17.12.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 146 / Tagesordnungspunkt 9

Marcus HeldSPD - Vergaberechtsmodernisierungsgesetz

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Heute setzen wir nach langen und intensiven Beratungen die EU-Verordnung um und modernisieren das Vergaberecht. Ein guter Tag für alle öffentlichen Auftraggeber und Gesellschaften, wenn sie Aufträge im Wert von mehr als 207 000 Euro, in Bausachen von mehr als 5 Millionen Euro vergeben wollen. Zum Verständnis muss deshalb an dieser Stelle klar betont werden, dass bei allen anderen Vergaben weiterhin die Landesvergabegesetze gelten. Somit haben wir in Deutschland nach wie vor insgesamt 17 Vergaberechte.

(Barbara Lanzinger [CDU/CSU]: 16!)

Das sollte vielleicht ein Ansporn für die Zukunft sein, diese zu vereinheitlichen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wir hoffen, dass mit der Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen auch die Länder animiert werden, in einem ersten Schritt wenigstens ihre Gesetze anzupassen, das heißt, benutzerfreundlicher zu machen und für mehr Flexibilität zu sorgen. Mit einer entsprechenden Anpassung würde dafür gesorgt werden, dass Unternehmen, die Angebote abgeben, sich nicht ständig umstellen müssen, je nachdem in welchem Bundesland die ausschreibende Stelle ihren Sitz hat.

Konkret bedeuten die im heute vorliegenden Gesetz verankerten Änderungen, dass Auftraggeber künftig wählen können, welches Verfahren sie bei der Ausschreibung nutzen. Denn neben dem sogenannten offenen Verfahren stehen das nichtoffene Verfahren, das Verhandlungsverfahren und der sogenannte wettbewerbliche Dialog zur Verfügung – Verfahrensarten, meine Damen und Herren, die das Vergaberecht bisher nur unter sehr engen Voraussetzungen zuließ und die daher leider viel zu selten zur Anwendung kamen. Das alles schafft insgesamt mehr Flexibilität; denn der Auftraggeber ist in der Lage, zu entscheiden, wie er ausschreibt, um das für ihn beste Ergebnis zu bekommen.

Aber auch qualitative Merkmale können künftig besondere Bedeutung erlangen, nämlich dann, wenn der Auftraggeber definiert, welche Kriterien zu welchen Anteilen bei der Vergabeentscheidung Berücksichtigung finden sollen. Soziale Kriterien und Umweltkriterien können dabei besondere Berücksichtigung finden, was ein absolutes Novum im Vergaberecht ist.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wir haben darüber hinaus im Ausschuss in entsprechenden Protokollnotizen und im Entwurf der Verordnung zu diesem Gesetz konkretisiert, dass wir diese und weitere Kriterien in der Praxis künftig gestärkt sehen wollen, nämlich eine nachhaltige und verantwortungsvolle Beschaffung sowie die Einhaltung der ILO-Kernarbeitsnormen, beispielsweise zur Beseitigung der Zwangsarbeit, aber auch zur Bekämpfung der Kinderarbeit.

Um in Erfahrung zu bringen, ob die vereinbarten Ziele auch erreicht wurden, werden wir spätestens nach drei Jahren prüfen, ob es zu Verbesserungen in der Praxis gekommen ist und ob sich die Änderungen im Vergaberecht tatsächlich positiv ausgewirkt haben.

Für Menschen mit Behinderungen und gesundheitlichen Einschränkungen ist es uns als SPD besonders wichtig, qualitativ hochwertige Leistungen der beruflichen und medizinischen Rehabilitation zu haben. Deshalb haben wir klargestellt, dass zahlreiche Vergaben in diesem Bereich auch in Zukunft nicht der Ausschreibungspflicht unterliegen werden.

(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Barbara Lanzinger [CDU/CSU])

Es ist aber dringend erforderlich, meine Damen und Herren, dass unsere großen bundeseigenen Gesellschaften, wie etwa die BA oder auch die Rentenversicherung Bund, mit gutem Beispiel vorangehen und auf entsprechende soziale Kriterien bei der Vergabe pochen.

All die von mir genannten Veränderungen im Vergaberecht sind ein großer Fortschritt; denn bisher durfte bei allen Vergaben immer nur der günstige Bieter den Zuschlag erhalten.

Das Vergaberecht, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist in Bewegung, und es wird auch in Zukunft in Bewegung bleiben, allein schon, weil sich die Rechtsprechung regelmäßig verändert. Auch deshalb werden wir die weiteren Details in einer Verordnung regeln. Wenn ich „wir“ sage, dann deshalb, weil wir heute beschließen wollen, dass diese Verordnung dem Parlamentsvorbehalt unterliegt. Wir können deshalb im Hause regelmäßig kontrollieren, ob es durch die entsprechenden Vorgaben zu Veränderungen kommt.

(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Dr. Herlind Gundelach [CDU/CSU])

Zum Abschluss möchte ich meiner Freude Ausdruck verleihen, dass künftig nicht mehr die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer darunter leiden müssen, wenn im Eisenbahnverkehr öffentliche Aufträge an andere Dienstleister vergeben werden. Auf Forderung des Bundesrates und der SPD-Bundestagsfraktion konnte sichergestellte werden, dass mit der Sollregelung das Personal für die jeweilige Strecke tatsächlich auch übernommen wird.

(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Dr. Herlind Gundelach [CDU/CSU])

Meine Damen und Herren, ein ganzes Stück Arbeit in den letzten Monaten liegt hinter uns. Vielen Dank an alle, die zu diesem guten Ergebnis beigetragen haben. Es ist ein gutes Ergebnis für die Auftraggeber, für die Auftragnehmer, für die Qualität, für die sozialen und für die Umweltstandards hier in Deutschland, aber auch überall dort in der Welt, wo wir als Deutsche einkaufen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Vielen Dank, Marcus Held. – Nächster Redner in der Debatte: Michael Schlecht für die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6304255
Wahlperiode 18
Sitzung 146
Tagesordnungspunkt Vergaberechtsmodernisierungsgesetz
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