17.12.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 146 / Tagesordnungspunkt 18

Klaus-Peter SchulzeCDU/CSU - Wolfsschutz

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Besucher! Ich glaube, ich bin heute der letzte Redner. Hoffentlich ... – da gibt es ja ein Sprichwort. – Der Wolf hat sich in Deutschland aufgrund der naturschutzrechtlichen Rahmenbedingungen wieder angesiedelt und ist zurück in unserem Alltag. Bis 1990 war es im Osten Deutschlands Pflicht eines jeden Jägers, den schon damals aus Polen eindringenden Wolf sofort zu bejagen. Das wurde konsequent durchgesetzt. Erst die neuen naturschutzrechtlichen Bestimmungen haben dazu geführt, dass das Tier, nachdem es mehr als 100 Jahre in Deutschland verschwunden war, wieder heimisch geworden ist. Unter dem Aspekt des Natur- und Artenschutzes ist das ein gutes Ergebnis. Allerdings – das wurde von den Vorrednern schon angesprochen – geht es nicht konfliktfrei ab.

Der vorliegende Antrag der Linken spricht im Kern die Probleme an, die sich mit der Wiederansiedlung des Wolfes ergeben. Aber die damit verbundene Forderung ist dann doch sehr einseitig. Wir brauchen aus meiner Sicht kein Bundesherdenschutzzentrum, sondern ein auf die Erfahrung der Länder aufbauendes bundeseinheitliches Wolfsmanagement, das natürlich auch den Herdenschutz gewährleisten muss. Das ist in den Fachgesprächen im Umwelt- und Landwirtschaftsausschuss sehr deutlich geworden. Die Antragsteller hätten diese Fachgespräche erst abwarten sollen, bevor sie sich mit diesem Thema intensiver befassen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Wir haben mit allen schon vorher gesprochen!)

Ja, für die Bundesebene besteht Handlungsbedarf in Sachen Wolf. Jedoch sind für uns andere Aspekte von Bedeutung als eine wissenschaftliche Politikberatung, die ohnehin künftig durch die geplante Dokumentations- und Beratungsstelle beim Bundesamt für Naturschutz geleistet wird. Das Gros der Forderungen findet sich übrigens im geplanten Aufgabenspektrum dieser Koordinierungsstelle wieder.

Für mich als Naturschutzpolitiker ist die Wiederansiedlung des Wolfs sicherlich ein Erfolgsprojekt, ein Erfolg, der maßgeblich auf den oftmals ehrenamtlichen Einsatz von Umwelt- und Naturschutzverbänden sowie einzelner Naturschützer zurückgeht. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass die verhältnismäßig schnell wachsende Wolfspopulation zunehmend Konflikte verursacht. Diese sind nur durch ein überlegtes, nachhaltiges Management auf ein verträgliches Maß zu minimieren. Die Frage der Akzeptanz in der Bevölkerung, vor allem bei den Nutztierhaltern und in der Jägerschaft, sind unabdingbare Voraussetzungen für die Fortschreibung der bisherigen Geschichte.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, glauben Sie mir, als Abgeordneter der Lausitz weiß ich nur zu gut, dass dies keine leichte Aufgabe ist. Meine Freunde vom NABU Regionalverband Spremberg schreiben mit einigem Stolz auf ihrer Internetseite: Alle deutschen Wölfe sind Lausitzer. – In der Tat, die Lausitz ist quasi der Ausgangsort der Wiederbesiedlung unseres Landes und Westpolens. Mein Wahlkreis ist vermutlich die wolfsreichste Region in Deutschland. Auf 1 820 Quadratkilometer Fläche befinden sich fünf Wolfsrudel und ein welpenloses Paar. Mir sind also die Konflikte sehr wohl bekannt, die sich mit der Wiederansiedlung des Wolfes in unserem Land ergeben. Ich weiß um die Bedeutung der Akzeptanzfrage.

Festzuhalten bleibt: Das Wolfsmanagement ist zunächst eine Aufgabe der Länder. Von daher ist es gut und richtig, dass die Länder für ein erfolgreiches Management die erforderlichen finanziellen Mittel zur Verfügung stellen. Begrüßenswert sind ferner die länderübergreifenden und internationalen Maßnahmen von Bund und Ländern zum Monitoring und zum Management. Auch ist der Beschluss der Umweltministerkonferenz vom 21. Mai 2015, den Bund bei der Einrichtung und beim Betrieb einer Dokumentationsstelle zu unterstützen, ein positives Signal.

Bei allen Erfolgen sehen wir aber auch Handlungsbedarf, der jedoch weit über das hinausgeht, was im vorliegenden Antrag formuliert wurde: Ein bundesweit einheitliches Wolfsmanagement in gemeinsamer Verantwortung von Bund und Ländern, ein Fachbeirat, bestehend aus allen Interessenvertretern, die an der Dokumentations- und Beratungsstelle beteiligt werden, ein bundesweit agierendes Expertenteam für Empfehlungen zur Vergrämung und gegebenenfalls zur Entnahme von auffälligen Tieren, die Änderung der Tierschutz-Hundeverordnung für den Herdenschutzhund, bundesweit und mit den europäischen Nachbarstaaten abgestimmte Forschungsvorhaben zur Analyse des Genaustausches zwischen der mitteleuropäischen und der baltischen Population, Lebensraum­analysen bezüglich der Populationsobergrenzen und eine bundesweite Harmonisierung von Schutzmaßnahmen für alle – ich betone: für alle – Weidetier- und Gatterwildhalter, Ausgleichszahlungen für Nutztierrisse und finanzielle Unterstützung für Herdenschutzhunde – mit diesen Punkten können wir in der Zukunft das Zusammenleben von Wolf und Mensch in unserem dichtbesiedelten Land auf jeden Fall sichern. All das findet sich im vorliegenden Antrag noch nicht deutlich formuliert, und deswegen werden wir ihm nicht zustimmen.

Abschließend wünsche ich Ihnen allen ein frohes Fest und einen guten Rutsch in das Jahr 2016.

Danke.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6305363
Wahlperiode 18
Sitzung 146
Tagesordnungspunkt Wolfsschutz
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