Sabine PoschmannSPD - Stromsperren
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren von der Linken, zugegeben, Ihr Antrag fühlt sich sozialpolitisch verlockend an. Man könnte ihn aber auch – und dabei bleibe ich – populistisch nennen: Keine Stromsperren für bedürftige Haushalte, stattdessen eine Grundversorgung für alle, die nicht gekappt werden darf. – Gut gebrüllt, Löwe! Leider lässt Ihr Papier offen, wer die Zeche zahlen soll. Im Zweifel – das wissen Sie sehr genau – sind das die zahlenden Kunden; denn die Kosten werden von den Energieversorgern auf die Strompreise umgelegt.
(Zuruf der Abg. Caren Lay [DIE LINKE])
Sie wollen also säumige Kunden aus der Pflicht entlassen und Verbraucher, die ihren Zahlungsverpflichtungen nachkommen, zusätzlich in die Pflicht nehmen. Halten Sie das für sozial gerecht? Ich nicht.
In Ihrem Antrag sprechen Sie von einer „stillen sozialen Katastrophe“. Es ist doch keine Frage: Eine Stromsperre ist ein erheblicher Eingriff für jeden Haushalt, und jeder einzelne Fall ist einer zu viel. Dennoch sollten wir die Kirche im Dorf lassen. Sie erwecken den Eindruck, als würden die vielen kleinen und mittleren örtlichen Energieversorger mutwillig jeden Kunden vom Stromnetz nehmen, der seine Rechnung nicht bezahlt hat. Das ist natürlich Quatsch. Dagegen sprechen sogar die Zahlen, die Sie in Ihrem Antrag selbst verwendet haben. Sie verweisen darauf, dass 2013 fast 7 Millionen Haushalten eine Stromsperre angedroht wurde, und schreiben, dass die Sperrung bei knapp 344 000 Haushalten tatsächlich vollzogen wurde, also bei einem Bruchteil.
(Caren Lay [DIE LINKE]: Reicht doch! 1 Million Menschen!)
Das zeigt: Es gibt offenbar andere Lösungen. Wir alle wissen, dass eine Stromsperre immer eine Vorgeschichte hat. Hinzu kommt, dass zwischen der ersten Mahnung und einer Sperre rund 30 Tage liegen. Zudem erhalten die Betroffenen mindestens drei Tage vorher einen letzten Hinweis auf die bevorstehende Maßnahme. Mancherorts kommt die Info sogar eine Woche vorher. Bis zuletzt bleibt eine Einigung möglich. Mir persönlich ist kein Fall bekannt, in dem sich ein Versorger einer tragfähigen Lösung mutwillig widersetzt hat.
In Ihrem Antrag heben Sie darauf ab, dass insbesondere Menschen betroffen seien, die Hartz-IV-Leistungen beziehen. Sie tun so, als gäbe es einen Automatismus, der quasi nicht abzuwenden ist. Dem ist nicht so. In meiner Heimatstadt Dortmund liegt die Arbeitslosenquote leider bei mehr als 12 Prozent; rund 85 Prozent der Menschen beziehen Sozialleistungen. Die Zahl der Stromsperren beträgt aber weniger als 1 Prozent. In vielen Städten gibt es, wie in Dortmund, heute schon eine funktionierende Zusammenarbeit zwischen Energieversorgern und örtlichen Sozialleistungsträgern, um Energiesperren zu vermeiden. Wenn Sie allerdings der Meinung sein sollten, dass vielmehr die Regelsätze des ALG II angehoben werden müssten, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Linken, müssen Sie eine sozialpolitische Diskussion führen, und zwar in den zuständigen Fachausschüssen. Ihrem Antrag hier und heute wird die SPD-Fraktion aus den vorgenannten Gründen nicht zustimmen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Vielen Dank. – Barbara Lanzinger, CDU/CSU-Fraktion, ist jetzt die letzte Rednerin zu diesem Tagesordnungspunkt.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6304507 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 146 |
Tagesordnungspunkt | Stromsperren |