17.12.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 146 / Tagesordnungspunkt 4

Heinz RiesenhuberCDU/CSU - Technologische Leistungsfähigkeit Deutschlands

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Herr Präsident! Meine lieben Kollegen! Es ist in der Tat so, dass die Diskussion über den EFI-Bericht für die Forschungspolitiker ein Hochfest im Jahr ist. Herr Röspel hat darauf hingewiesen, dass dabei durchaus viele große und wichtige Bereiche mit einem herzlichen Lob bedacht werden. Er hat aber auch darauf hingewiesen, dass der interessantere Teil der Diskussion sich um die Frage dreht: Wo gibt es noch Anregungen, Kritik, Bedenken, Hoffnungen, Meinungen, Beschwerden, Vorwürfe oder ähnliche grundsätzliche Dinge?

Das heißt, wir sprechen jetzt nicht mehr über all die glanzvollen Erfolge. Wir sprechen nicht über die gewaltige Steigerung des Forschungshaushalts des Bundes. Seit 2005 sind es über 65 Prozent, und die Wirtschaft hat mitgezogen, und sie war auf den Weltmärkten erfolgreich. Unsere Wirtschaft liefert etwa 12 Prozent – wahrscheinlich inzwischen etwas mehr – der forschungsintensiven Produkte auf den Weltmärkten. Das heißt, die Strategie ist richtig.

Wir sprechen jetzt nicht darüber, dass die Grundlagenforschung stetig und solide finanziert wird, dass sie damit die Freiheit hat, ihre Arbeit aus der eigenen Kreativität heraus zu gestalten. Wir sprechen nicht über die Grundgesetzänderungen im Hochschulbereich und die Chancen, die daraus entstanden sind. Wir sprechen nicht darüber, dass wir bei den Forschungsausgaben bei nahezu 3 Prozent des BIP liegen, na, vielleicht sprechen wir ja doch darüber.

Aber zwei, drei Punkte sind hier immer wieder angesprochen worden. Ich finde folgende Frage sehr interessant: Warum sind die Innovationsaufwendungen der mittelständischen Unternehmen nicht entsprechend den wachsenden Umsätzen gestiegen? Sie lagen einmal bei 2,7 Prozent der Umsätze. Sie sind jetzt im Durchschnitt gesunken auf 1,6 Prozent. EFI ist bis jetzt noch ratlos. Wenn kluge Leute ratlos sind, soll man nicht entscheiden. Dann soll man erst einmal denken, bevor man tut, was man soll; denn man sollte wissen, was man tut, bevor man beginnt.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Das muss ich noch mal nachlesen! Das habe ich nicht verstanden!)

Insofern warten wir voller Neugier auf den nächsten EFI-Bericht; denn EFI hat uns versprochen – das sind ja die Experten, die sich in Freiheit ihre Themen wählen –, dass sie sagt, was die Gründe dafür sind, dass kleine und mittlere Unternehmen – KMU – weniger in Forschung investieren, und vielleicht auch, was die Abhilfen sind. Da mag man jetzt nach unterschiedlichen Zeiten differenzieren, da mag man nach Zahlen differenzieren – gelegentlich forschen 20 000 KMU, regelmäßig forschen über 30 000 KMU –, aber wenn wir sehen, dass unser größtes Programm, das ZIM, mit über 500 Millionen Euro pro Jahr von 1,4 Milliarden Euro für mittelständische Forschung allenfalls 4 000 Unternehmen pro Jahr erreicht, sind das bezogen auf die 30 000 noch keine qualifizierte Mehrheit.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wir wollen die Breite haben. Ich freue mich sehr über die leidenschaftliche Unterstützung der Grünen und auch der SPD. Ich erinnere mich an die letzte Diskussion hier im Plenum, in der Frau Wicklein über die steuerliche Forschungsförderung gesprochen hat. Ich freue mich über die leidenschaftliche Unterstützung für ein Instrument, das alle forschenden Unternehmen erreicht, das in die Breite geht und das unbürokratisch ist. Ich weiß schon, dass wir es in dieser Legislaturperiode nicht hinbekommen;

(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wieder nicht!)

denn in der zweiten Hälfte der Legislaturperiode arbeiten alle Parteien an ihrem Wahlprogramm. Da kommen die Erleuchtungen. Ich habe zwar eine Vorstellung, wie in der nächsten Legislaturperiode die Koalition bzw. die Regierung aussehen wird,

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zurufe von der SPD: Ah!)

aber vielleicht bekommen wir Koalitionen, auf die wir uns noch nicht eingestellt haben. Wenn Sie alle die steuerliche Forschungsförderung jetzt majestätisch in Ihre Programme schreiben, dann bekommen wir eine Voraussetzung dafür, dass sich die Wirklichkeit ändert, dass wir in die Breite gehen mit einem fröhlichen Unternehmungsgeist, den die Wirtschaft aufnimmt. Etwas anderes kann nicht sein.

(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben es doch ständig in Ihre Programme geschrieben!)

Die Forschungsförderprogramme, die wir haben, sind prima. Sie sind gezielt. Sie sind zum großen Teil technik­offen. Sie sind ordentlich. Aber manche Mittelständler sind bei der Eroberung der Märkte und bei Innovationen halt besser als bei der Stellung von Anträgen. Auch diese Menschen brauchen wir für die Forschung; denn die Hälfte der Hidden Champions auf dem Weltmarkt sind deutsche Mittelständler.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann machen Sie doch!)

Da gibt es einen Einwand, den ich wohl kenne. Er lautet: Das kostet zu viel. – Freunde, das EFI-Gutachten sagt: 3,5 Prozent sollten wir von unserem BIP in 2020 für die Forschung ausgeben. – Herr Kaufmann sagt als aufstrebender Forschungspolitiker ebenfalls: 3,5 Prozent. – Auch die Fratzscher-Kommission sagt: 3,5 Prozent .

(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Grünen!)

Herr Gabriel, der immer wieder mit besonderer Dynamik in neue Zukünfte aufbricht,

(Heiterkeit bei Abgeordneten im ganzen Hause – Albert Rupprecht [CDU/CSU]: Ein ernstzunehmender Politiker!)

hat gesagt, wir sollten in 2025 über 4,5 Prozent haben, also so viel, wie Südkorea schon jetzt hat.

Freunde, lassen Sie uns hohe Ziele setzen. Als wir angefangen haben, die Mittel des Forschungshaushalts zu steigern, sagten uns die klugen Leute: Dann wird es mehr Staatsfinanzierung geben, weil die Wirtschaft nicht mitzieht. – Sie ist mitgezogen. Die großen Unternehmen haben ihre Innovationsausgaben ständig gesteigert: von 3 Prozent ihrer Umsätze im Jahr 1985 auf 4,5 Prozent ihrer Umsätze im Jahr 2013. Wenn wir hier auch bei den Mittelständlern einsteigen und vorangehen, dann bekommen wir das auch hin. Frau Wanka, ich bin mit Ihrer Aussage uneingeschränkt einverstanden: Das gelingt nur, wenn es in eine solide Gesamtstrategie eingebettet ist – eine der Stärken dieser vorzüglichen Koalition, die wir alle bewundern.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Lachen bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Also, Humor haben Sie!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir hatten einen CDU-Parteitag, wie vielleicht einige von Ihnen wissen. Wolfgang Schäuble hat gesagt: Es ist wichtig, dass Deutschland bei der Forschung an der Spitze liegt. – Freunde, wir folgen unserem Finanzminister mit Begeisterung und in dem Vertrauen, dass wir es gemeinsam mit ihm in eine gute Zukunft schaffen.

(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Und finanziert kriegen!)

Es ist hier angekündigt worden, dass wir in die Weihnachtspause gehen.

(Dr. Simone Raatz [SPD]: Ja!)

Das ist die Zeit zum Denken. Manchmal ist es wichtig, zu denken; ich habe bescheiden darauf hingewiesen. So wünsche ich ein gedankenreiches Weihnachtsfest, und dass wir mit dem Entschluss zum Handeln in ein neues Jahr aufbrechen. Das ist mein Wunsch für dieses großartige Parlament in seiner Vielfalt, mit seinen führenden Ideen, mit seiner Prägekraft für Wissenschaft und Wirtschaft und vor allem mit seiner Begeisterung für das Neue, das wir zu schaffen helfen. Das wird das sein, was Deutschland in eine gute Zukunft führt.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und der Abg. Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Herr Kollege Riesenhuber, mindestens die beschwörend guten Worte zum Weihnachtsfest dürfen als per Akklamation angenommen gelten.

(Heiterkeit)

Und nun hat die Kollegin Saskia Esken für die SPD-Fraktion das Wort.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6302974
Wahlperiode 18
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Tagesordnungspunkt Technologische Leistungsfähigkeit Deutschlands
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