17.12.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 146 / Tagesordnungspunkt 5

Jürgen HardtCDU/CSU - Bundeswehreinsatz in Afghanistan (Resolute Support)

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir werden heute zum 15. Mal seit dem 22. September 2001 im Deutschen Bundestag über den Einsatz deutscher Soldaten in Afghanistan abstimmen.

(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Bravo!)

Die Bundesregierung bittet um die Verlängerung des RSM-Mandats. Die CDU/CSU-Fraktion wird dem zustimmen. Das Mandat hat im Wesentlichen den gleichen Auftrag wie das Mandat für 2015. Eigentlich war vorgesehen, dass wir uns Ende 2015 aus der Fläche in Afghanistan zurückziehen, aus Masar-i-Scharif weggehen und uns auf die sogenannte Nabe konzentrieren, auf die Hauptstadt Kabul. Es ist klug und richtig, dass wir nun von diesem Zeitplan abweichen. Ich möchte auch an die Adresse von Frau Brugger sagen: Wir haben im letzten Jahr in allen Reden gesagt, dass wir das so planen, dass wir das aber nur dann machen, wenn es die Lage erlaubt. Wir haben diesen Vorbehalt immer gemacht. Wir haben damals gehofft, dass es möglich sein könnte. Aber Sie wissen alle, was dazu geführt hat, dass wir der Meinung sind, dass das Mandat in der Fläche in Masar-i-Scharif bleiben sollte und dass es um einige Soldaten aufgestockt wird, insbesondere weil wir uns im Bereich der Fernmeldetätigkeit entsprechend besser aufstellen.

Nach 14 Jahren Afghanistan liegt die Frage auf dem Tisch: Was hat uns der Einsatz gebracht?

(Christine Buchholz [DIE LINKE]: Gute Frage!)

Einig sind wir uns alle, dass die hochgesteckten Ziele und Erwartungen, die mit dem Afghanistan-Einsatz 2001 verbunden waren, nicht erfüllt sind;

(Beifall des Abg. Dr. Dietmar Bartsch [DIE LINKE])

denn niemand hätte gedacht, dass wir dort 14 Jahre im Einsatz bleiben müssen.

(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Ich habe es euch gesagt!)

Andererseits war der Einsatz in vielen Punkten auch ein Erfolg. Die Kollegin Brugger von den Grünen hat einige dieser Erfolge schon erwähnt, deswegen möchte ich das nicht wiederholen.

Ich möchte einen Punkt herausgreifen. Viele Hunderttausend Afghanen haben in der Hochzeit des Terrorismus in Afghanistan das Land verlassen, sind in Nachbarländer geflohen. Viele Hunderttausend Afghanen sind in den letzten Jahren angesichts der Verbesserung der Sicherheitslage in ihr Land zurückgekehrt. Es ist ein großer Erfolg auch des Engagements zunächst im Rahmen des ISAF-Einsatzes und jetzt des RSM-Einsatzes, dass es gelungen ist, zu verhindern, dass die Menschen dauerhaft im Ausland leben müssen, und dass sie in ihre Heimat zurückkommen können. Ich glaube, das ist auch das große Ziel dessen, was wir jetzt machen.

Mit Blick auf die Herausforderungen hat das Jahr 2015 gezeigt, dass die Taliban, möglicherweise auch mit dem kommunikativen Rückenwind, dass andere terroristische Gruppen wie der IS in der Welt erfolgreicher sind, als es die Taliban heutzutage sind, symbolische Angriffe auf Kunduz, aber auch in Kabul unternehmen. Es hat sich gezeigt, dass die afghanischen Streitkräfte und die afghanische Polizei noch nicht in der Lage waren, angemessen auf diese Dinge zu reagieren, dass es dort Schwächen in der Führung und Schwächen in der Umsetzung der Operationen gibt, dass es Leichtfertigkeiten und Fehleinschätzungen gibt. Hier muss die afghanische Regierung dringend für Abhilfe sorgen.

Insbesondere glaube ich, dass die Bürger Afghanistans nach ihrem großen, starken Votum für den neuen Präsidenten, für die neue Regierung erwartet haben, dass die politischen Kräfte, die dort an die Macht gewählt worden sind, schneller zueinandergefunden hätten, schneller zu einer guten und arbeitsfähigen Regierung gefunden hätten. Dies alles haben wir im Übrigen beim Besuch des afghanischen Präsidenten vorletzte Woche hier in Deutschland und beim Besuch des Außenministers angesprochen; die Obleute des Auswärtigen Ausschusses haben die Gelegenheit gehabt, mit ihm zu sprechen.

Die Situation in Afghanistan ist nach wie vor nicht so, dass wir auf den Einsatz verzichten können. Allerdings muss man auch feststellen, dass in Afghanistan an vielen Orten Lebensmöglichkeiten und Lebensperspektiven vorhanden sind, die es erlauben, dass Afghanen, die keine individuellen Gründe für Asyl in Deutschland und Europa haben, in ihre Heimat zurückkehren können. Ich begrüße, dass die Innenminister der Länder von wenigen Tagen entschieden haben, dass die Entscheidung, generell niemanden nach Afghanistan zurückzuführen, zugunsten einer individuellen Prüfung aufgehoben wird. Ich erwarte von der afghanischen Regierung, dass sie ihrer völkerrechtlichen Verpflichtung, afghanische Staatsbürger aufzunehmen, auch nachkommt. Die deutsche Bundesregierung hat bei der afghanischen Regierung entsprechend interveniert. Jetzt kommt es darauf an, dass ganz konkret einzelne Bundesländer diesen Weg gehen. Das halte ich für eine logische Konsequenz unserer Anstrengungen in Afghanistan und ein gewünschtes Ergebnis unseres Einsatzes dort.

Zum Schluss meiner Rede möchte ich es nicht versäumen, im Namen der CDU/CSU-Fraktion den 3 200 Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr, die den Weihnachtsabend nicht zu Hause verbringen können, sondern im Einsatzgebiet verbringen müssen, für ihren Einsatz herzlich zu danken, ihnen ein gesegnetes Weihnachtsfest zu wünschen und eine glückliche Heimkehr zu ihren Familien in Deutschland.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Vielen Dank.

Nächster Redner ist Lars Klingbeil, SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6303138
Wahlperiode 18
Sitzung 146
Tagesordnungspunkt Bundeswehreinsatz in Afghanistan (Resolute Support)
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