Aber ich möchte den Blick auch auf internationale Zusammenhänge und die Beiträge lenken, die man leisten kann. Ich möchte ein Beispiel nennen. IRENA, die Internationale Agentur für erneuerbare Energien, hat einmal ausgerechnet, was allein auf dem afrikanischen Kontinent möglich wäre, wenn auf erneuerbare Energien umgestiegen würde. Die Agentur hat auch den nötigen Zuwachs an Energie errechnet, den diese Länder dringend brauchen, um ihre Entwicklungsmöglichkeiten zu stärken und Armutsbekämpfung voranzubringen.
IRENA prognostiziert für den gesamten afrikanischen Kontinent bis zum Jahr 2030, das Wirtschaftswachstum eingerechnet, immerhin einen Anteil erneuerbarer Energien von insgesamt 22 Prozent, und auf den Strombereich entfallend 50 Prozent. Ich finde, das sind beachtliche Zahlen. Sie sprechen von einem CO2-Ausstoß von 310 Megatonnen, den man an dieser Stelle einsparen könnte und die es lohnen, dass wir als internationale Gemeinschaft mehr tun, um in den Ländern Kapazitäten und Strukturen aufzubauen, damit dieser Umstieg auf erneuerbare Energien oder dieser Einstieg in erneuerbare Energien auch im Süden möglich ist.
(Beifall bei der SPD)
Ähnliches gilt selbstverständlich für den Bereich der Anpassungsmaßnahmen. Es wäre mir als Entwicklungspolitikerin eigentlich lieber, wir würden es schaffen, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, um viele Anpassungsmaßnahmen vielleicht nicht nötig werden zu lassen. Trotzdem weiß ich: Es ist bereits heute Tatsache, dass Menschen fliehen. Menschen verlassen ihre angestammten Regionen, Menschen können nicht mehr so produzieren, wie sie es getan haben, weil Böden versalzen und weil Wasser fehlt. Das ist von allen Vorrednern angesprochen worden. Das heißt, wir müssen in dem Bereich der Anpassung mehr tun.
Wir müssen auch das Thema der Klimafinanzierung verstärkt für diesen Bereich nutzen, denn es ist klar: Minderungsziele haben auch sehr viel mit Industrie, mit Industrie in Schwellenländern und in Industrieländern, zu tun. Das ist alles richtig und wichtig, aber die Anpassungsmaßnahmen zu finanzieren, ist leider eine etwas unattraktivere Geschichte in diesem gesamten Konzert. Deshalb glaube ich, wir müssen Finanzierungen für Anpassungsmaßnahmen zur Verfügung stellen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Marie-Luise Dött [CDU/CSU]: Es ist gut, dass Sie das ansprechen!)
Neben dem Green Climate Fund, der angesprochen worden ist und bei dem man sicher noch genau hinsehen muss, wie die Frage der Anpassung in diesem Fonds gelingen wird, leistet auch der UN-Anpassungsfonds, den es bereits gibt, einen Beitrag. Im Oktober dieses Jahres wurden dort 32 Projektanträge behandelt. Das zeigt, dass es hier ein steigendes Bewusstsein für die Notwendigkeit dieser Maßnahmen gibt. Dieser Fonds kriegt auch gute Noten, weil es darum geht, Kapazitäten in den Ländern des Südens aufzubauen und so den am meisten vom Klimawandel betroffenen Menschen und Gemeinden wirklich zu helfen. Ich wünsche mir sehr, dass gerade dieser multilaterale Fonds, der wirklich einiges leistet, vorangehen kann, finanziell besser ausgestattet wird und für die Zukunft auf eine sichere Finanzbasis gestellt wird.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)
Als Entwicklungspolitikerin sage ich noch einen letzten Satz generell zur Finanzierung. Ich habe am Anfang gesagt: Klima, Entwicklung und Frieden sind untrennbar miteinander verbunden. Das gilt sicher auch für Finanzierungsfragen. Einen Gedanken aber bitte ich, bei allem immer mit zu berücksichtigen: Es gibt klimarelevante Armutsfolgen, es gibt Verschränkungen der beiden Themenfelder, aber es gibt auch klassische Felder der Armutsbekämpfung und klassische Felder des Staatsaufbaus, für die die Entwicklungszusammenarbeit Gelder benötigt. Ich bitte daher darum, Klimafinanzierung mit Extramitteln auszustatten und nicht eins zu eins mit Entwicklungsgeldern zu verrechnen.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Vielen Dank, Bärbel Kofler. – Nächster Redner: Dr. Thomas Gebhart für die CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6249253 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 144 |
Tagesordnungspunkt | Regierungserklärung zur UN-Klimakonferenz in Paris |