14.01.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 149 / Tagesordnungspunkt 5

Alois RainerCDU/CSU - Reform der Deutschen Lebensmittelbuch-Kommission

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Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Seit nunmehr über 50 Jahren erstellt die Deutsche Lebensmittelbuch-Kommission Leitsätze für das Deutsche Lebensmittelbuch und für die Verbraucherinnen und Verbraucher, Leitsätze, die als Richtschnur gleichermaßen für Unternehmen zur Herstellung als auch und vor allem – das muss gesagt werden – für den Verbraucher zum Verzehr als untergesetzliche Standards zur Verfügung stehen. Es sind ja schon viele Beispiele genannt worden, etwa das eines Fruchtsaftgetränks bzw. eines Fruchtsafts oder die Frage: Von welchem Tier stammt das Wiener Schnitzel? Diese Fragen stellen sich nicht nur Verbraucher, sondern auch der eine oder andere Hersteller.

Liebe Kollegin, zur Kalbsleberwurst muss ich schon etwas sagen. Als Metzgermeister, der mit Sicherheit schon einige Hunderte von Kilos Kalbsleberwurst hergestellt hat, weiß ich, was da drin ist. Ich kann Ihnen nur sagen: Es ist gut, dass jetzt 15 Prozent Kalbfleisch in der Kalbfleischleberwurst drin sein müssen. In der Kalbsleberwurst muss sogar ein Teil Kalbsleber drin sein; wie groß dieser Teil sein muss, ist aber nicht definiert. Ich kann Ihnen sagen: Wenn die Kalbsleberwurst – nennen wir sie jetzt einmal so – zu 100 Prozent aus Kalbfleisch wäre, würde sie nicht schmecken, und sie wäre viel zu teuer. Sie wäre für den Verbraucher schlichtweg nicht bezahlbar. Darum: Bitte seien Sie mit den Beispielen und den Emotionen vorsichtig!

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Wir wollen die Deutsche Lebensmittelbuch-Kommission reformieren. Das ist der richtige Weg; das ist gut, und wir machen das. Zusammen mit dem Ministerium werden wir die richtigen Schritte einleiten.

Das Deutsche Lebensmittelbuch – das ist gesagt worden – ist eine Sammlung von Leitsätzen, die die allgemeine Verkehrsauffassung von Lebensmitteln widerspiegeln. Das heißt auch, dass wir hier von untergesetzlichen Standards sprechen, die im Vollzugsalltag als belastbare Grundlage zur Feststellung der allgemeinen Verkehrsauffassung zur Verfügung stehen. Denn grundsätzlich gilt, dass die Leitsätze einer gerichtlichen Nachprüfung unterliegen sollten, jedoch keine verbindlichen Rechtsvorschriften darstellen.

Die Ziele der Leitsätze sind vielfältig. Es geht um die Schaffung von Klarheit im Lebensmittelverkehr durch klare und deutliche Definition. Auf den Verbraucherschutz muss großen Wert gelegt werden. Zu nennen ist auch die Vereinfachung des Marktes für Hersteller und Händler. Vor allem sind die Leitsätze auch ein Instrument zur Einhaltung der Mindeststandards, liebe Kolleginnen und Kollegen. Diese Mindeststandards werden von der Deutschen Lebensmittelbuch-Kommission geprüft, unter Berücksichtigung von nationalen und internationalen Standards überarbeitet und im Einvernehmen mit dem BMEL und dem Bundeswirtschaftsministerium entsprechend veröffentlicht.

Im Grunde hat sich dieses System bewährt. Der Evaluierungsbericht, der im März letzten Jahres vorgestellt worden ist, sagt aus, dass dieses System alternativlos ist. Ich zitiere:

Bei allen identifizierten alternativen Strukturen/Institutionen, welche die Aufgaben der DLMBK potentiell effektiver und effizienter umsetzen könnten, bleibt festzuhalten, dass insbesondere bzgl. der Akzeptanz bei den involvierten Kreisen sowie der rechtlichen Legitimation der Entscheidungsfindung keine Option eine eindeutige Vorteilhaftigkeit gegenüber der DLMBK aufweisen kann. Im Gegenteil, hier zeigen sich, insbesondere durch die paritätische Zusammensetzung, die zentralen Stärken der DLMBK in ihrer derzeitigen Konstruktion.

Genau darauf gehen wir in unserem Antrag ein.

Wir müssen das Rad nicht neu erfinden. Ja, wir haben ein System, das überarbeitet und angepasst werden muss, aber ich möchte sagen, dass wir keine völlige Neustrukturierung oder Neugestaltung erzielen wollen. Vielmehr wollen wir mit unserem Antrag die in letzter Zeit zu Recht häufig geäußerte Kritik an den Leitsätzen des Deutschen Lebensmittelbuches bzw. an der Arbeit der Deutschen Lebensmittelbuch-Kommission angehen.

Ich denke hier insbesondere an die Kritik an der intransparenten und ineffizienten Struktur. So beträgt zum Beispiel die durchschnittliche Bearbeitungszeit etwa neun Monate. Bis zur endgültigen Beschlussfassung vergehen durchschnittlich zweieinhalb Jahre. Das ist nicht nur in der heutigen Zeit zu viel. Da ich ein sehr ungeduldiger Mensch bin, stelle ich mir vor, dass die Bearbeitungszeit wesentlich verkürzt wird.

Zudem sind einige Leitsätze für die Verbraucherinnen und Verbraucher nur schwer nachzuvollziehen. Die Verbraucherinnen und Verbraucher wollen informiert werden, und das ist auch gut so. Sie sollen selbstbestimmt entscheiden können, was sie kaufen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wir wollen – ich denke, darin sind wir uns alle einig – einen verbraucherfreundlichen Markt. Unser Ziel ist es daher, dass sichere und gute Produkte unter fairen und nachhaltigen Bedingungen hergestellt und angeboten werden. Diese Vorgaben sollen aber nicht nur für die Verbraucher, sondern gleichermaßen auch für die Lebensmittelwirtschaft gelten, und glauben Sie mir – ich habe es eingangs schon gesagt –: Gerade in dieser Sache weiß ich, wovon ich spreche; ich bin ein Stück weit selbst betroffen.

Mit dem Ausdruck „Wahrheit und Klarheit“ sind wir auf dem richtigen Weg. Wir wollen Sicherheit und Vertrauen für die Verbraucherinnen und Verbraucher.

Vielleicht war es dem einen oder anderen noch gar nicht bewusst, bevor es vorhin angesprochen wurde: Alle 32 Mitglieder der Deutschen Lebensmittelbuch-Kommission arbeiten ehrenamtlich. Es gilt, dieses Engagement nicht mit Füßen zu treten, sondern die bisherige ehrenamtliche Arbeit der Mitglieder zu unterstützen und aufzuwerten. Dafür brauchen wir finanzielle Mittel. Deshalb lautet unsere Forderung an das Bundeslandwirtschaftsministerium auch, die Deutsche Lebensmittelbuch-Kommission bei ihrer Arbeit personell und finanziell adäquat zu unterstützen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Willi Brase [SPD])

Für eine effiziente und transparente Arbeit müssen ausreichend Ressourcen zur Verfügung gestellt werden. Nur so kann langfristig sichergestellt werden, dass die Arbeit der Kommission produktiver, der jeweilige Ablauf effizienter und die Öffentlichkeitsarbeit transparenter gestaltet werden kann. Die Verbraucher haben ein Recht darauf, zu erfahren, was sie kaufen und verzehren.

Ich komme jetzt noch ganz kurz zu dem Antrag der Grünen. Es ist nett und sehr angenehm, dass Sie Teile unseres Antrags befürworten und übernehmen.

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie müssen es nur einmal umsetzen!)

In anderen Bereichen Ihres Antrages gehen Sie aber über das heutige Thema, die Deutsche Lebensmittelbuch-Kommission, hinaus.

(Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nicht nur an heute, sondern auch an morgen denken!)

Was machen das Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch und die Kennzeichnung für die Tierhaltung in einem Antrag zur Deutschen Lebensmittelbuch-Kommission? Ich werde mich mit Ihnen über dieses Thema gerne sehr ausführlich unterhalten, lieber Kollege Ebner. Wir wissen ja, dass wir uns bei diesem Thema gerne aneinander reiben. Bei der heutigen Behandlung der Reform der Lebensmittelbuch-Kommission brauchen wir das aber mit Sicherheit nicht. Vielleicht bringen Sie es übers Herz, unserem Antrag zuzustimmen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie mich zum Schluss noch deutlich machen: Unser Antrag stellt praktikable Lösungen für eine Reform des Deutschen Lebensmittelbuches und der Deutschen Lebensmittelbuch-Kommission dar. In dieser Reform finden sich die Verbraucher und die Lebensmittelunternehmer gleichermaßen wieder.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Für die SPD-Fraktion hat der Kollege Dirk Wiese das Wort.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6419463
Wahlperiode 18
Sitzung 149
Tagesordnungspunkt Reform der Deutschen Lebensmittelbuch-Kommission
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