Herlind GundelachCDU/CSU - Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben in der Vergangenheit in der Tat sehr viel über die Erzeugung von Energie debattiert und auch viel zu lange über die Bedeutung der Energieeffizienz, aber ihrer Förderung zu wenig Aufmerksamkeit zukommen lassen. Vor allem die Wärme wurde in der Tat ein wenig stiefmütterlich behandelt. Aber vor diesem Hintergrund würde mich eigentlich dann doch mal interessieren, ob Frau Verlinden auch definieren kann, was unfaire Wärme ist, wenn sie sagt, dass es faire Wärme gibt.
(Dr. Julia Verlinden [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja! Dann haben Sie nicht zugehört!)
Aber weil das so ist, haben wir im Koalitionsvertrag 2013 festgehalten, dass Energieeffizienz die zweite Säule der Energiewende darstellt, und genau nach dieser Maßgabe handeln wir auch.
(Dr. Julia Verlinden [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Davon sehe ich wenig!)
2014 kam der NAPE mit Sofortmaßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz und einer Vielzahl weiterführender Arbeitsprozesse. Für uns galt aber immer: Nach dem NAPE ist vor dem NAPE. Wir arbeiten deshalb konsequent an neuen Ideen und Impulsen für die Energieeffizienz, natürlich auch für die Wärme. Daher wird allein das im Rahmen des Koalitionsgipfels im Juli 2015 beschlossene Effizienzpaket bis zum Jahr 2020 Haushaltsmittel in Höhe von insgesamt 5,8 Milliarden Euro für mehr Energieeffizienz bereitstellen. Deswegen verwundert es mich doch, dass die Grünen jetzt ein Gesetz auf den Weg bringen wollen, das sich an einem Landesgesetz orientiert, nämlich an dem Erneuerbare-Wärme-Gesetz des Landes Baden-Württemberg, das sich in der Vergangenheit nicht unbedingt bewährt hat.
(Dr. Julia Verlinden [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was? – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wieso das?)
– Nein. Im vorliegenden Gesetzentwurf der Kolleginnen und Kollegen von den Grünen ist, genauso wie damals in Baden-Württemberg, eine Pflicht zur anteiligen Nutzung von Erneuerbaren bei der Wärmeversorgung auch im privaten Gebäudebestand vorgesehen.
(Dr. Julia Verlinden [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, das ist wichtig, wenn wir die Klimaziele erreichen wollen!)
– Genau. Die Grünen möchten folglich, dass Hauseigentümer, wie immer bei Ihnen, beim Tausch der Heizung bestimmte Dinge nutzen müssen.
(Max Straubinger [CDU/CSU]: Bevormundet werden!)
Die Bilanz des Erneuerbaren-Wärme-Gesetzes in Baden-Württemberg ist sehr durchwachsen. Hier haben viele Hausbesitzer vor Inkrafttreten des Gesetzes schnell noch ihre Kessel getauscht, um die Pflicht zu umgehen. Danach gab es dann einen starken Einbruch bei den Umsätzen mit Erneuerbaren für die Handwerker und für die Hersteller.
(Dr. Julia Verlinden [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Von wem haben Sie denn diese Zahlen?)
– Das können Sie nachlesen. Das hat übrigens sogar die Regierung festgestellt.
(Dr. Julia Verlinden [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es gibt überhaupt keine vernünftige Datenlage! – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wenn Sie die Gaskesselhersteller fragen, dann ist ja klar, dass die das erzählen!)
Seit der Einführung der Pflicht warten die Hausbesitzer meist darauf, bis ihre Heizung richtig kaputt ist, bevor sie etwas tun. Das belegt im Übrigen auch der Modernisierungsindex, der zeigt, das Baden-Württemberg seit Inkrafttreten des Gesetzes hinter den Bundestrend zurückfällt.
(Dr. Julia Verlinden [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein! – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sind die Zahlen der Gasindustrie! Das ist doch klar!)
Im Länderranking zum Ausbau der erneuerbaren Energien belegt Baden-Württemberg den vierten Platz. Diese Zahlen haben wahrscheinlich auch dazu geführt, dass in anderen Bundesländern trotz grüner Regierungsbeteiligung bislang keine vergleichbaren Regelungen getroffen wurden. Denn: Pflichten funktionieren in diesem Fall gut nur im Neubau.
(Dr. Julia Verlinden [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es funktioniert gut auf Bundesebene!)
Entsprechend handelt auch der Bund.
Im Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz des Bundes zum Neubau werden auch private Eigentümer zur anteiligen Nutzung von erneuerbaren Energien verpflichtet.
(Dr. Julia Verlinden [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie wollen Sie die Klimaziele denn erreichen?)
Auf dem EEWärmeG fußt außerdem das Marktanreizprogramm zur Förderung der erneuerbare Energien, mit dem wir den Ausbau erneuerbarer Wärme im Gebäudebestand fördern. Das Marktanzreizprogramm hat insofern das gleiche Ziel, das Sie mit dem vorliegenden Gesetzentwurf verfolgen, aber es beschreitet einen anderen Weg zur Zielerreichung:
(Dr. Julia Verlinden [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es wird nicht reichen!)
Es beruht nämlich auf Freiwilligkeit und nicht auf Bevormundung.
Die Grünen begründen ihre Idee zum Zwang auf nationaler Ebene – das haben Sie eben auch gemacht – vor allen Dingen mit der Behauptung, dass wir das im EEWärmeG formulierte Ziel, nämlich den Anteil der erneuerbaren Energien am Wärme- und Kälteverbrauch bis 2020 auf 14 Prozent zu erhöhen, ohne eine Pflicht zum anteiligen Einbau nicht schaffen könnten. Aber das ist erfreulicherweise ja nur eine Behauptung.
(Dr. Julia Verlinden [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber glauben Sie, die 14 Prozent reichen als Ziel?)
Denn die Praxis widerlegt Ihre Annahme.
Die Kombination aus gesetzlicher Nutzungspflicht beim Neubau und dem Marktanreizprogramm für die Förderung und den Ausbau im Gebäudebestand hat sich nämlich bewährt. So zeigt der Zweite Erfahrungsbericht zum EEWärmeG, der am 18. November dieses Jahres vom Bundeskabinett verabschiedet wurde, dass der Anteil der Erneuerbaren in der Wärme- und Kälteversorgung von 8,5 Prozent im Jahre 2008, also vor dem Inkrafttreten des EEWärmeG, auf inzwischen 12 Prozent in 2014 gestiegen ist.
(Dr. Julia Verlinden [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich habe Ihnen doch gerade erklärt, warum das die falsche Berechnung ist! – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da schummeln Sie! Fragen Sie doch einmal Ihre eigene Expertenkommission! Die sagt Ihnen, dass da geschummelt wird!)
– Nein, wir schummeln überhaupt nicht, sondern das ist eine saubere Berechnung, die Sie nachvollziehen können.
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es ist doch klar, dass da geschummelt wird!)
– Nein, ich könnte genauso gut behaupten, Sie schummeln bei Ihrer Interpretation. Wir können die Zahlen bei Gelegenheit gerne miteinander vergleichen.
Die Prognose des Erfahrungsberichts geht auf Grundlage der vorhandenen Zahlen übrigens auch davon aus, dass der Anteil bis 2020 voraussichtlich auf 16,3 Prozent ansteigen wird. Damit werden wir unser Ziel, 14 Prozent in 2020, auch mühelos erreichen, ja wir werden es sogar übertreffen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Dr. Julia Verlinden [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und dann ist alles gut, oder was?)
Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, eine ordnungsrechtliche Nutzungspflicht für erneuerbare Energien senkt in der Regel die Akzeptanz und die Bereitschaft der Bürgerinnen und Bürger, überhaupt Maßnahmen zur Heizungsmodernisierung zu ergreifen. Deshalb setzt die am 18. November von der Bundesregierung verabschiedete Energieeffizienzstrategie Gebäude auch weiterhin ausdrücklich auf Freiwilligkeit und eben auf das Marktanreizprogramm, das in diesem Jahr übrigens ganz hervorragend angenommen wurde. Dieses Programm wäre aus haushaltsrechtlichen Gründen übrigens gar nicht mit einer gesetzlichen Pflicht zum Einbau kombinierbar; denn das, was Gesetz ist, dürfen Sie über das Haushaltsrecht nicht mehr fördern. Das kann ja wohl auch nicht in Ihrem Interesse sein.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, Ihr Vorschlag ist aus meiner Sicht deswegen ein alter Schuh, der noch nicht mal passt.
(Dr. Julia Verlinden [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben gar keine Idee!)
– Doch. – Was wir brauchen, sind kreative und innovative Ideen und Konzepte. Wir brauchen Gesetze, Verordnungen, Programme und Impulse, die genau aufeinander abgestimmt sind;
(Dr. Julia Verlinden [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja! – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und Sie machen gar nichts!)
denn sonst behindern sich nicht nur die Maßnahmen gegenseitig, sondern dann behindern wir auch die Menschen, die sie umsetzen wollen.
Da wir schon fast Weihnachten haben und diese Debatte die letzte vor dem Fest ist, sage ich auch noch ein paar versöhnende Worte: Als jemand, der seit 1987 Umweltpolitik macht und schon bei der Vor- und Nachbereitung der Konferenz von Rio dabei war, finde ich Ihr Engagement für den Klimaschutz ja grundsätzlich positiv;
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist aber schön!)
aber müssen Sie denn immer gleich die Gesetzeskeule schwingen
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich denke, es kommen versöhnliche Worte!)
und auf Gebote und Verbote setzen? – Die versöhnlichen Worte kommen im zweiten Teil. –
(Lachen beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach so!)
Darauf reagieren Menschen nämlich in der Regel allergisch. Dann suchen sie nach Wegen, wie sie diese Verbote umgehen können; denn die Menschen wollen in der Regel nicht gegängelt werden. Wenn Sie mir das nicht glauben, dann schauen Sie doch einfach einmal in die einschlägige psychologische Literatur oder in weihnachtlicher Muße – das ist zugegebenermaßen sehr anstrengend – in die Werke des großen Kirchenlehrers und Philosophen Thomas von Aquin.
Ich appelliere an Sie: Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten, dass die Menschen aufgrund von Einsicht und eigener Erkenntnis im Interesse des Klimaschutzes handeln.
(Dr. Julia Verlinden [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja! Da sind wir dabei!)
Lassen Sie uns das neue Jahr in diesem Sinne mit gemeinsamem Schwung und energieeffizient nutzen. Ich freue mich auf viele fruchtbare Diskussionen mit Ihnen in den kommenden Monaten.
Ihnen und Ihren Familien wünsche ich ein schönes und friedfertiges Weihnachtsfest und alles Gute für das kommende Jahr.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Vielen Dank. – Als nächster Redner spricht Ralph Lenkert für die Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6307904 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 147 |
Tagesordnungspunkt | Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz |