Ursula SchulteSPD - Reform der Deutschen Lebensmittelbuch-Kommission
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Tribüne! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich wirklich, dass wir heute in der Kernzeit über mehr Klarheit für Verbraucherinnen und Verbraucher sprechen, Klarheit insbesondere dann, wenn es um die Bezeichnung von Lebensmitteln geht. Dabei ist es mir völlig egal, ob Grüne Woche ist oder nicht; denn mir ist einfach das Thema wichtig. Wenn die Grüne Woche dazu beiträgt, dass wir dieses Thema in die Kernzeit hieven können, dann soll es mir recht sein.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Die SPD-Bundestagsfraktion hat bereits in der letzten Legislaturperiode deutlich gemacht, dass sie eine Verbraucherpolitik für alle Menschen machen will. Es bleibt unser Ziel, alle Verbraucherinnen und Verbraucher in die Lage zu versetzen, ihren Bedürfnissen entsprechend klug einzukaufen und sich bewusst zu entscheiden. Das ist sozusagen unser verbraucherpolitisches Credo.
(Beifall bei der SPD)
Wir alle wissen, dass es den Verbraucher bzw. die Verbraucherin so nicht gibt. Die Bedürfnisse sind sehr unterschiedlich, die Kaufentscheidungen ebenso. Verbraucher handeln auch nicht immer rational. Viele Kaufentscheidungen kommen aus dem Bauch heraus; das kenne ich auch persönlich. Am Ende ärgert man sich oft. Trotzdem: Wenn ich an der Ladentheke stehe und ein Produkt kaufen will, dann habe ich auch das Recht, zu wissen, was drin ist. Das ist für mich Klarheit und Wahrheit.
(Beifall bei der SPD)
Es ist wichtig, dass wir über die Reform des Deutschen Lebensmittelbuches und der Deutschen Lebensmittelbuch-Kommission reden. Allerdings kennen viele Verbraucher und Verbraucherinnen das Lebensmittelbuch überhaupt nicht; auch das muss sich ändern. Das Buch hat sich nach meiner Meinung bewährt. Es ist aber in die Jahre gekommen. Wir müssen also Hand anlegen und das Buch fit für die Zukunft machen. In diesem Zusammenhang zitiere ich Herrn Minister Schmidt, der in einer Pressemitteilung im März 2015 gesagt hat, dass der Qualitätswettbewerb auf dem Lebensmittelmarkt gestärkt werden müsse, damit Verbraucherinnen und Verbraucher nachhaltige Kaufentscheidungen treffen können. Dazu sind aber klare und eindeutige Informationen über die Produkte notwendig. Dazu kann auch die Lebensmittelampel beitragen. Frau Stauche, hier bin ich ganz anderer Meinung als Sie. Ich will keinen Beipackzettel bei Lebensmittelprodukten lesen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Effizienz, Transparenz, mehr Kommunikation und die daraus folgende Akzeptanz seien die Grundpfeiler des anstehenden Reformprozesses, so der Bundesminister. – Ich tue jetzt einfach einmal so, als ob der Minister anwesend sei. Die SPD-Fraktion freut sich, Herr Minister,
(Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
dass Sie nun den Ankündigungsmodus aufgegeben haben und konkrete Eckpunkte vorlegen.
(Beifall des Abg. Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sehr gut!)
Das hat doch recht lange gedauert. Aber es heißt nicht umsonst: Gut Ding will Weile haben. Seltsam, dass mir in diesem Zusammenhang auch das Wahljahr 2017 einfällt.
Von unterschiedlichen Seiten wird derzeit Kritik am Deutschen Lebensmittelbuch geäußert. In der Tat ist vieles verbesserungswürdig. Es kann doch nicht angehen, dass ich beispielsweise Geflügelleberpastete kaufen möchte und dann feststellen muss, dass die Bestandteile vorwiegend aus Schweinefleisch bestehen. Ich habe einmal einen Blick in die Leitsätze zum Fleisch und zu den Fleischerzeugnissen geworfen. Dort ist bei der erwähnten Geflügelleberpastete von Gänseleber die Rede. Das ist auch richtig. Aber dann heißt es weiter: fettgewebs- und sehnenarmes Schweinefleisch, teilweise – das ist die Krönung des Ganzen – auch ohne Fleisch. Man könnte darüber lachen, wenn es nicht so ernst wäre.
(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Gitta Connemann [CDU/CSU])
Für mich ist klar: Der Anspruch der Verbraucher auf Wahrheit und Klarheit soll prägend für die Leitsätze des Deutschen Lebensmittelbuches sein. Wir müssen wissen, was wir kaufen. Wir können erwarten, dass in der Geflügelleberpastete größtenteils Geflügelleber enthalten ist. Für mich gilt: Was draufsteht, muss auch drin sein; das hat schon mein Kollege Carsten Träger betont. So einfach ist das eigentlich auch, selbst wenn der Deutsche Bauernverband meint, dass Leberkäse kaum Leber oder Käse enthalten würde und dass das immer schon so war. Das mag richtig sein, aber dann ist nicht das Unwissen der Verbraucher an dem Misstrauen gegenüber Lebensmittelbezeichnungen schuld, sondern es sind schlichtweg die irreführenden Bezeichnungen.
(Beifall bei der SPD)
Gesunde Ernährung fängt damit an, dass wir uns auf die Zutatenliste und die Kennzeichnung von Lebensmitteln verlassen können. Das ist nicht nur für Allergiker von großer Bedeutung. Die allgemeinen Leitsätze des Lebensmittelbuches dienen dabei der Orientierung. Sie müssen aber verständlich formuliert und aktuell sein. Umfassende Verbraucherinformation und mehr Transparenz, das sind unsere Ziele. Deshalb hält meine Fraktion eine enge Verzahnung der Arbeit der Lebensmittelbuch-Kommission mit dem Internetportal Lebensmittelklarheit für sinnvoll.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Mit den Erkenntnissen, die die Verbraucherinnen und Verbraucher über diese Plattform mitteilen, hat sich die Kommission dann auch zwingend zu befassen. Letztendlich sind doch die Verbraucher die Fachleute in eigener Sache.
Die von Ihnen, Herr Minister, vorgelegten Eckpunkte scheinen in die richtige Richtung zu gehen. Schön, dass Sie damit unsere Forderung aufgreifen, die wir Sozialdemokraten schon lange verfolgen. Es ist immer gut, wenn man lernfähig ist.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Lassen Sie mich noch einige Sätze zur Arbeit der Kommission sagen. Wenn die Deutsche Lebensmittelbuch-Kommission effektive, transparente und zielorientierte Ergebnisse liefern soll, muss sie materiell und personell auch besser ausgestattet werden. Wir benötigen zusätzlich eine Straffung der Verfahrensabläufe, wir benötigen eine bessere Kommunikation, die dann zu mehr Klarheit und Akzeptanz der Ergebnisse führt.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Dabei plädiere ich weiterhin auch für eine gleichgewichtige Interessenvertretung in der Kommission und verweise in diesem Zusammenhang noch einmal auf das SPD-Papier aus der letzten Wahlperiode. Wir haben damit den Ausbau der Verbraucherforschung gefordert. Die Verbraucherforschung gehört ganz selbstverständlich in die Kommission.
(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Gitta Connemann [CDU/CSU])
Wenn dann die Kommission zusätzlich von sich aus noch Initiativen ergreifen kann, dann können wir ein verbrauchergerechtes Lebensmittelbuch sowie eine noch effizienter arbeitende Lebensmittelbuch-Kommission erreichen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, mittlerweile bin ich ein ausgesprochener Fan der regionalen Produkte und der regionalen Vermarktung. Viele Verbraucherinnen und Verbraucher wollen inzwischen bei ihrem Einkauf ebenfalls wissen, woher die Produkte kommen. Wir dürfen den Begriff „regional“ aber nicht verwässern oder inflationär benutzen. Meine Hoffnung ist, dass die Diskussion über das Deutsche Lebensmittelbuch die regionale Wertschöpfung politisch flankiert und einen Beitrag zu einer nachhaltigen Entwicklung bäuerlicher Landwirtschaft leistet. Immer mehr Wachstum, immer mehr Export, das ist nur für wenige große Betriebe die richtige Richtung.
Danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Source | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
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Electoral Period | 18 |
Session | 149 |
Agenda Item | Reform der Deutschen Lebensmittelbuch-Kommission |