Christian Lange - Neuordnung des Rechts der Syndikusanwälte
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir beraten heute einen Gesetzentwurf, der für die Anwaltschaft insgesamt und für viele Anwältinnen und Anwälte von großer Bedeutung ist. Syndikusanwälte kennen wir seit langem. Ihr rechtlicher Status – wir haben es hier in der Debatte gemerkt – wurde seit jeher kontrovers diskutiert. Nach geltendem Recht haben Syndizi im Unternehmen nicht die Stellung eines Rechtsanwalts. Das soll sich nun ändern.
Die sogenannte Doppelberufstheorie geben wir mit dem neuen Recht auf. Künftig haben Syndikusanwälte auch im Unternehmen die Stellung eines Rechtsanwalts und anwaltliche Rechte und Pflichten. Das ist ein großer Schritt für das Berufsrecht. Doch das Verhältnis zwischen dem Syndikus und seinem Dienstherrn, bei dem er angestellt ist, von dem er bezahlt wird und den er rechtlich berät, unterscheidet sich tatsächlich, wenn überhaupt, nicht so wesentlich von dem klassischen Verhältnis zwischen Anwalt und Mandant, dass eine grundsätzlich unterschiedliche berufsrechtliche Ausgestaltung erforderlich oder angezeigt wäre.
Syndikustätigkeit soll deshalb künftig Anwaltstätigkeit sein. Die erforderliche Unabhängigkeit, die auch hier schon erwähnt wurde und an deren ungeschmälerter Bedeutung kein Zweifel entstehen darf, sichert das neue Recht ausdrücklich. Die fachliche Unabhängigkeit der Berufsausübung des Syndikusrechtsanwalts muss vertraglich und tatsächlich gewährleistet werden.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Meine Damen und Herren, die Neuordnung des Rechts der Syndizi hat unmittelbare Bedeutung für die Altersversorgung besagter 40 000 Berufsangehöriger. Denn mit dem Gesetzgebungsvorhaben lösen wir das Problem, das in der Anwaltschaft – der Kollege Flisek hat zu Recht darauf hingewiesen – für große Unruhe gesorgt hat. Mit den besagten Urteilen hat das Bundessozialgericht im April vergangenen Jahres entschieden, dass Syndikusanwälte nicht mehr von der gesetzlichen Rentenversicherung befreit werden können. Dies hat zu den schon genannten Brüchen in den Versorgungsbiografien geführt. Deshalb wurde fraktionsübergreifend Handlungsbedarf erkannt.
Mein Haus, das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, hat deshalb sehr zügig einen Gesetzentwurf auf der Basis der sogenannten kleinen berufsrechtlichen Lösung erarbeitet. Der beim nichtanwaltlichen Arbeitgeber angestellte Syndikus wird, wenn er anwaltlich und nicht etwa als bloßer juristischer Sachbearbeiter im Unternehmen tätig ist und dabei – ich habe darauf schon hingewiesen – seine Unabhängigkeit gewährleistet ist, statusrechtlich als Rechtsanwalt anerkannt. Der Syndikusanwalt erhält also grundsätzlich die anwaltlichen Rechte und Pflichten.
(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nur nicht die Haftpflicht!)
Die Neuregelung ermöglicht, dass Syndikusanwälte wie bisher, unter bestimmten Voraussetzungen auch rückwirkend, von der Rentenversicherungspflicht befreit und in den anwaltlichen Versorgungswerken verbleiben dürfen.
Meine Damen und Herren, der Gesetzentwurf ist in den Fachkreisen und auch bei der Anhörung im Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz grundsätzlich begrüßt worden. Auf zwei Änderungen möchte ich hier freilich doch eingehen.
Die im Regierungsentwurf vorgeschlagene Pflichthaftpflichtversicherung für Syndikusanwälte soll, wie es von einigen Sachverständigen gefordert worden ist, entfallen. Das kann ich angesichts des Umstands, dass die Rechtsberatungsbefugnis des Syndikusanwalts im Regelfall auf die Beratung seines Arbeitgebers beschränkt ist, als eine vertretbare Lösung mittragen, zumal der Gesetzentwurf nicht die Haftung als solche regelt und im Verhältnis zum Arbeitgeber die Anwendbarkeit der Grundsätze der Arbeitnehmerhaftung unberührt bleibt.
(Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Arbeitgeber, aber doch kein Arbeitnehmer! Seit wann haben Selbstständige einen Arbeitgeber? Wieso denn Arbeitnehmer? – Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das muss Ihnen doch peinlich sein!)
Im Gesetz wurde zudem ein Anreiz geschaffen, die noch bestehende Altersgrenze von 45 Jahren in den Versorgungswerken abzuschaffen. Das Argument der Europarechtswidrigkeit ist schon erwähnt worden. Wir stellen jetzt sicher, dass es nicht mehr aufgegriffen werden kann.
Meine Damen und Herren, am Schluss noch drei Worte des Dankes. Mein erster Dank gilt den Koalitionsfraktionen, die sich auf die kleine berufsrechtliche Lösung eingelassen haben. Ich weiß, dass das den Kolleginnen und Kollegen der CDU/CSU besonders schwer gefallen ist. Mein zweiter Dank gilt dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales, insbesondere Ihnen, Frau Kollegin Lösekrug-Möller. Ohne unser gemeinsames Vorgehen hätten wir diese Lösung heute sicher nicht. Mein dritter Dank gilt schließlich dem Bundesrat, der sicherstellt, dass am 1. Januar 2016 dieses Gesetz in Kraft tritt.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Mein Dank gilt Christian Lange. – Der nächste Redner ist Dr. Jan-Marco Luczak für die CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6304028 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 146 |
Tagesordnungspunkt | Neuordnung des Rechts der Syndikusanwälte |