Ralf KapschackSPD - Lebensstandardsichernde Rente
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer! Die gesetzliche Rente ist und bleibt der zentrale Ansatzpunkt, um eine Altersversorgung zu gewährleisten, von der Frau und Mann gut leben können.
(Beifall bei der SPD)
Das ist völlig klar. Deshalb ist es gut – vielen Dank dafür –, dass wir heute darüber reden können. Es gibt in der Tat noch einiges zu tun. Vieles ist angesprochen worden. Ich will mich auf einen besonderen Aspekt konzentrieren.
Vorab: Es bleibt für mich und uns bei der Idee, langfristig eine Erwerbstätigenversicherung aufzubauen und die gesetzliche Rentenversicherung zu einer Altersversorgung für alle Beschäftigten, also auch für Selbstständige und Beamte, umzubauen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des Abg. Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Dr. André Hahn [DIE LINKE]: Das ist gut! – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Da machen wir mit!)
Das schafft mehr Gerechtigkeit, und das schafft auch neue finanzielle Spielräume. Aber – das muss man der Ehrlichkeit halber sagen – auch eine Erwerbstätigenversicherung löst nicht alle Probleme. Trotzdem ist sie aus meiner und unserer Sicht langfristig der richtige Weg. Deshalb halten wir daran fest. Zugegeben: Nächste Woche wird das noch nichts. Das wird schon noch ein bisschen dauern.
(Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Gestern war ein Rückschritt da! – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Mit der CDU könnt ihr das nicht machen!)
Deshalb müssen wir uns natürlich damit beschäftigen, wie wir die jetzige Form der Altersversorgung absichern. Die gesetzliche Rente ist – ich habe es gesagt – der zentrale Teil, aber sie ist eben nur ein Teil. Das Gesetz schreibt vor, dass spätestens 2020 – das ist nicht mehr ganz so weit – eine Überprüfung zu erfolgen hat und geeignete Maßnahmen zu ergreifen sind, wenn Beitragssatz und Sicherungsniveau von den Plänen abweichen und wenn die freiwillige zusätzliche Altersversorgung nicht ausreicht, um dieses Niveau zu halten.
In der Tat – das ist schon angesprochen worden – hat die private Altersversorgung die Erwartungen bislang nicht erfüllt. Wir haben 16 Millionen Riester-Verträge, aber das entspricht nur rund 35 Prozent der Beschäftigten. Bei knapp 20 Prozent der Verträge wird zurzeit gar nichts eingezahlt.
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: So ist es!)
Woran liegt das? Für manche ist das Thema Rente sicher noch weit weg, aber viele können sich die zusätzliche Vorsorge auch nicht leisten. Von den Geringverdienern erhalten mehr als 40 Prozent weder eine Betriebsrente noch eine Riester-Rente, also ausgerechnet diejenigen, die die zusätzliche Vorsorge am dringendsten brauchen. Das müssen wir ändern, und das wollen wir ändern.
(Beifall bei der SPD – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Warum klatscht die CDU nicht?)
Gerade Geringverdiener werden auch in Zukunft auf zusätzliche Vorsorge angewiesen sein. Eine Diskussion über das Rentenniveau allein hilft ihnen nicht.
Die betriebliche und tarifvertraglich abgesicherte Altersversorgung ist für uns die beste Form der privaten und zugleich kollektiven Altersversorgung. Wir wollen sie stärken und durch die Erleichterung bei der Allgemeinverbindlichkeit auch in Regionen und Branchen in Deutschland durchsetzen, in denen sie derzeit aufgrund der geringen Tarifbindung noch viel zu wenig genutzt wird. Die Stärkung der betrieblichen Altersversorgung ist für uns eine wünschenswerte Ergänzung der gesetzlichen Rente.
Zurzeit haben etwa 60 Prozent der Beschäftigten Anspruch auf eine betriebliche Altersversorgung, in Großbetrieben ist es fast jeder, im Handwerk aber nur jeder Zehnte. Auch für Mittel- und Kleinbetriebe muss die betriebliche Altersversorgung selbstverständlich werden. So ist das im Koalitionsvertrag formuliert, und so werden wir das umsetzen.
(Beifall bei der SPD)
Der Klempner- oder Bäckermeister will sich, wenn er abends die Lohnabrechnung macht, in der Regel nicht auch noch um die betriebliche Altersversorgung kümmern, und das kann er auch nicht. Eben weil vor allem kleine Betriebe oft damit überfordert sind, sollte es nach unserer Ansicht tarifvertragliche Lösungen geben. Die Betriebe könnten von Risiko und Organisationsaufwand entlastet werden. Gleichzeitig können gemeinsame Einrichtungen durch ihre Größe Kostenvorteile beim Vertrieb, bei den Verwaltungskosten und bei möglichen Anlagen realisieren. Das Arbeitsministerium arbeitet an entsprechenden Vorschlägen.
Aus meiner Sicht brauchen wir eine obligatorische Regelung. Das heißt: Jede oder jeder Beschäftigte muss in Zukunft ein Angebot des Arbeitgebers für eine betriebliche Altersversorgung bekommen. Die Erfahrung in den Nachbarländern zeigt, dass eine solche Regelung zu einer deutlich besseren Verbreitung führt. Auch die Christlich-Demokratische Arbeitnehmerschaft hat sich vor kurzem für eine obligatorische betriebliche Altersversorgung ausgesprochen. Ich finde das prima und unterstütze sie natürlich dabei.
Martin Rosemann hat es gesagt: Betriebliche Altersversorgung ist für uns nicht nur betriebliche Personalpolitik, sondern auch Sozialpolitik im eigentlichen Sinne. Klar ist doch – das sollte man an dieser Stelle auch sagen –: Wenn sich die Situation bei der betrieblichen Altersversorgung nicht ändert, wenn nicht deutlich mehr Unternehmen ihren Beschäftigten eine betriebliche Altersversorgung anbieten, dann wird der Druck steigen, die Beiträge in der gesetzlichen Rentenversicherung zu erhöhen, um eine angemessene Versorgung zu gewährleisten. Auch deshalb wäre es für Unternehmen sehr kurzsichtig, weiter auf betriebliche Altersversorgung zu verzichten. Denn höheren Beiträgen können sie sich nicht entziehen.
In den nächsten Wochen sollen die Ergebnisse eines Gutachtens vorliegen, das vom Finanzministerium in Auftrag gegeben worden ist. Davon erhoffen wir uns Erkenntnisse über die Wirkung der steuerlichen Förderung der betrieblichen Altersversorgung. Ich vermute, wir werden auch in Zukunft bei der betrieblichen Altersversorgung mit Zulagen arbeiten müssen, um Geringverdienern den Zugang zu ermöglichen; denn von steuerlicher Förderung haben sie wegen ihres niedrigen Einkommens in der Regel nichts.
Im kommenden Jahr werden wir hier über konkrete Vorschläge zur Reform der betrieblichen Altersversorgung diskutieren. Darauf freue ich mich schon. Für uns ist und bleibt die gesetzliche Rente der Kern der Altersversorgung. Aber die betriebliche Altersversorgung ist eine sinnvolle Ergänzung.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit und schöne Weihnachten.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6307590 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 147 |
Tagesordnungspunkt | Lebensstandardsichernde Rente |