Lars KlingbeilSPD - Bundeswehreinsatz in Afghanistan (Resolute Support)
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kollege Annen hatte es vorhin gesagt: Das ist keine Diskussion und keine Entscheidung, die wir uns heute hier im Parlament gewünscht haben. Wir alle hatten gehofft, dass der Weg in Afghanistan ein anderer ist und dass wir heute im Deutschen Bundestag nicht erneut über eine Verlängerung des Mandates entscheiden müssen.
Wenn wir uns die afghanische Geschichte anschauen, dann sehen wir, dass sie von Höhen und von Tiefen geprägt ist. Wenn wir uns an die Anschläge von 9/11 zurückerinnern – manche waren damals schon im Parlament –, dann ist festzustellen: Wir alle hätten damals nicht gedacht, dass der Einsatz, dass das Engagement in Afghanistan so viel Kraft und auch Kopfzerbrechen kosten wird. Ich glaube, wir alle haben auf dieser Strecke viel gelernt, auch für zukünftige Einsätze der Bundeswehr und für die Fragen internationaler Politik.
Ich sage Ihnen aber: Bei aller Kritik und bei allem, was wir verbessern wollen, bleibt es richtig, dass wir diejenigen in Afghanistan, die an einem friedlichen Aufbau des Landes interessiert sind, nicht im Stich lassen. Deswegen ist es richtig, dass wir heute hier im Parlament der Mandatsverlängerung mit großer Mehrheit zustimmen werden.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Es ist richtig, dass wir über die Verlängerung des Mandats nicht glücklich sind, aber wir sehen aufgrund der Prozesse in Afghanistan eine Notwendigkeit darin. Es ist auch richtig, dass wir flexibel reagieren. Wir stellen heute fest, dass es in Afghanistan noch viel zu tun gibt.
Am 1. Januar 2015 haben die Afghanen selbst die Verantwortung für die Sicherheit in ihrem Land übernommen. Angesichts der Zahl der afghanischen Sicherheitskräfte – es sind knapp 350 000, davon 150 000 Polizistinnen und Polizisten und 200 000 Soldaten – können wir heute feststellen, dass sie in der Lage sind, selbst an vielen Stellen in Afghanistan für Sicherheit zu sorgen.
Wir sehen, dass Wahlen stattgefunden haben, dass Großveranstaltungen stattfinden können. Es gibt viele Regionen in Afghanistan, in denen es Stabilität gibt. Aber gerade in den letzten Monaten sehen wir eben auch, dass es Rückschläge hinsichtlich der Stabilität und der Sicherheit im Land gibt. Der Anschlag auf den Flughafen in Kandahar und der Fall von Kunduz seien als aktuelle Beispiele genannt. Wir dürfen das an dieser Stelle nicht schönreden.
Aber was ist die Konsequenz, die wir daraus ziehen, wenn wir sehen, dass in Afghanistan nicht alles so läuft, wie wir uns das erhofft haben? Die Linken sagen: „Raus aus Afghanistan“, aber ich glaube, liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist der falsche Weg. Wir müssen uns fragen: Wie können wir das Mandat anpassen? Wie können wir unseren Freunden in Afghanistan helfen? Deswegen ist es richtig, dass wir das Mandat heute um ein Jahr verlängern.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Wir müssen die afghanischen Sicherheitskräfte in ihrer Ausbildung stärken. Wir sehen an vielen Stellen, dass es gut funktioniert. Aber die Präsenz in der Fläche und auch viele taktische und strategische Fähigkeiten sind bei den afghanischen Sicherheitskräften nicht vorhanden. Deswegen muss es dort zu einem Mehr an Ausbildung kommen.
Wir werden das Mandat heute um ein Jahr bis zum Ende des Jahres 2016 verlängern. Die Mandatsobergrenze wird moderat auf 980 Soldatinnen und Soldaten erhöht. Der Schwerpunkt dieses Mandates liegt – ich will es noch einmal wiederholen, damit nichts Falsches im Raum steht – in der Ausbildung, Beratung und Unterstützung der afghanischen Sicherheitskräfte. Zudem werden wir auch NATO-Personal und zivile Helfer sichern. Auch der Verwundetenlufttransport ist im Mandat enthalten. Niemand hier im Raum kann, glaube ich, etwas dagegen haben, wenn wir in Afghanistan Verwundeten und Menschen, die bedroht werden, helfen.
Der NATO-Einsatz insgesamt umfasst 12 000 Soldatinnen und Soldaten. Wir sind mit 14 Partnernationen vor Ort. Es ist also kein nationaler Alleingang. Das Ganze – auch das will ich noch einmal betonen – erfolgt auf Wunsch der afghanischen Regierung.
Es ist mir wichtig, zu betonen: Wir verfolgen dort keine militärische Strategie. In der Diskussion entsteht manchmal der Eindruck, wir würden uns auf dem Militärischen ausruhen. Nein, wir sehen, dass hier eine Gesamtstrategie verfolgt wird. Allein im kommenden Jahr werden 400 Millionen Euro in den Wiederaufbau, in die Stabilisierung und in die Entwicklungshilfe fließen. Wir sehen, dass der Außenminister und das Auswärtige Amt viel Energie in politische Prozesse, in Prozesse der Regierungsführung steckt. Hier ein großer Dank an die Bundesregierung dafür, dass sie sagt: Wir verfolgen eine Gesamtstrategie in Afghanistan und wollen das Land so zum Erfolg führen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Am Ende will ich noch sagen: Es gibt auch deutliche Erwartungen an die afghanische Regierung. Die Verteidigungsministerin hat es angesprochen: Wir wollen dort mehr Reformprozess, wir wollen dort mehr Bekämpfung der Korruption. Das sind unsere Erwartungen an die afghanische Regierung.
Ganz am Ende möchte ich meine Rede nutzen, um denjenigen, die in Afghanistan, aber auch in anderen Auslandseinsätzen sind – egal ob als Entwicklungshelfer, als Zivilbeschäftigte bei der Bundeswehr oder als Soldatinnen und Soldaten –, im Namen der SPD-Fraktion und, ich hoffe, auch im Namen des ganzen Parlamentes Danke zu sagen, ihnen alles Gute zu wünschen. Es ist schwierig, in der Weihnachtszeit nicht bei der Familie zu sein. Unsere Gedanken sind bei denen, die ihren Dienst für Deutschland im Ausland leisten. Ihnen alles Gute. Wir hoffen auf eine gesunde und glückliche Rückkehr nach Deutschland.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Vielen Dank. – Liebe Kolleginnen und Kollegen, bevor ich jetzt dem letzten Redner in der Debatte das Wort gebe, bitte ich Sie alle noch einmal, das Abholen der Stimmkarten so geräuscharm wie möglich zu gestalten, damit auch der letzte Redner genügend Aufmerksamkeit hat, und das ist jetzt der Kollege Florian Hahn, CDU/CSU-Fraktion. – Bitte schön.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6303147 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 146 |
Tagesordnungspunkt | Bundeswehreinsatz in Afghanistan (Resolute Support) |