Philipp LengsfeldCDU/CSU - Technologische Leistungsfähigkeit Deutschlands
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ein Teil der Debatte war mir ein bisschen zu negativ; denn insgesamt steht Deutschland als Forschungsland sehr gut da.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)
Das bestätigt uns die EFI-Analyse ausdrücklich, und das hat viel mit der Politik der Bundesregierung zu tun, die seit nunmehr zehn Jahren einen klaren Schwerpunkt auf Forschung und Innovation setzt. Dafür mein ausdrücklicher Dank!
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Als Unionspolitiker möchte ich heute hier in dieser Bildungsdebatte – das ist ja nicht immer so – auch Positives über die Bundesländer sagen; denn auch auf Länderebene setzt sich das gute Bild fort. Ich empfinde es jedenfalls so. Nicht nur in den traditionell industriestarken südlichen Bundesländern, sondern zum Beispiel auch in meinem Land, hier in Berlin, haben wir starke Daten. Bei der Hauptkennzahl, dem Anteil der Ausgaben für Forschung und Entwicklung am Bruttoinlandsprodukt von 3,5 Prozent, liegt Berlin direkt hinter Baden-Württemberg auf Platz zwei. Damit haben wir das 3‑Prozent- oder sogar das 3,5‑Prozent-Ziel im Rahmen der Strategie Europa 2020 schon erreicht. Der föderale Wettbewerb stärkt das System; denn exzellente Forschung und Innovation sind nicht nur gute Wirtschaftsförderung, sondern sehr oft auch gute PR. Darauf achten die Länder natürlich ganz besonders stark. Deshalb trage ich heute in dieser Debatte den Schlips des Naturkundemuseums Berlin und des Instituts der Leibniz-Gemeinschaft,
(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir haben uns schon gefragt, was das ist!)
wo gestern die Präsentation des sensationellen T-Rex „Tristan Otto“, eines Forschungsobjektes, eröffnet wurde.
Deutschland steht gut da. Trotzdem müssen wir unser Forschungsportfolio ständig überprüfen; da bin ich ganz bei den Grünen. Ich ziehe aber andere Schlussfolgerungen; denn für mich ist eine exzellente Plasmaphysik natürlich Teil unseres Forschungsportfolios. Wir haben tolle Nachrichten von unserem Großexperiment Wendelstein 7‑X bekommen, einem Gemeinschaftsprojekt von Max-Planck-Institut und Helmholtz-Gemeinschaft.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Liebe grüne Innovationsskeptiker, Plasmaphysik ist ja nicht nur Fusionsenergie. Plasmaphysik ist mehr als Fusionsenergie. Wichtig ist nicht, lieber Herr Gehring, dass man anders forscht; das kann auch gut sein. Wichtig ist, dass man wirklich Weltspitze ist, und das ist der Wendelstein 7‑X ohne jede Frage.
(Beifall bei der CDU/CSU – Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: 100 Prozent Erneuerbare wäre schon was!)
Um arbiträr ein weiteres Beispiel zu nennen: Eine exzellente Astronomie gehört für mich auch dazu, insbesondere wenn sie fachübergreifend das Thema Big Data beinhaltet.
(Michael Schlecht [DIE LINKE]: Astrologie?)
– Astronomie.
(Michael Schlecht [DIE LINKE]: Astrologie auch?)
– Sie wissen wahrscheinlich gar nicht, von welchem Projekt ich rede. Kümmern Sie sich mal ein bisschen um die Forschungslandschaft in diesem Land; dann wüssten Sie das.
(Beifall des Abg. Sven Volmering [CDU/CSU])
Stichwort „fächerübergreifend“ und Stichwort „gutes Portfolio“: Es liegt in der Natur der Sache, dass sich Abgeordnete mit manchen ausgewählten Projekten intensiver beschäftigen. Man kann aber am konkreten Beispiel einiges lernen. Ich habe mich in den letzten zwei Jahren sehr intensiv mit dem Projekt „Virtuelle Rekonstruktion“ des Fraunhofer IPK hier in Berlin beschäftigt, eine echte Weltinnovation; ein Projekt, das seinen Ursprung in der Erinnerungsarbeit, der Rekonstruktion handzerrissener Akten des Ministeriums für Staatssicherheit hat, welches aber in seiner Qualität und Bedeutung mittlerweile weit über den Ursprungsauftrag hinausragt. Das ist übrigens auch ein Zeichen einer echten Innovation. Leider ist nach erfolgreichem Proof of Concept die zweite Projektphase nicht vollständig ausfinanziert; ein Fehler, den wir in Deutschland übrigens häufiger machen. Wir machen den ersten Schritt. Dann gehen wir leider nicht weiter und fahren auch nicht den Erfolg ein. Ich sage aber ganz deutlich, dass wir, die Unterstützer dieses wichtigen und hochinteressanten Projekts, weiterhin für eine Fortführung kämpfen werden. Ich bin optimistisch, dass wir eine Lösung finden.
Dies ist letztendlich auch eine übergreifende Forschungserkenntnis: Echte Innovationen kommen nicht von selber oder werden einfach mal so in Auftrag gegeben, sondern müssen oft gegen hartnäckige Widerstände oder Desinteresse durchgesetzt werden. Die Geschichte unseres Nobelpreisträger Stefan Hell ist ja hier sehr eindrücklich. Dies sollten wir in Deutschland – Stichwort „Forschungsfreiheit“ – nie vergessen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Lassen Sie mich ein Wort zum internationalen Wettbewerb sagen; denn die Konkurrenz – das klang heute schon an – schläft nicht. Wir dürfen uns nicht auf Erfolgen ausruhen. Schauen wir also auf den für die Forschung überragend wichtigen Indikator, nämlich die Fachpublikationen, die im EFI-Gutachten ausführlich beschrieben sind. Hier ist zunächst festzustellen, dass bei den Fachpublikationen der deutsche Anteil im Zeitraum 2003 bis 2013 weltweit gesunken ist. So bedauerlich dies ist, so nachvollziehbar ist aber dieser Trend angesichts massiver Bemühungen aus China, aber auch Brasilien, Indien und anderen aufstrebenden Ländern, ihre eigene Sichtbarkeit in der Fachwelt zu erhöhen. Aber sehr erfreulich ist ein anderer Wert: Die Qualität der deutschen Publikationen, gemessen am Indikator „internationale Akzeptanz“, hat nämlich im ähnlichen Zeitraum deutlich zugenommen und ist aus dem negativen in den positiven Bereich gerückt. Ein sehr wichtiges Signal; das finde ich sehr gut.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. René Röspel [SPD])
In dem EFI-Gutachten wird aber bei Fachpublikationen – das gehört zur Ehrlichkeit dazu – trotzdem von einem insgesamt gemischten Bild gesprochen, da sich ein weiterer Qualitätsindex, die zeitschriftenspezifische Beachtung, etwas verschlechtert hat. Wir sehen also, dass wir es mit komplexen Vorgängen zu tun haben, wo es nicht immer die eine einfache Antwort gibt, liebe Grüne. Gerade wegen dieser Vielschichtigkeit der Bewertung langfristiger Trends finde ich solche detaillierten Gutachten wie das EFI-Gutachten so wichtig, damit wir unseren Kurs permanent überprüfen und verbessern können.
Zum Abschluss möchte ich mit Blick auf Deutschland eine Zahl wiederholen; denn das ist mir ein bisschen zu locker-flockig erledigt worden: Seit 2005 sind die Investitionen des Bundes in Forschung und Entwicklung um fast 6 Milliarden Euro gestiegen.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Das ist ein Zuwachs um 65 Prozent, und das ist mehr als beachtlich. Das war richtig und wichtig, und diesen Weg müssen wir weitergehen. Die internationalen Vergleiche zeigen aber auch, dass andere Länder nicht nachstehen.
Es geht nicht nur um Geld – das klang heute auch an –, sondern es geht auch um gesellschaftliche Wertschätzung. Die Union als die Forschungspartei Deutschlands hat wichtige und notwendige Weichenstellungen vorgenommen.
(Rainer Spiering [SPD]: Habe ich da was falsch verstanden? – Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist die Selbstbeweihräucherung!)
Für den Erhalt und die Stärkung unserer Innovationskraft und unseres Wohlstands müssen wir diesen Trend aber gemeinsam auch in den kommenden Jahren fortsetzen. Dafür werbe ich.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Rainer Spiering ist für die SPD-Fraktion der letzte Redner in der Diskussion zu diesem Tagesordnungspunkt.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6303036 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 146 |
Tagesordnungspunkt | Technologische Leistungsfähigkeit Deutschlands |