Johannes Singhammer - Wissenschaftszeitvertragsgesetz
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Heute fast auf den Tag genau vor elf Monaten, am 19. Januar dieses Jahres, habe ich in der Süddeutschen Zeitung ein Interview gegeben. In diesem Interview wurde auch gefragt: Wie ist es denn mit dem Wissenschaftszeitvertragsgesetz? Ich habe dort gesagt: Im Wissenschaftsbereich besteht immer die Notwendigkeit, in großem Umfang befristete Arbeitsverträge abzuschließen. Wir haben ein besonderes Gesetz, das Wissenschaftszeitvertragsgesetz, das den Sonderkonditionen der Wissenschaft Rechnung trägt. Es macht Befristungen in einer Art und Weise möglich, wie es in anderen Bereichen nicht möglich ist. Dieses Gesetz wurde aber ausgenutzt. Deshalb ist es zwingend notwendig, es zu novellieren.
Ich habe drei für mich wichtige Eckpunkte für diese Gesetzesnovelle angesprochen:
Erstens: Orientierung der Befristungsdauer an dem für die angestrebte Qualifikation – zum Beispiel die Promotion – benötigten Zeitraum oder an der Dauer des Drittmittelprojekts.
Zweitens: Sicherheit, Planungssicherheit und Verlässlichkeit für die Mitarbeiter, die Daueraufgaben an den Hochschulen wahrnehmen. Das heißt, das nichtwissenschaftliche Personal, das Daueraufgaben leistet, wird nicht über das Wissenschaftszeitvertragsgesetz beschäftigt.
Drittens: keine Mindestvertragslaufzeiten.
Das waren die damals genannten drei wesentlichen Punkte, durch die der Rahmen abgesteckt wurde, und ich freue mich sehr, dass wir heute hier ein Gesetz beschließen werden, das genau diese drei Punkte enthält, dem also genau Rechnung trägt.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der letzte Punkt ist bis heute falsch!)
Ich hätte mir gewünscht, dass wir den Gesetzentwurf eher verabschieden. Unser Referentenentwurf war schon lange fertig. Ich glaube aber, es war sehr wichtig, dass in den Fraktionen darüber diskutiert wurde, um dort einen Konsens herbeizuführen, und ich möchte mich auch an dieser Stelle bei den Koalitionsfraktionen bedanken.
Einer der heute vorliegenden Änderungsanträge enthält einen Punkt – insgesamt sind es drei kleine Punkte –, den wir bereits in den Referentenentwurf geschrieben hatten. Wir wollten nämlich gerne, dass bei einer studentischen Tätigkeit sechs Jahre nicht auf die maximal mögliche Zeitdauer von zwölf Jahren angerechnet werden. Leider haben wir das innerhalb der Regierung nicht durchsetzen können, sodass wir bei vier Jahren gelandet sind. Dass Sie jetzt an dieser Stelle sechs Jahre realisiert haben, freut mich sehr, weil das die ursprüngliche Intention war.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Meine Damen und Herren, im Januar – ich habe daran erinnert – wurde noch ganz intensiv gesagt, dass Mindestvertragslaufzeiten notwendig sind. Von diesem Standpunkt sind die Linken und Bündnis 90/Die Grünen immer noch nicht abgerückt; sie vertreten ihn immer noch.
(Beifall des Abg. Roland Claus [DIE LINKE] – Nicole Gohlke [DIE LINKE]: Das finde ich auch sehr richtig!)
Das Gleiche gilt für die Tatsache, dass man die Tarifsperre aufheben will. Das heißt, das, was wir gerade im Wissenschaftsbereich unbedingt wollen, nämlich Flexibilität und Mobilität ohne Schranken, würde damit wieder konterkariert werden.
(Widerspruch bei der LINKEN)
Deswegen ist es sehr wichtig, dass die Tarifsperre im Gesetzentwurf steht und Mindestvertragslaufzeiten eben nicht.
Ich lese mir immer gerne die Anträge der Opposition durch
(Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Davon kann man auch etwas lernen! – Gegenruf des Abg. Tankred Schipanski [CDU/CSU]: Schön wäre es!)
– ja, genau, Herr Mutlu, weil ich etwas lernen möchte –, weil ich nicht der Meinung bin, dass immer nur eine Partei die Wahrheit gepachtet hat, wenn es um Sachfragen geht, sondern ich glaube, auch von anderen können interessante Anregungen kommen, die man vielleicht aufgreifen kann.
(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie gnädig!)
Das, was uns hier als Antrag der Linksfraktion zugemutet wird, ist aber von solch einer Qualität, die ich bisher wirklich kaum erlebt habe.
(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf von der CDU/CSU: Doch, von den Linken schon!)
Wenn man sich diesen Antrag anschaut, dann sieht man, dass er nur so von Unwahrheiten, Halbwahrheiten, illusorischen Forderungen und widersprüchlichen Dingen strotzt, und manchmal wird auch genau das gefordert, was wir bereits tun.
Der Clou in diesem Antrag ist die Aussage, dass wir 100 000 Mitarbeiterstellen für zehn Jahre finanzieren sollen. Bei 60 000 Euro bis 70 000 Euro pro Mitarbeiter im Jahr sind das jährlich 6 bis 7 Milliarden Euro. Wir haben einen Etat von knapp 16 Milliarden Euro, und Sie wollen einfach noch 6 bis 7 Milliarden Euro drauflegen. Die Finanzminister des Bundes und der Länder verhandeln jetzt über eine Summe von 8 Milliarden Euro, und Sie denken, wir könnten für einen gewissen Teil von Mitarbeitern mit links einfach einmal 6 bis 7 Milliarden Euro drauflegen. – Ich glaube, das muss man sich nicht angucken, und man muss auch gar nicht viel dazu sagen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Meine Damen und Herren, ich denke, dass für die Verbesserung der Situation des wissenschaftlichen Nachwuchses verschiedene Bausteine notwendig sind: Tenure Track, BAföG-Mittel. Ein Baustein ist auch, wie befristete Verträge ausgestaltet werden. Auch dieser Baustein ist sehr wichtig.
Der Gesetzentwurf wird die Situation der wissenschaftlichen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen – die Familiensituation und die Möglichkeiten der Qualifizierung – wesentlich verbessern, und ich freue mich über Ihre Zustimmung.
Danke schön.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Die Kollegin Nicole Gohlke spricht jetzt für die Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6305071 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 146 |
Tagesordnungspunkt | Wissenschaftszeitvertragsgesetz |