Dietrich MonstadtCDU/CSU - Patientensicherheit bei Medizinprodukten
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen! Meine Herren! Problem und Ausgangslage des vorliegenden Antrages ist, dass wiederholt Skandale mit zum Teil kriminellem Handeln, zum Beispiel der Brustimplantateskandal um den französischen Hersteller PIP, den Glauben an die Sicherheit von Medizinprodukten belastet haben. Das hier verlorengegangene Vertrauen gilt es wiederherzustellen. Wir müssen durch rechtliche Rahmenbedingungen sicherstellen, dass die Patientensicherheit, die Versorgungsqualität und die Leistungsfähigkeit des Gesundheitssystems gewährleistet sind und auch bleiben.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Unser gemeinsames Ziel, auch im Trilogverfahren, muss sein, diesen Fällen vorzubeugen bzw. sie zu verhindern und solche Fälle in Zukunft schneller umfassend aufzudecken. Dazu gehört auch, die betroffenen Personen zu identifizieren und die Produkte rückverfolgbar zu erfassen.
Auf diese Problemlage, meine Damen und Herren, hat die CDU/CSU-Fraktion damals sofort reagiert. Bereits im Jahr 2012 ist der Antrag „Revision der europäischen Medizinprodukte-Richtlinien: Vertrauen wieder herstellen – Patientensicherheit bei Medizinprodukten muss erste Priorität sein“ auf den Weg gebracht worden, mit Blick auf die Stärkung von Patientensicherheit, Patientenschutz und Patientenrechten mit folgenden, wie ich finde, richtigen Forderungen: erstens Überwachung der Benennung und Reakkreditierung der Benannten Stellen durch nationale Behörden, zweitens ein EU-einheitliches Verfahren der Marktüberwachung mit unangemeldeten Stichproben durch Benannte Stelle, drittens die Schaffung/Verbesserung eines Systems zur eindeutigen Identifizierung und Rückverfolgbarkeit eines Medizinprodukts, viertens die Gleichbehandlung von Einmal- und aufbereiteten Mehrfachprodukten beim Inverkehrbringen; fünftens haben wir die Weiterentwicklung des CE-Kennzeichens als Prüf- und Qualitätssiegel in Form eines CE-Med-Kennzeichens gefordert.
Das Europäische Parlament hat dann mit Beschluss im Oktober 2013 strengere Kriterien für die Benennung und Überwachung der Benannten Stellen festgelegt, unter anderem unangekündigte Kontrollen, Probenahmen und eine gemeinsame Bewertung durch Benannte Stellen. Diese Regelungen haben in relativ kurzer Zeit zu einer deutlichen Verbesserung der Kontrolle bei Unternehmen und im Markt geführt.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Die Einführung des Implantatepasses mit einem EU-einheitlichen Datensatz im vergangenen Jahr hat dann eine weitere Lücke, die Nach- und Rückverfolgbarkeit des implantierten Medizinproduktes, geschlossen.
Meine Damen und Herren, wir haben bei den Medizinprodukten kein Regelungsdefizit, aber ein Vollzugsdefizit. Daran müssen wir trotz der bereits ergriffenen Maßnahmen auf nationaler und europäischer Ebene weiter arbeiten.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Es bedarf klarer Vorgaben im europäischen Recht. Nur dann ist die EU-weite Wirkung für alle verkehrsfähigen Produkte sichergestellt. So muss jede Benannte Stelle eine hochqualifizierte und organisierte Struktur vorweisen und fortlaufend überwacht werden. Weiterhin müssen an Medizinprodukte und deren klinische Prüfung hohe und verbindliche Anforderungen gestellt werden. Es ist Aufgabe der verantwortlichen Behörden, dies durch eine kontinuierliche, strukturierte und qualitätsgesicherte Überwachung sicherzustellen. Durch diese gezielten Maßnahmen können weitere Verbesserungen für die Patientensicherheit erreicht werden. Das, meine Damen und Herren, ist genau der richtige Weg.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Falsch dagegen ist die Forderung der Antragsteller nach einem behördlichen Zulassungsverfahren, womöglich noch in Form einer zentralen europäischen Zulassungsbehörde für Medizinprodukte. Abgesehen davon, dass eine solche Behörde vorsätzliches Verhalten wie beim PIP-Skandal mit Sicherheit nicht verhindert hätte, konnte bis heute auch nicht belegt werden, dass ein staatliches Zulassungssystem wie zum Beispiel in den USA zu einer erhöhten Patientensicherheit gegenüber dem europäischen System geführt hätte.
(Harald Weinberg [DIE LINKE]: Haben die doch gerade gemacht! Dreimal schon!)
Dies hat auch die Antwort des Bundeswirtschaftsministeriums auf eine parlamentarische Anfrage – jetzt können Sie sich richtig aufregen, Herr Weinberg – zum geplanten Handelsabkommen TTIP im Sommer 2015 ergeben.
Meine Damen und Herren, auch Ihre Forderungen, klinische Prüfungen für Medizinprodukte an die Anforderungen für Arzneimittelstudien anzupassen, wird dem Ziel, dass alle Versicherten gleichermaßen und zeitnah vom medizinischen Fortschritt profitieren sollen, nicht gerecht. Zum einen, weil randomisierte Studien bei Medizinprodukten oft nicht funktionieren. Zum anderen wollen wir, dass auch Schrittinnovationen dem Wohl der Patientinnen und Patienten zugutekommen, und zwar schnellstmöglich.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Meine Damen und Herren, die Forderung nach einer zentralen europäischen Zulassungsbehörde und einer Gleichsetzung mit Pharmaregelungen gefährdet nach meiner Einschätzung auch unsere hervorragend aufgestellte Medizintechnikbranche – eine Gefährdung von über 12 000 Unternehmen und mehr als 195 000 Arbeitsplätzen. Wollen Sie, dass sich der Gesamtumsatz in diesem Bereich von über 25 Milliarden Euro verringert?
(Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt kommen Sie mal zum Thema! – Kordula Schulz-Asche [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist jetzt reine Polemik!)
Wollen Sie, dass die Exportquote – die Kollegin Stamm-Fibich hat es angesprochen – von über 65 Prozent sinkt?
(Kordula Schulz-Asche [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Außerhalb Europas gibt es Unternehmen, die ganz andere Standards produzieren!)
Diese Gefährdungen wollen wir, die CDU/CSU-Fraktion, definitiv nicht.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ihre Forderungen gefährden daneben die Teilnahme von Patientinnen und Patienten am sich rasant entwickelnden medizintechnischen Fortschritt. Sie gefährden damit insbesondere die Teilnahme an Schrittinnovationen. Auch dies wollen wir nicht.
(Maria Michalk [CDU/CSU]: Genau!)
Wir wollen dagegen Innovationen; denn gerade Innovationen leisten richtige Beiträge für eine bessere Patientenversorgung, mehr Lebensqualität und Selbstständigkeit bis ins hohe Alter.
Meine Damen und Herren, die Forderung der Antragsteller nach einer obligatorischen Produkthaftpflichtversicherung für Hersteller – das ist hier heute Abend mehrfach angesprochen worden – trägt ebenfalls nicht. Sie tritt bekanntermaßen bei vorsätzlich kriminellem Verhalten nicht ein. Auch das hat der Kollege Sorge bereits angesprochen.
(Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Darum geht es gar nicht!)
Auch war ihr Fehlen in der Vergangenheit nicht ursächlich für die Nichtdurchsetzbarkeit von Schadensersatzansprüchen betroffener Patientinnen und Patienten.
Skandale mit Medizinprodukten der Klasse III zeigen, dass die vorhandenen Instrumentarien auf europäischer Ebene im Hinblick auf die Patientensicherheit und den Patientenschutz nachjustiert werden müssen. Es ist aber richtig, am bestehenden System aus Überwachung und Kontrolle festzuhalten und an den wesentlichen Stellen Korrekturen vorzunehmen: eine weitere Verbesserung bei der Benennung und Überwachung der Benannten Stellen sowie eine verbesserte Kontrolle von Herstellern und im Markt.
Meine Damen und Herren von den Grünen, Ihren Antrag werden wir ablehnen.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU – Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Traurig!)
Letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt ist der Kollege Dirk Heidenblut, SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6304795 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 146 |
Tagesordnungspunkt | Patientensicherheit bei Medizinprodukten |