17.12.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 146 / Tagesordnungspunkt 6

Elisabeth MotschmannCDU/CSU - Bundeswehreinsatz Mittelmeer (OAE)

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die letzten Wochen und Monate haben uns gezeigt, wie fragil die Sicherheitslage nicht nur im Nahen und Mittleren Osten, sondern auch bei uns in Europa ist und wie schnell sich ein Lagebild verändern kann. Zum Abschluss eines so ereignisreichen Jahres beschäftigen wir uns daher noch einmal mit unserer Sicherheit, mit dem internationalen Terrorismus und mit den Gefahren, die von ihm ausgehen. Denn eines steht fest: Die Bedrohung ist in den letzten Jahren immer näher an uns herangerückt. Davor kann niemand die Augen verschließen. Die Einzigen, die davor die Augen verschließen, sind die Linken.

Lieber Herr Dr. Neu, ich will Ihnen einmal vortragen, was Sie zu diesem Mandat gesagt haben. Da frage ich mich, was Sie in Ihrem Studium – Sie sind ja so stolz auf Ihre Promotion – eigentlich gelernt haben.

(Heiterkeit bei der CDU/CSU und der SPD)

In einer Ihrer Reden hieß es:

Der Terroranschlag 2001 hat nicht im Mittelmeer stattgefunden ... er hat in New York stattgefunden. Die räumliche Verteidigung viele Tausend Kilometer vom Anschlagsort entfernt ist mehr als fragwürdig.

Vielleicht hat sich auch bis zu Ihnen herumgesprochen, dass der Terror nicht zu lokalisieren ist, sondern dass er überall ist, dass er sehr nah an uns herangerückt ist. Sie müssten deshalb dem vorliegenden Antrag eigentlich zustimmen, wenn Ihre Logik stimmt; aber das ist eben ein bisschen fraglich.

(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf des Abg. Dr. Alexander S. Neu [DIE LINKE])

Ich könnte noch einen dummen – Entschuldigung – Spruch von Ihnen wiederholen. Sie haben nämlich auch gesagt, dieser Einsatz diene dem Schutz des Kapitals.

(Dr. Alexander S. Neu [DIE LINKE]: Ja!)

Sind Sie noch ein Alt-68er, oder haben Sie gar nichts dazugelernt? Solche Äußerungen sind mehr als fragwürdig, zumal für einen promovierten Politologen. Da erwartet man eigentlich mehr.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wie es in der Flüchtlingskrise keinen Schalter gibt, den man umlegen und dadurch alle Probleme auf einmal lösen kann, so gibt es auch für die Gefahren, die der internationalen Gemeinschaft durch den Terrorismus drohen, keine einfache Lösung. Es kann nur viele verschiedene Einsätze geben, die dem Ziel dienen, den Terrorismus zurückzudrängen bzw. zu verhindern.

Die Mission Active Endeavour im Mittelmeer spielt gerade auch angesichts der Flüchtlingsströme der letzten Monate und angesichts der Ursachen dieser Flüchtlingsströme in diesem Zusammenhang eben doch eine wichtige Rolle, eine Rolle, die allerdings ursprünglich nicht vorgesehen war. Wir haben schon mehrfach gehört, dass diese Mission eine Reaktion auf die Terroranschläge in New York im September 2001 war. Ursprünglich ging es darum, Handelsschiffen im Mittelmeer Begleitschutz zu leisten, verdächtige Schiffe zu kontrollieren und das Mittelmeer zu überwachen. Die Ziele waren Abschreckung und aktive Terrorabwehr.

Weil sich die Bedrohung verändert hat – auch das ist in den Beiträgen meiner Vorrednerinnen und Vorredner schon angeklungen –, hat sich Active Endeavour immer mehr zu einer reinen Aufklärungsmission gewandelt. Sie soll in einem halben Jahr auch eine neue Grundlage bekommen und von Artikel 5 Nordatlantikvertrag abgekoppelt werden.

Die Einsätze beschränken sich auf die Seeraumüberwachung und den sogenannten Lagebildaustausch. Die Präsenz der NATO in der Region wird derzeit vor allem als präventive Ordnungsmaßnahme angesehen – auch das halte ich für wichtig –, oder anders gesagt als ein Garant, also nicht ausschließlich gemeint, der maritimen Sicherheit im Mittelmeerraum.

Die Anforderungen, die sich an die Operation stellen, haben sich aber grundlegend geändert. Unser langfristiges Ziel ist es deshalb, diese Operation mit einem neuen Auftrag auszustatten, einem Auftrag, der die neuen Herausforderungen in den Blick nimmt und ihnen gerecht wird. Über die veränderte Ausgestaltung dieses so wichtigen Auftrages wird die NATO aber erst im Sommer kommenden Jahres entscheiden. Deshalb entscheiden wir heute darüber, ob wir diese Operation im Rahmen eines Übergangsmandats bis dahin fortführen. Ich halte das für völlig berechtigt und richtig. Ein Mandat, Herr Schmidt, erst auslaufen und dann wieder aufleben zu lassen, ist viel mühsamer. Das Mandat ist richtig, es hat sich bewährt, und es bekommt eine neue Begründung. Deshalb setzen wir das Mandat fort.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie des Abg. Matthias Ilgen [SPD])

Active Endeavour ist also ein Stützpfeiler unserer gemeinsamen Sicherheit. Die Operation dient aber nicht nur unseren eigenen Interessen und unserer eigenen Sicherheit, sie schützt nicht nur unsere westliche Wertegemeinschaft und unsere Freiheit insgesamt: Die aktuellen Herausforderungen zeigen uns sehr deutlich, wie wichtig und wie stabilisierend allein die Anwesenheit der NATO im Mittelmeer ist. Die neuen Herausforderungen zeigen aber auch, wie wichtig es ist, dass wir die Operation Active Endeavour weiterentwickeln. So sinnvoll es im Jahr 2001 zunächst war, den Schwerpunkt auf die Terrorabwehr zu legen, so sinnvoll ist es heute, dieses Mandat neu zu begründen. Nur wenn dies gelingt, wird die NATO ihre Operation weiterhin effektiv und erfolgreich durchführen können.

Es ist sinnvoll, Active Endeavour zu einer langfristigen Sicherheitsoperation mit verschiedenen Aufgaben zu erweitern. Es ist sinnvoll, dass Active Endeavour Aufgaben der Aufklärung und der Lagebilderstellung wahrnimmt. Es ist auch sinnvoll, Active Endeavour für Nichtmitglieder der NATO zu öffnen und dadurch engere Kooperationen anzustreben und möglich zu machen.

Ich komme zum Schluss, Frau Präsidentin. – Das Mandat ist richtig. Wir setzen es fort. Ich bitte um Ihre Zustimmung.

Ich wünsche Ihnen und auch allen Soldaten, die für uns im Einsatz sind, frohe Weihnachten.

Vielen Dank.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6303326
Wahlperiode 18
Sitzung 146
Tagesordnungspunkt Bundeswehreinsatz Mittelmeer (OAE)
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