Petra Pau - Einsetzung eines Untersuchungsausschusses
Frau Präsidentin! Hohes Haus! Es freut mich, dass wir heute bei diesem Antrag der Opposition feststellen können, dass die Opposition tatsächlich lernfähig ist.
(Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Was man von euch nicht sagen kann!)
Sie hat von Januar bis September immer gefordert, einen Sonderermittler einzusetzen, während wir Ihnen vernünftigerweise vorgegeben haben, einen Untersuchungsausschuss einzufordern.
(Dr. Thomas Gambke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum haben Sie es dann nicht beantragt? – Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hätten Sie es doch beantragt! Sie hätten doch nicht auf uns warten müssen! Sie hätten das Quorum schon erreicht!)
Jetzt fordern Sie ihn ein, und damit ist eigentlich endlich etwas erfüllt worden, das wir schon lange gefordert haben. Vielen herzlichen Dank, dass Sie so klug sind, unseren Rat anzunehmen. Ich hoffe, dass das ein gutes Beispiel für die Zukunft ist und dass Sie häufiger das tun, was wir Ihnen raten.
(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Thomas Gambke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie nennen sich doch Regierung! Dann müssen Sie nachlegen!)
Der Auftrag an den Untersuchungsausschuss ist mit einem sehr umfangreichen Fragenkatalog versehen. Es wird sicherlich nicht einfach sein, alle diese Fragen zu beantworten. Sie sind teilweise sehr allgemein gefasst und teilweise sehr detailliert. Aber letztendlich wird der ganze komplexe Sachverhalt, der von dem Kollegen schon beschrieben wurde, nicht vollumfänglich erfasst.
Man muss sich auch darüber im Klaren sein, dass diese Fälle komplexen Steuerbetrugs derzeit noch aufgeklärt werden, dass noch nicht alle Fakten vorliegen, dass verschleiert wurde und noch nicht alles vollständig klar ist.
(Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hat jetzt Herr Binding aber anders gesagt!)
Kürzlich akzeptierte die HVB eine Geldbuße von fast 10 Millionen Euro, da sie in den Jahren 2005 bis 2008 entsprechende Geschäfte über ihre britische Tochter abgewickelt hat. Die Strafe für die Bank war deswegen so gering, weil sie selber tatkräftig an der Aufklärung mitgearbeitet hat. Denn sonst wären diese komplizierten Sachverhalte nicht aufzuklären gewesen. Die Gesamtkosten einschließlich der Steuernachzahlung für die Bank beliefen sich angabegemäß auf insgesamt circa 250 Millionen Euro.
Die Aufklärung ist immer noch im Gange. Zahlreiche Steuerfahnder und Staatsanwälte ermitteln weiterhin und erhoffen sich, dass allein durch das Beispiel der HVB vielleicht auch andere Banken sich jetzt dazu durchringen, endlich den Sachverhalt aufzudecken, damit das gesamte Ausmaß des Betrugs deutlich wird.
Das Beispiel der HVB zeigt aber auch, wie unglaublich kompliziert dieser Sachverhalt ist. Es wird schwierig und langwierig sein, eine vollständige Aufklärung zu erreichen. Die ersten Hinweise auf diese Betrügereien kamen vom Bankenverband bereits im Jahr 2002. Allerdings waren sie nicht so konkret, dass sie zu entsprechenden Prüfungen geführt haben. Vor allem hatte man nicht die heutigen Erkenntnisse. Die Modelle waren außerdem mit größtmöglicher Verschleierung konstruiert. Damit ist eine Entdeckung sehr, sehr schwierig geworden. Ich bin sehr gespannt, ob es uns jetzt gelingen wird, in dem Untersuchungsausschuss Klarheit in die Sache zu bringen.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der Opposition, interessant finde ich Ihre Frage 3 im Antrag zur Einsetzung des Untersuchungsausschusses. Sie fragen danach, „welche Stellen und welche Personen auf der staatlichen Seite nicht rechtzeitig die notwendigen Maßnahmen ergriffen haben, um Cum-Ex-Geschäfte zu unterbinden, und damit für den entstandenen Schaden einerseits formal und andererseits tatsächlich mitverantwortlich sind“. Nun frage ich mich – und ich bin schon sehr gespannt darauf –, ob Sie dann im Ausschuss den früheren Bundeskanzler Schröder und den früheren Bundesfinanzminister Eichel als Zeugen benennen wollen. Denn letztendlich geht das Ganze auf das Gesetz zur Unternehmensteuerreform von 1999 zurück, das unter diesen Herren geschaffen wurde. Dadurch wurde die Lücke für Cum-Ex-Geschäfte erst geöffnet.
Oder werden Sie, wie vorhin der Kollege Hauer ganz richtig gefragt hat, Frau Christine Scheel als ehemalige Vorsitzende des Finanzausschusses im Untersuchungsausschuss befragen? Sie war von 1998 bis 2005 Vorsitzende des Finanzausschusses und hätte als solche auch reagieren können.
Sie können nicht das Ganze uns in die Schuhe schieben; ein bisschen davon müssen Sie auch in Ihren eigenen Schuhen suchen.
Der Fragenkatalog beinhaltet auch Fragen zur Reduzierung des gesamten entstandenen Schadens, zu Vorkehrungen zur Vermeidung ähnlicher Gestaltungen und dazu, ob Defizite in der Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern auf dem Gebiet des Vollzugs der Steuergesetze durch eine Gesetzesänderung oder sogar durch eine Änderung des Grundgesetzes behoben werden müssen. Das sind sehr umfangreiche Fragenkomplexe, die viel Fachkenntnis und Expertenwissen erforderlich machen. Ich bin gespannt, welche Antworten wir letztlich erhalten werden und ob und vor allem auch wann wir angesichts dieser komplexen Fragen mit einem befriedigenden Ergebnis des Untersuchungsausschusses rechnen können.
Wir werden im Untersuchungsausschuss konstruktiv mitarbeiten,
(Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das wird ja immer besser!)
und ich freue mich schon auf diese Arbeit.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Der Kollege Dr. Jens Zimmermann hat für die SPD-Fraktion das Wort.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6249856 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 144 |
Tagesordnungspunkt | Einsetzung eines Untersuchungsausschusses |