18.12.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 147 / Tagesordnungspunkt 26

Andreas LenzCDU/CSU - Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Es geht um einen Gesetzentwurf der Grünen zur Änderung des Erneuerbare-Energien-Wärmegesetzes. Bisher hatten wir es immer mit Anträgen von Ihnen, Frau Verlinden, zu tun. Jetzt liegt gleich ein ganzer Gesetzentwurf vor.

(Dr. Julia Verlinden [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Yeah!)

„Respekt!“, dachte ich mir zuerst. Aber ein zweiter Blick machte mir klar: Es handelt sich um nicht mehr als eine Kopie des Gesetzes aus Baden-Württemberg; Sie sagten das ja vorhin selbst.

Sie führten in einem Interview aus:

Wir haben die Regelungen aus Baden-Württemberg fast durchgängig übernommen.

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, weil die sich da bewährt haben! – Max Straubinger [CDU/CSU]: Jawohl, so ist es!)

Ich rate Ihnen: Schreiben Sie doch wenigstens von den Klassenbesten ab und nicht von Klassenschlechtesten.

(Beifall bei der CDU/CSU – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was kommt denn jetzt? – Dr. Julia Verlinden [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer sind denn Ihrer Meinung nach die Klassenbesten?)

– Darauf komme ich noch.

Der Gesetzentwurf hat eine Pflicht zur anteiligen Nutzung von erneuerbaren Energien für die Wärmeversorgung auch im privaten Gebäudebestand zum Inhalt. Der Pflichtanteil der erneuerbaren Energien bei der Wärme soll auf 15 Prozent steigen. Es soll außerdem eine Ausdehnung der Verpflichtungen auf den privaten Bereich und auf Nichtwohngebäude geben, genauso wie eben in Baden-Württemberg. Ich muss schon einmal sagen: Versuchen Sie erst einmal, Ihre rot-grünen Länderkollegen zu überzeugen, bevor Sie beim Bund anfangen.

(Dr. Julia Verlinden [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was nützt es denn der Branche, wenn wir 16 Landesgesetze haben? Wem nützt das denn?)

Kein anderes Bundesland hat bisher dieses Gesetz übernommen. Aber der Bund soll es machen.

(Dr. Julia Verlinden [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, weil Einheitlichkeit für die Branche besser ist!)

Das entbehrt einer gewissen Logik.

Schaut man sich das Gesetz an, dann gibt es gute Gründe – wir haben es vorhin schon gehört –, warum sich niemand diesem Gesetz anschließt. Die Ausdehnung der Nutzungspflicht für erneuerbare Energien auf den privaten Gebäudebestand ist weder notwendig noch sachgerecht. In der Praxis kann ein solches Gesetz zu Attentismus führen, dadurch, dass die Heizungen noch später repariert werden oder noch länger repariert werden, bevor sie letztlich ausgewechselt werden. Der Umwelt wäre hiermit ein Bärendienst erwiesen. Die Leute lassen sich nicht gerne etwas vorschreiben.

(Dr. Julia Verlinden [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: VW lässt sich auch nicht gerne etwas vorschreiben!)

Verpflichtungen und Zwang erreichen häufig weniger als kluge Anreize. Diese richtigen klugen Ansätze werden Gesetz. Im privaten Gebäudebestand wird der Ausbau erneuerbarer Wärme durch das Marktanreizprogramm unterstützt. Im aktuellen Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz ist diese Förderung als zentrales Instrument ausdrücklich verankert.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Gerade die Kombination aus Erneuerbaren-Energien-Wärmegesetz mit der gesetzlichen Nutzungspflicht für den Neubau und dem Marktanreizprogramm für den Bestand hat sich als wirksam erwiesen. Der am 18. November von der Bundesregierung verabschiedete Zweite Erfahrungsbericht zeigt, dass die Instrumente des Gesetzes wirken. Der Anteil hat sich auf 12,2 Prozent erhöht. Man kann immer sagen: Das ist zu wenig. Man kann auch immer die Berechnungsgrundlage kritisieren,

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist geschummelt!)

nichtsdestotrotz haben wir einen Anstieg zu verzeichnen.

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein! Er geht sogar zurück! – Dr. Julia Verlinden [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, das haben sogar die Experten gesagt!)

Wenn es in diesem Bereich in diese Richtung weitergeht, dann rechnet die Bundesregierung bis 2020 voraussichtlich mit einem Anteil von 16,3 Prozent der erneuerbaren Wärme.

(Dr. Julia Verlinden [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Reicht nicht, um die Welt zu retten!)

Das ist sogar noch höher als der Zielwert von 14 Prozent. Jetzt können wir trefflich diskutieren, ob es reicht, aber auf jeden Fall ist zu konstatieren, dass das von Ihnen vorgeschlagene Gesetz der falsche Weg für ein solches Ziel wäre.

(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Julia Verlinden [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir haben wenigstens Vorschläge! Von Ihnen kommt ja nichts!)

Schauen Sie einmal auf Bayern statt auf Baden-Württemberg.

(Max Straubinger [CDU/CSU]: Können Sie abschreiben!)

Hier liegt der Anteil der erneuerbaren Energien im Wärmebereich 2014 bei 19,6 Prozent, ganz ohne Gesetz.

(Dr. Julia Verlinden [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum gelingt das nicht auf Bundesebene? – Max Straubinger [CDU/CSU]: Bayerische Effektivität!)

Letztlich sind auch die Kosten für die Attraktivität eines Heizsystems entscheidend.

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Biogas und EEG, das haben Sie auch kaputtgemacht!)

Das billige Öl und Gas tragen dazu bei, dass Erneuerbare preislich unattraktiver werden. Das ist übrigens ein Fakt, den Sie niemals für möglich gehalten haben. Deshalb müssen wir schauen, dass wir die Erneuerbaren wettbewerbsfähig machen, und nicht, dass wir Öl und Gas teurer machen.

Steuern sind auch Anreize. Ich möchte bei dieser Gelegenheit auf einen Punkt hinweisen, der die Attraktivität von erneuerbaren Energien im Wärmebereich unnötig behindert. 72 Prozent der erneuerbaren Wärme wurden 2014 durch Holz erzeugt. Dies zeigt auch, dass für die Wärmewende gerade die Biomasse unersetzlich ist. In Deutschland werden Scheite, Briketts und Pellets bei der Umsatzsteuer mit dem begünstigten Satz von 7 Prozent belegt. Das ist auch gut so. Holzhackschnitzel dagegen werden mit dem normalen Steuersatz von 19 Prozent belegt, außer sie bestehen überwiegend aus Nadeln und Rinden und sind so optisch eindeutig als Abfall zu erkennen. Das ist nicht nachvollziehbar. Hier sollten wir ansetzen.

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir warten auf den Gesetzentwurf!)

Eine weitere wichtige Komponente der Wärmewende ist die Geothermie für Fernwärme. Schon heute produzieren viele Versorger ihre Fernwärme umweltschonend mittels Kraft-Wärme-Kopplung. Hier haben wir einiges erreicht. Die Umweltbilanz der Fernwärme ist schon jetzt positiv. Geothermiebasierte Fernwärme ist erneuerbar und zu 100 Prozent CO 2 -frei. Die Stadtwerke München beispielsweise wollen bis zum Jahr 2040 die erste Großstadt rein durch erneuerbare Wärme versorgen. Die große Kreisstadt Erding spart beispielsweise jährlich 9 Millionen Liter Heizöl durch geothermiebasierte Fernwärme. Dies sind sinnvolle und innovative Ansätze, die es gilt zu fördern.

Letztlich brauchen wir also ein Gesamtkonzept aus Energieberatung, gebäudeindividuellen Sanierungsfahrplänen und gesetzlichen Bestandteilen. Genau das wird erstellt. Genau das ist auch richtig. Ihr Gesetzentwurf setzt einseitig auf Zwang

(Dr. Julia Verlinden [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo steht das denn?)

anstatt auf Anreize und kann deshalb leider nicht befürwortet werden.

Sprechen wir aber gerne auch mehr über die Wärmewende

(Dr. Julia Verlinden [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo bleibt sie denn?)

als fundamentalen Bestandteil der Energiewende. Sie muss stärker ins Blickfeld genommen werden. Wir müssen aber natürlich auch die Effizienzseite anschauen, beispielsweise bei der steuerlichen Förderung der energetischen Gebäudesanierung. Da haben auch Sie lange Zeit blockiert.

(Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, Bayern hat blockiert! – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bayern! Seehofer!)

– Nein, nein, jetzt machen wir da mal keine Geschichtsfälschung. Es war immer so, und es ist nach wie vor so, dass Bayern auch einer steuerlichen Förderung gegenüber offen ist.

(Dr. Julia Verlinden [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Anfang des Jahres hat Seehofer mit Koalitionsbruch gedroht!)

Ich komme zum Schluss. Vielleicht sollten wir gerade an Weihnachten ein bisschen an diejenigen denken, die es an Weihnachten überhaupt nicht warm haben. Ich wünsche allen in diesem Sinne ein schönes Weihnachtsfest im Warmen, am besten natürlich unter dem Christbaum mit erneuerbarer Wärme aus Bienenwachs.

In diesem Sinne herzlichen Dank und schöne Weihnachten.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Ganz herzlichen Dank. – Als letzter Redner in der Debatte hat Klaus Mindrup für die SPD-Fraktion das Wort.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6307999
Wahlperiode 18
Sitzung 147
Tagesordnungspunkt Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz
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