13.01.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 148 / Zusatzpunkt 1

Karin MaagCDU/CSU - Vereinbarte Debatte zu den Ereignissen in Köln und anderen Großstädten in der Silvesternacht

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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will am Ende der Debatte den Fokus noch einmal auf die Frauen lenken, die die Hauptopfer in Köln waren. Silvester in Köln: Das war ein bisher noch nie dagewesener Angriff auf die körperliche Integrität, aber vor allen Dingen auf die Würde von Frauen und auf den Respekt vor Frauen. Alle diese Frauen haben ausnahmslos mein Mitgefühl.

Zwei Anzeigen wegen Vergewaltigung; Frauen wurden bedrängt, begrapscht und bestohlen – und die Polizei war nicht in der Lage, die Sicherheit zu gewährleisten. Damit wir uns richtig verstehen – es wurde hier schon gesagt –: Ich mache nicht einem einzelnen Polizisten einen Vorwurf. Ich gehe davon aus, dass jeder in dieser Nacht an seinem Platz das Richtige, Notwendige und Mögliche getan hat. Die schiere Masse war es, die nicht zu bewältigen war.

Umso mehr muss von Köln das Signal ausgehen, dass wir eine solche Provokation des Rechtsstaats nicht mehr dulden; denn mit den Frauen trifft man die verletzlichste Seite unseres Gemeinwesens, und das geht gar nicht.

(Beifall bei der CDU/CSU – Katja Kipping [DIE LINKE]: Was ist das für ein Frauenbild?)

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, mir als Frau sind übrigens die Nationalität und der Status eines Angreifers zunächst egal. Unsere Gesetze und die zugrundeliegenden Wertvorstellungen müssen für alle gelten. Ich weiß, dass die überwiegende Mehrzahl der Migranten und Flüchtlinge diese Vorstellung teilt. Auch sie wollen ja ihre Töchter, ihre Ehefrauen und ihre Freundinnen vor sexuellen Angriffen geschützt sehen.

Ich begrüße ganz ausdrücklich, dass die Reform des Sexualstrafrechts endlich vorangeht und auch Grapschen strafbar werden soll.

Ich bin erleichtert, dass sich die Regierung darauf verständigt hat, Personen, die Straftaten insbesondere auch gegen die sexuelle Selbstbestimmung begehen, die rechtliche Anerkennung als Flüchtling konsequent zu versagen.

Zu den ganz alltäglichen Selbstverständlichkeiten gehört aber auch, dass Frauen alleine oder in Begleitung jederzeit im öffentlichen Raum sicher unterwegs sein können. Dieses Recht und diese Freiheit sehe ich gefährdet, und zwar nicht erst seit Köln. Viele Frauen haben heute schon in der U-Bahn und auf öffentlichen Plätzen ein unsicheres Gefühl. Das heißt, wir haben doch vor allem ein Problem bei der Durchsetzung des Rechts.

Polizeistellen in den Ländern – wir haben es gehört – wurden abgebaut. Ich will auch noch einmal den Fokus auf die Polizeiarbeit lenken. Wertvolle Arbeitszeit muss zum Beispiel darauf verwendet werden, Bilder von Rotlichtsündern abzugleichen. Diese Beamten fehlen doch auf der Straße.

Wenn dann Straftäter gefasst werden, werden Personalien festgestellt. Die Strafverfahren folgen nach Monaten – Verurteilung ungewiss. Auch die Justiz ist überlastet.

Dort müssen wir ansetzen. Jedenfalls müssen die Täter aus Köln genau deshalb zeitnah strafrechtlich belangt werden. Wir müssen beweisen, dass unser Rechtsstaat handlungsfähig und auch sichtbar ist.

Jetzt komme ich noch einmal zu den Tätern. Die meisten kommen aus Marokko, Tunesien oder Algerien, hat man mir aus Köln berichtet. Offensichtlich liegen auch Erkenntnisse vor, dass seit einigen Monaten verstärkt Personen aus dem nordafrikanischen Raum als Flüchtlinge getarnt zu uns reisen. Dazu sage ich klipp und klar: Menschen, die das Gastrecht missbrauchen, müssen gehen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Mir ist aber wichtig, dass wir differenzieren. Nach der Auswertung seitens der Kölner Polizei ist von den Schutzsuchenden aus Syrien nicht einmal ein halbes Prozent polizeilich aufgefallen. Wenn es um die Bleiberechte dieser Schutzbedürftigen geht, bin ich nach wie vor davon überzeugt, dass Integration gut gelingen kann.

An dieser Stelle geht es auch um kulturelle Bildung. Sie ist oft patriarchalischer Art und auch nicht zwangsläufig ähnlich unserer. Das kann sich aber ändern. Der Kriminologe Christian Pfeiffer hat in seinen Forschungen an jungen Migranten festgestellt, dass und wie sich eine Macho-Orientierung abschwächt und sich die Geschlechterrollen in den Familien verändern, wenn die Menschen hier sind. Es sei so einfach: Arbeit, Bildung und deutsche Freunde.

Frau Kollegin.

Gerade gestern konnte ich mich mit meiner Gruppe der Unionsfrauen und den Arbeitnehmern in der Unionsfraktion davon überzeugen, dass die BA im Hinblick auf die Flüchtlinge gut gerüstet ist.

Ich komme zum Schluss. Wir müssen uns noch stärker für ein funktionierendes Gemeinwesen einsetzen. Das gelingt nur, wenn sich niemand zurücklehnt und wir uns nicht in eine beobachtende Haltung – ich spreche da vor allen Dingen von den sozialen Netzwerken – zurückdrängen lassen. Nein, das Beobachten reicht nicht. Wir müssen uns – da spreche ich jetzt auch für die Bürgerinnen und Bürger – für diesen Staat einsetzen. Wir müssen uns für das Gemeinwesen verantwortlich fühlen. Für uns ist das ein politischer Auftrag.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6415731
Wahlperiode 18
Sitzung 148
Tagesordnungspunkt Vereinbarte Debatte zu den Ereignissen in Köln und anderen Großstädten in der Silvesternacht
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