Elisabeth MotschmannCDU/CSU - Aktuelle Stunde Lage im Nahen und Mittleren Osten
Frau Präsidentin! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Gestern Istanbul, vorgestern Bagdad, Homs, Aleppo, Tikrit, die Hungerstadt Madaja – es gibt viele Orte, die wir inzwischen verbinden mit islamistischem Terror, mit Tod und Schrecken, mit Menschenrechtsverletzungen, mit Flucht und Vertreibung, mit Köpfung, mit Vergewaltigung, mit unendlichem Leid. Diese Orte haben sich in unsere Erinnerung fast eingebrannt. Aber was ist mit den Menschen? Es sind zu viele; wir kennen ihre Namen nicht. Aber wir denken an sie, heute natürlich ganz besonders an die Opfer gestern in Istanbul.
Wenn wir von dramatischen Menschenrechtsverletzungen im Nahen und Mittleren Osten sprechen, gehört Saudi-Arabien selbstverständlich dazu; das will ich hier ausdrücklich sagen. Die Vorgänge, zu denen es dort kürzlich gekommen ist, nämlich die Hinrichtung von 47 Menschen, unter ihnen ein schiitischer Geistlicher, und – ganz aktuell – die gestrige Festnahme von Samar Badawi, der Schwester des Bloggers, der schon eine Strafe bekommen hat, die überdimensional und durch nichts zu rechtfertigen ist, sind mit Blick auf die Stabilisierung und den Friedensprozess in dieser Region herbe Rückschläge; das wissen wir.
Darüber hinaus wird die Region durch die unterschiedlichsten Interessenlagen destabilisiert. Es geht um territoriale Interessen, geostrategische Interessen der Großmächte, religiöse Interessen der verschiedenen islamischen Strömungen, wirtschaftliche Interessen oder auch nur um den Machterhalt eines Königshauses. Wenn wir zur Stabilisierung und Befriedung der Region beitragen wollen – und das muss ja das Ziel aller Politik sein –, dann müssen wir selbstverständlich alle Maßnahmen und Antworten, die wir geben, immer wieder von Neuem überprüfen und uns fragen, ob sie richtig und angemessen sind.
Die Bundesrepublik agiert im Rahmen der Völkergemeinschaft auf drei Ebenen: erstens mit politischen Verhandlungen, zweitens mit militärischen Interventionen und drittens mit humanitärer Hilfe. Alle drei Ebenen gehören zusammen.
Die politischen Verhandlungen sind notwendig. Wir setzen unsere Hoffnungen auf den Wiener Prozess, weil dort alle, die an diesem schrecklichen Krieg beteiligt sind, an einem Tisch sitzen. Auch die Gespräche der Bundeskanzlerin mit der Türkei und in der Türkei sind natürlich wichtig und richtig, weil es um die Verbesserung der Situation der Flüchtlinge in den Lagern geht. Ohne die Türkei können wir nichts machen. Allerdings wissen wir alle, mit wem wir es da zu tun haben.
Schließlich ist hier auch die Reise des Außenministers zu einem Kulturfestival anzusprechen. Ich sage ganz ausdrücklich: Natürlich ist diese Reise richtig. Ich war in Bremen viele Jahre Staatsrätin für Kultur, habe Austauschprojekte und Festivals in unterschiedlichen Ländern mitorganisiert und mitgestaltet und weiß, dass Kultur Türen öffnet und auch Brücken baut. Insofern muss man eine solche Gelegenheit natürlich nutzen.
Herr Gehrcke, all dies zusammen ist vernünftige Außenpolitik, und es ist eben auch ernsthafte Außenpolitik, Frau Hänsel; Sie haben das ja angemahnt.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Sie wissen doch selber, dass es nicht so ist!)
Ich sage aber auch ausdrücklich: Die militärischen Maßnahmen sind leider auch notwendig. Wir unterstützen diesen Prozess, indem wir die Peschmerga ausbilden, aufklären, die Luftbetankung in Syrien durchführen – Herr Gehrcke, das ist wichtig, auch wenn Sie es nicht verstehen –
(Beifall des Abg. Florian Hahn [CDU/CSU])
und Schutz durch die Entsendung unserer Fregatte gewährleisten. Das sind wichtige Punkte.
Frau Wagenknecht ist jetzt nicht mehr hier. Sie hat in einem dpa-Interview etwas Schlimmes gesagt, und ich will das hier noch einmal wiederholen, damit uns das allen deutlich wird. Sie hat gesagt:
Natürlich ist es kein geringeres Verbrechen, unschuldige Zivilisten in Syrien mit Bomben zu ermorden, als in Pariser Restaurants und Konzerthäusern um sich zu schießen. Das eine ist individueller, das andere staatlich verantworteter Terror.
(Dr. Petra Sitte [DIE LINKE]: Gut, dass Sie das noch einmal zitieren!)
Das ist eine unglaubliche Äußerung von Frau Wagenknecht. Das, was unsere Soldaten tun, ist kein staatlich verordneter Terror.
(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Wir schicken unsere Soldaten doch nicht in Terroreinsätze.
(Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Was ist mit den Menschen, die dort sterben?)
Wir setzen daher auf den angesprochenen Dreiklang und diese unterschiedlichen Maßnahmen.
Ich kann hier nur auch noch einmal die humanitäre Hilfe als dritten Pfeiler unserer Politik benennen. Sie ist natürlich auch wichtig. Die Menschen fliehen, weil sie keine Existenzgrundlage mehr haben und weil es in den Flüchtlingslagern keine Überlebenschance und Perspektive gibt. Deshalb macht man sich auf die Flucht. Ich würde es genauso tun.
Frau Kollegin.
Ich weiß, ich muss aufhören. Ich tue das aber sehr ungern, weil alle Männer sechs Minuten geredet haben.
Die haben Sie jetzt schon überschritten, Frau Kollegin.
(Heiterkeit bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Okay. – Dann sage ich am Ende nur Folgendes: –
Sie können aber nicht noch weit ausholen. Kommen Sie jetzt bitte zum letzten Satz.
– Wir werden nicht nur an dem gemessen, was wir tun, sondern auch an dem, was wir versäumen. Darüber sollten Sie, die Linken, bitte einmal nachdenken.
(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Sie auch!)
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Zur Ehrenrettung der Männer muss ich einmal sagen, dass die meisten Männer heute ihre Redezeit sogar unterschritten haben.
Der letzte Redner, der das jetzt vorbildlich machen kann, ist der Kollege Alexander Radwan für die CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6416342 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 148 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde Lage im Nahen und Mittleren Osten |