Andreas JungCDU/CSU - Nachhaltige Entwicklung in Deutschland
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will zu Beginn an meine Vorrednerin anknüpfen und unterstreichen, dass sich der Parlamentarische Beirat durchaus als Fürsprecher dafür versteht, dass wir als Deutscher Bundestag mit dem, was wir hier tun, Vorreiter für nachhaltige Entwicklung sind und dass das, was wir fordern, beispielsweise im Bereich der nachhaltigen Mobilität, sich als Erwartung an das eigene Haus, an den eigenen Fahrdienst richtet.
(Beifall des Abg. Ulrich Freese [SPD])
Ich will in diesem Zusammenhang auch betonen, dass es – sicher nach langem Ringen und vielen Diskussionen – gelungen ist, die Grenzwerte für die Autos im Fahrdienst des Bundestages zu verschärfen und diese verschärften Grenzwerte auch einzuhalten. Der Parlamentarische Beirat fordert jetzt, dass hier verstärkt Elektroautos eingesetzt werden. Nach Gesprächen mit dem Ältestenrat vertrauen wir darauf, dass es genau so kommt. Ich möchte diesen Ort dafür nutzen, dieser Forderung noch einmal Nachdruck zu verleihen. Wenn wir Elektromobilität insgesamt voranbringen wollen, dann müssen wir selber mit diesen Autos fahren. Deshalb ist es der richtige Weg, das hier zu betonen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Wir sprechen heute über den Indikatorenbericht, mit dem das Vorankommen der Nachhaltigkeitsstrategie geprüft wird. Die Nachhaltigkeitsstrategie sind quasi die Zehn Gebote für eine nachhaltige Entwicklung in Deutschland, und dieser Bericht ist die unabhängige Überprüfung als Vorlage für das Beichtgespräch. Dabei stellt sich die Frage: Wo kommen wir gut voran, und wo kommen wir weniger gut voran?
Ich will zunächst einmal die internationalen Entwicklungen aufgreifen, die schon angesprochen worden sind. Da kann man nun sagen, dass wir in diesem Jahr ausgesprochen gut vorangekommen sind. Wir haben gestern in der Aktuellen Stunde über den Weltklimavertrag diskutiert, der nach langem Ringen in Paris endlich verabschiedet werden konnte, ein Erfolg dieser Bundesregierung.
Ich will heute verstärkt auf den Nachhaltigkeitsvertrag, den Weltzukunftsvertrag, eingehen, der auch durch den Einsatz der Bundesregierung mit den internationalen Partnern im September dieses Jahres in New York verabschiedet werden konnte und der einen Paradigmenwechsel in der internationalen Politik für Nachhaltigkeit darstellt. 13 Jahre nach dem Umweltgipfel von Rio ist es endlich gelungen, in diesem Jahr in beiden Bereichen, Entwicklung und Umwelt, Verträge zu schließen und damit einen Knopf dranzumachen. Damit wird in New York ein Wechsel vollzogen: von den Millenniumszielen – damals vertrat man noch die Denkweise: das sind Entwicklungsziele für die Entwicklungsländer; sie sollen im Prinzip so werden wie wir, dann wird alles gut – hin zu der Denkweise: Wir alle müssen uns entwickeln; denn wenn die Menschen in den Entwicklungsländern mit Ressourcen, Energie und Flächen so umgehen würden wie wir, dann bräuchten wir zwei Planeten. Wir haben aber nur einen, und den müssen wir gemeinsam bewahren. Deshalb sind diese Verträge ein Erfolg. Sie sind aber jetzt vor allem auch Auftrag.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Zu diesem Auftrag gehört unsere internationale Verantwortung. Ich will an dieser Stelle betonen: Ich finde, es ist ein großer Erfolg, dass es gelungen ist, den Etat für Entwicklungshilfe in den nächsten Jahren um 8,3 Milliarden Euro aufwachsen zu lassen. Das ist ein ganz erheblicher Fortschritt. Wir können sagen: Wenn es die Bundesregierungen vor uns genauso gemacht hätten wie diese Bundesregierung, dann müssten wir uns keine Sorgen über die Einhaltung des 0,7‑Prozent-Ziels – also 0,7 Prozent unseres Bruttoinlandsprodukts für Entwicklungshilfe bereitzustellen – machen. Da haben wir jetzt einen wichtigen Punkt gemacht.
Trotzdem müssen wir, weil das in der Vergangenheit eben nicht erfolgt ist, den Finger immer wieder in die Wunde legen und sagen: Das müssen wir erreichen. Dieses Versprechen wurde über Jahre und Jahrzehnte von unterschiedlichen Bundesregierungen gegeben. Das muss eingehalten werden. Dafür brauchen wir einen ganz konkreten Stufenplan, der auch gegenüber den Partnern in den Entwicklungsländern zeigt: Wir nehmen unsere Verantwortung wahr, und wir lösen unsere Versprechen ein. – Das gehört zur Glaubwürdigkeit dazu. Das müssen wir auch tun.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
In dem Bericht wird mit Blick auf die internationale Verantwortung darauf hingewiesen, dass unser Handel mit Entwicklungsländern stagniert. Da müssen wir vorankommen. Wir brauchen Wertschöpfung in diesen Ländern. Nur durch diese Wertschöpfung wird es dort auch Perspektiven geben. Nur dann werden die Menschen dort ihre Zukunft sehen und vor Ort bleiben.
Deshalb brauchen wir Fortschritte – das betrifft das Ressort von Gerd Müller –: Wir müssen die Transparenz der Lieferketten engagiert angehen und uns dafür einsetzen, dass das, was dort produziert und hier verkauft wird, sich nicht in einer Sphäre vollzieht, in der unsere sozialen und ökologischen Standards nicht eingehalten werden. Das Beispiel der T-Shirts ist bereits angesprochen worden. Wir haben uns im Beirat mit Kakao und Schokolade aus nachhaltigem Anbau beschäftigt. Das, was wir hier konsumieren, muss nachhaltig produziert werden. Dafür tragen auch wir Verantwortung, und deshalb unterstützen wir diese Aktivitäten.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Was das angeht, was in letzter Zeit nicht so gut gelaufen ist, will ich die Europäische Union ansprechen. Wir werden den Prozess einer internationalen Nachhaltigkeit nur dann prägen können, wenn wir als Europäer geschlossen auftreten. Das war bei der Konferenz in New York der Fall. Aber die Europäische Union wollte ihre eigene Nachhaltigkeitsstrategie einstampfen. Sie sollte nur noch ein Unterpunkt der Strategie Europa 2020 sein. Dazu haben wir als Beirat über alle Fraktionsgrenzen hinweg gesagt: Das kann nicht sein.
Die Bundesregierung hat uns in Brüssel unterstützt. Wir haben gefordert, dass die Strategie fortgeführt wird, und nach langem Ringen und vielen Gesprächen gibt es jetzt Anzeichen, dass die EU die Nachhaltigkeitsstrategie fortführt.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Das ist wichtig und notwendig. Alles andere wäre auch ein Armutszeugnis gewesen.
Zu dem, was wir in Deutschland machen, gibt es in dem Bericht vieles, das einen optimistisch stimmen kann. Andreas Lenz hat auf die ausgeglichenen Haushalte hingewiesen. Ich will hinzufügen: Dazu tragen auch die Quote der Jugendlichen, die eine qualifizierte Ausbildung abschließen, die hohe Beschäftigungsquote und die geringe Arbeitslosenquote bei. Das ist ein Beitrag zur Generationengerechtigkeit und zur nachhaltigen Entwicklung. Damit sind wir auf einem guten Weg, und den gilt es weiter voranzuschreiten.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)
Ich will aber zum Schluss auch ansprechen, dass wir Hausaufgaben haben. Ich will einige wenige Bereiche ansprechen. Wir haben vor allem Hausaufgaben im Bereich der Artenvielfalt. Die Zahlen sind drastisch und dramatisch: Arten verschwinden, und wenn eine Art erst einmal verschwunden ist, dann kann man das nicht mehr korrigieren; dann ist sie für immer weg. Deshalb müssen wir jetzt konsistent über alle Ressorts und Fachbereiche hinweg – Umwelt, Landwirtschaft, Forsten und Städtebau – handeln; da besteht Handlungsbedarf.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ich will noch einen Bereich hinzufügen: Das gilt auch für das Vorankommen des Ökolandbaus. Da sind die Österreicher noch besser als wir, und wir sollten entsprechend aufholen.
(Beifall des Abg. Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Es gibt also noch einiges zu tun. Wir werden das als Parlamentarischer Beirat beherzt angehen. Ich will mich zum Ende dieses Jahres bei allen Kolleginnen und Kollegen für die ausgesprochen gute und konstruktive gemeinsame Arbeit an der Sache und für die Sache bedanken. Alles Gute.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Das Wort hat nun der Kollege Bernd Westphal für die SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6307245 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 147 |
Tagesordnungspunkt | Nachhaltige Entwicklung in Deutschland |