17.12.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 146 / Tagesordnungspunkt 6

Matthias IlgenSPD - Bundeswehreinsatz Mittelmeer (OAE)

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Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben heute über die Verlängerung des Mandates für die Operation Active Endeavour zu entscheiden, eines Einsatzes, der unter Rot-Grün vor nunmehr 13 Jahren unter dem Eindruck der Anschläge des 11. September seinen Ursprung genommen hat. Entgegen der gewohnten Praxis geht es heute jedoch nicht um ein Mandat für ein volles Jahr. Konkret beschließen wir heute eine Mandatsverlängerung für lediglich sechs Monate. Die berechtigte Frage lautet: Weshalb nur für ein halbes Jahr?

Als es im letzten Dezember darum ging, dem Einsatz für ein weiteres Jahr das Mandat zu erteilen, hat es mein Kollege Herr Brunner bereits angesprochen: Die Anschläge vom 11. September waren seinerzeit Anlass, diesen Einsatz zu beginnen, doch können sie nicht auf ewig als Begründung für diese Operation gelten, zumal die Situation, die zu der ursprünglichen Ausrichtung des Einsatzes führte, mit der heutigen Situation nicht mehr viel gemein hat.

Die Bedrohung durch den im Mittelmeer vorhandenen maritimen Terrorismus wird als abstrakt bewertet, nicht zuletzt gerade deshalb, weil die Mission einen präventiven Charakter hat. Mittlerweile beschränkt sich die Operation Active Endeavour größtenteils auf das Element Luftraumüberwachung. Deshalb sollte aber niemand den Fehler begehen, zu denken, man könne diese Mission einfach mir nichts, dir nichts beenden. Es wäre ein gefährlicher Trugschluss, sich nur deshalb in Sicherheit zu wiegen, weil von einer abstrakten Bedrohungslage die Rede ist. Dafür, wie schnell aus einer solchen Lage dennoch sehr schnell eine konkrete Situation entstehen kann, gibt es in der jüngsten Vergangenheit allzu viele traurige Beispiele.

Nach wie vor liefert die Operation Active Endeavour in vielerlei Hinsicht einen vielseitigen Beitrag zur maritimen Sicherheit im Mittelmeerraum. Zum einen besteht durch die dortige Überwachung ein präventives Element, welches durch Abschreckung mögliche Aktionen unterbindet, zum anderen haben wir in dieser Operation ein Forum für Kooperation mit den anderen Mittelmeeranrainerstaaten, und das trägt zur gegenseitigen Vertrauensbildung erheblich bei.

Was wir Sozialdemokraten schon seit längerem gesagt haben, konnte dieses Jahr nicht zuletzt dank der Bemühungen des Außenministers Frank-Walter Steinmeier erreicht werden. Anfang Juli dieses Jahres hat man sich auf NATO-Ebene darauf verständigt, die Operation Active Endeavour von Artikel 5 des NATO-Vertrages loszulösen, auf dem NATO-Gipfel in Warschau im kommenden Juli weiterzuentwickeln und auf neue Füße zu stellen. Auch damit betritt die NATO ein Stück Neuland. Erstmals wird damit eine Mission von Artikel 5 wieder abgekoppelt und der Bündnisfall somit in Teilen aufgehoben.

(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Wollen wir einmal sehen!)

Verzichten können wir auf dieses sicherheits- und ordnungsschaffende Element jedoch nicht – insbesondere nicht in Zeiten, in denen die Bedrohungsszenarien im Mittelmeer durch die organisierte Kriminalität vielschichtiger geworden sind und werden.

(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Das ist der wohlmeinende Sozialdemokrat!)

Fest steht: Der Wert dieses Einsatzes ist ungebrochen, auch wenn sich die Rahmenbedingungen, unter denen er einst ins Leben gerufen wurde, geändert haben. Diesem Umstand wird auf dem NATO-Gipfel im kommenden Juli in Warschau Rechnung getragen werden. Wie und in welcher Form dann zu gegebenem Zeitpunkt hier im Parlament wieder entschieden werden muss, werden wir dann besprechen.

Die maritime Strategie der NATO von 2011 zeichnet einen guten Weg vor. Bis dahin gilt, dass wir in Verantwortung gegenüber unseren Partnern diesen Einsatz um ebendieses halbe Jahr verlängern müssen, liebe Kolleginnen und Kollegen. Man beginnt nicht gemeinsam einen Einsatz und steigt dann einseitig aus.

(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Warum nicht?)

Das würde unsere Isolation in der Außenpolitik bedeuten.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Den Einsatz jetzt einseitig zu beenden und dann in einem halben Jahr einfach wieder neu aufzunehmen, ist weder sinnvoll noch zielführend. Es ist zudem für die maritime Sicherheit wichtig, diesen Einsatz fortzusetzen. Es geht um eines der auch für den Seehandel wichtigsten Gewässer, nämlich das Mittelmeer. Deshalb plädieren wir, die SPD-Bundestagsfraktion, für die in dieser Form letztmalige Verlängerung des Einsatzes.

(Stefan Liebich [DIE LINKE]: Wollen wir mal sehen!)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, auch ich möchte die Gelegenheit nutzen, allen Soldatinnen und Soldaten zu danken, insbesondere denen, die in diesen Tagen im Auslandseinsatz sind. Letztlich geschieht dies immer auf Geheiß dieses Parlamentes. Die Opfer, die die Angehörigen und Familien der Soldatinnen und Soldaten gerade in diesen Tagen durch unsere Entscheidung erbringen, verdienen unseren tiefsten Respekt und unsere Anerkennung.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ich wünsche ihnen allen im Namen meiner Fraktion frohe Weihnachten.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. – Nächster Redner ist für die Fraktion Die Linke Stefan Liebich.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6303240
Wahlperiode 18
Sitzung 146
Tagesordnungspunkt Bundeswehreinsatz Mittelmeer (OAE)
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