18.12.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 147 / Tagesordnungspunkt 23

Dagmar SchmidtSPD - Lebensstandardsichernde Rente

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Sehr geehrte Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen und liebe Kolleginnen und Kollegen der Fraktion Die Linke! Niemand bestreitet, dass das Rentenniveau in der von Ihnen beschriebenen Weise sinken wird. Das hat bisher niemand getan.

Das Rentenniveau sinkt auch nicht erst, wie gerne und auch dieses Mal wieder von Ihnen behauptet, seit Gerhard Schröders Kanzlerschaft, sondern bereits seit Anfang der 80er-Jahre. Dass es nicht endlos weitersinken kann, ist auch klar. Ich glaube, alle Fraktionen – nicht nur Sie – beschäftigen sich mit dieser Frage.

(Dr. André Hahn [DIE LINKE]: Es wird dadurch nicht besser!)

Wenn wir aber sagen, dass das Rentenniveau sinkt, dann meinen wir das theoretische Modell mit dem sogenannten Eckrentner. Die Wahrheit über die reale soziale Lage der Rentnerinnen und Rentner in Deutschland erzählt uns der Eckrentner aber nicht; denn seine Erwerbsbiografie gibt es nicht. 45 Jahre Vollzeit und Durchschnittsverdienst, das ist ein zutiefst hypothetisches Arbeitsleben. Einige arbeiten länger. Viele schaffen keine 45 Jahre. Manche verdienen mehr, andere weniger. So ist das nun einmal mit dem Durchschnitt.

Das Standardrentenniveau kennzeichnet als statistische Maßzahl die relative Einkommensposition der Rentnerinnen und Rentner im Vergleich zu den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Es sagt uns aber nichts über die realen Altersrenten realistischer und tatsächlicher Erwerbsbiografien. Diese sehen anders aus. Denn zur ganzen Wahrheit der Rente gehört: Schlechte Löhne führen zu schlechten Renten. Deswegen haben wir den Mindestlohn eingeführt und haben damit 4 Millionen Menschen die Löhne erhöht.

(Beifall bei der SPD – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Das holt keinen Rentner aus der Armut heraus!)

Der Mindestlohn allein reicht aber nicht. Deswegen stärken wir die Tarifpartnerschaft. Das haben wir zum Beispiel getan mit der Erleichterung der Allgemeinverbindlichkeitserklärung von Tarifverträgen.

(Jutta Krellmann [DIE LINKE]: Das hat aber nicht funktioniert!)

Wir wollen die Tarifpartnerschaft aber auch im Zuge der Regelungen von Leiharbeit und Werkverträgen stärken.

(Beifall bei der SPD)

Klare und starre gesetzliche Regelungen als Grundlage, aber flexible Handhabungsmöglichkeiten im Rahmen von Branchentarifverträgen, also Mindestlohn als Anstandsgrenze und starke Anreize, tarifpartnerschaftlich zu agieren, das stärkt die Löhne insgesamt.

Teilzeitarbeit und kurze Erwerbsbiografien führen ebenfalls zu schlechten Renten. Wie Sie bereits gesagt haben, beschreibt das die Situation vieler Frauen. Deswegen werden wir noch in dieser Legislaturperiode das Recht auf Rückkehr von Teilzeit in Vollzeit umsetzen.

(Beifall bei der SPD – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Warum klatscht bei der CDU/CSU keiner?)

Wir fördern Partnerschaftlichkeit und Flexibilität bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf zum Beispiel durch das Elterngeld Plus und verringern damit die Rentenlücke zwischen Männern und Frauen.

Genauso führen gebrochene Erwerbsbiografien, Arbeit ohne Alterssicherung, zum Beispiel Soloselbstständigkeit, oder andere schlecht versicherte oder unversicherte selbstständige Arbeit zu schlechten Renten. Wir wollen erreichen, dass keine Erwerbstätigkeit ohne Absicherung im Alter bleibt. Das betrifft vor allem Soloselbstständige. Aber am Ende steht für uns als SPD eine Erwerbstätigenversicherung für alle, auch wenn wir das in dieser Legislaturperiode noch nicht erreichen werden.

(Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was sagen denn die Rechtspolitiker von der SPD dazu?)

Auch Krankheit und früher Renteneintritt führen zu schlechten Renten. Deshalb haben wir im Rahmen der AG „Flexible Übergänge“ vieles beschlossen, was die Gesundheitsprävention und die Unterstützung von Menschen mit besonders schwerer Arbeit verbessert.

(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber die Gesetze kommen nicht!)

Das alles verbessert die Basis für die Rente deutlich. Von alledem haben viele Menschen in der Vergangenheit aber noch nicht profitieren können. Deswegen verstehe ich nicht, wieso Sie in Ihrem Antrag abschätzig über unser Vorhaben der Einführung einer Solidarrente reden.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Das kann ich Ihnen gerne erklären!)

Denn Sicherheit vor Altersarmut erlangt man nicht über die Anhebung des Rentenniveaus. Bei der solidarischen Lebensleistungsrente werden wir geringe Anwartschaften aufwerten. Das kann zu Anhebungen von bis zu 50 Prozent führen für diejenigen, die es am meisten brauchen. Das erreichen Sie mit Ihrer Forderung nach 53 Prozent Rentenniveau, also einer Steigerung um 11 Prozent, für alle aber nicht.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Deshalb machen wir auch eine solidarische Mindestrente dazu!)

– Legen Sie einmal alles vor und erklären uns dann, wie Sie das finanzieren. Dann diskutieren wir noch einmal.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Sehr gerne! Jetzt?)

Ich verstehe auch nicht, warum Sie in Ihrem Antrag abschätzig darüber schreiben, dass wir die betriebliche Altersversorgung stärken, verbessern und verbreitern wollen. Aber dazu wird mein Kollege Ralf Kapschack gleich noch etwas sagen.

Rentenpolitik ist eine dauerhafte Aufgabe. Kein Rentenkonzept dieser Welt wird auf alle Zeiten für alle eine gute Antwort geben. Unsere Gesellschaft, unsere Wirtschaft und unser Arbeitsleben verändern sich nicht nur durch die Digitalisierung. Frauen arbeiten mehr, Männer wollen weniger arbeiten. Der demografische Wandel hat seine schwierigen Auswirkungen. Genauso kann aber die Zuwanderung unsere Gesellschaft positiv beeinflussen. Wir haben viel Gutes auf den Weg gebracht. Seien Sie versichert: Genauso erfolgreich werden wir alle weiteren Herausforderungen in der Rentenpolitik annehmen.

„Ein gutes Gewissen ist ein ständiges Weihnachten“, sagte Benjamin Franklin. Wir haben nicht nur ein gutes Gewissen; wir sind auch stolz auf das, was wir in den letzten zwei Jahren erreicht haben. Ich wünsche Ihnen allen ein schönes, fröhliches und vor allem ein friedliches Weihnachtsfest.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Für die CDU/CSU-Fraktion hat die Kollegin Jana Schimke das Wort.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6307502
Wahlperiode 18
Sitzung 147
Tagesordnungspunkt Lebensstandardsichernde Rente
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