Fritz FelgentreuSPD - Bundeswehreinsatz Mittelmeer (OAE)
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben heute wieder einmal viel darüber gehört, dass die SPD als Regierungspartei mit dem NATO-Einsatz im Mittelmeer angeblich so ganz anders umgeht als in der letzten Legislaturperiode, als wir noch in der Opposition waren.
(Stefan Liebich [DIE LINKE]: Nicht nur angeblich!)
Der oberflächliche Eindruck scheint zu stimmen.
(Stefan Liebich [DIE LINKE]: Steht im Protokoll!)
In der Opposition haben wir gegen die Verlängerung von Active Endeavour gestimmt, jetzt stimmen wir dafür. Trotzdem darf ich hier mit großem Selbstvertrauen feststellen: Erstens hat die SPD-Fraktion, haben wir unsere Haltung zu Active Endeavour nicht verändert.
(Marieluise Beck [Bremen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sondern?)
Das hat der Kollege eben auch deutlich gesagt. Zweitens ist die Politik der SPD von Erfolg gekrönt. Verändert hat sich allerdings unser Abstimmungsverhalten, und zwar deswegen, weil eine Oppositionsfraktion manchmal andere Mittel anwenden muss, um ihre Ziele zu erreichen, als eine Regierungsfraktion.
(Zurufe von der LINKEN)
Da brauchen Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Linken, gar nicht unruhig zu werden. Sie können sich so einen Methodenwechsel bisher nicht vorstellen. Sie stecken so tief in Ihren ideologischen Gräben, dass Sie deswegen die Verweigerung von Verantwortung auf Bundesebene betreiben. Lassen Sie sich das doch einmal vom Kollegen Liebich erklären. Er weiß, was es bedeutet, auf Regierungsebene Verantwortung zu übernehmen und dass man als Regierungspartei andere Mittel zur Erreichung der gleichen Ziele anwendet als vorher in der Opposition.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was für eine Rolle der Opposition!)
In der Opposition ging es für uns darum, unseren Argumenten möglichst wirkungsvoll Gehör zu verschaffen. Active Endeavour hat vor 14 Jahren begonnen, um Terrorismus zur See abzuwehren. Der Einsatz war eine von vielen Reaktionen der NATO auf 9/11. Der Bündnisfall nach Artikel 5 des NATO-Vertrags lieferte und liefert noch immer die Begründung. Die SPD sagt jetzt seit Jahren völlig unverändert – Sie haben es eben noch einmal bestätigt –: Mit dem Bündnisfall können wir Active Endeavour nicht mehr vernünftig begründen. Der Ansatz an sich ist gut und sinnvoll.
(Stefan Liebich [DIE LINKE]: Das ist doch ein Eiertanz!)
Wir halten weiterhin viel von dem Einsatz, aber er ist Routine geworden. Luftüberwachung und Aufklärung ist etwas, was die NATO auch ohne Bündnisfall im Mittelmeer tun kann und muss. Wir wollen wissen, was da los ist.
(Stefan Liebich [DIE LINKE]: Warum verlängern Sie den Einsatz dann?)
Der Bündnisfall ist zur Begründung allerdings nicht nur entbehrlich, er ist in gewisser Weise sogar eine Belastung geworden, genau wegen der Debatte, die wir heute führen. Active Endeavour muss aus Sicht der SPD zu einem Beispiel dafür werden, mit welchem Entscheidungsprozess die NATO den einmal festgestellten Bündnisfall irgendwann auch wieder beendet.
Als Oppositionsfraktion wollten wir die Regierung treiben; diplomatisch aktiv sollte sie werden, damit die NATO Active Endeavour entsprechend umgestaltet. Das ging am besten durch entschiedene Zuspitzung und eben die Ablehnung des Mandats.
(Stefan Liebich [DIE LINKE]: Und als Regierung stimmen Sie zu!)
Deswegen machen Sie es heute auch noch so. Genau das, was die Grünen heute machen, haben wir damals getan, und zwar mit der gleichen Zielsetzung. Seit die SPD selbst den Außenminister stellt, setzt sich diese Bundesregierung aktiv für dieses Ziel ein. Wir stehen jetzt kurz vor dem Erfolg.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Nur deshalb kann es sich die Bundesregierung überhaupt leisten, die wahrscheinlich letzte Verlängerung des Mandats nur noch für ein halbes Jahr, eben bis zum 15. Juli, zu beantragen. Die Zeit bis zum NATO-Gipfel in Warschau Anfang Juli müssen wir jetzt nutzen, um für den NATO-Einsatz im Mittelmeer eine neue Grundlage zu definieren. Auftrag und Operationsplan werden aus der maritimen Strategie der NATO abzuleiten sein und in jedem Fall weiterhin Aufklärung und die Erstellung von Lagebildern sowie die internationale Zusammenarbeit, insbesondere mit den südlichen Mittelmeeranrainern, umfassen.
Das ist die Politik, die die SPD-Fraktion seit Jahren anstrebt. Dass wir als Koalitionsfraktion die Diplomatie dieser Bundesregierung unterstützen, ist doch eine Selbstverständlichkeit.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)
Dazu gehört, dass Deutschland den NATO-Konsens nicht einseitig aufkündigt – deutsche Sonderwege gehen wir nicht –, sondern dass Deutschland auf eine Änderung dieses Konsenses hinwirkt. Das dauert dann in der Regel ein bisschen länger; aber die Geduld lohnt sich. Vertrauen und Solidarität sind die Früchte dieser Geduld. Genau diese Früchte ernten wir gerade, dank der klaren Haltung der SPD,
(Lachen bei der LINKEN sowie der Abg. Marieluise Beck [Bremen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
die seit zwei Jahren auch im tätigen Handeln der Bundesregierung und in der erfolgreichen Arbeit unseres Außenministers ihren Niederschlag findet.
In diesem Bewusstsein stimmen wir dem Antrag der Bundesregierung zu. Wir danken den Soldatinnen und Soldaten, die wir erneut in den Einsatz schicken, für ihren Beitrag, und wir wünschen ihnen eine glückliche Heimkehr.
Danke schön.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Vielen Dank. – Das Wort hat jetzt die Kollegin Elisabeth Motschmann, CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6303325 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 146 |
Tagesordnungspunkt | Bundeswehreinsatz Mittelmeer (OAE) |