14.01.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 149 / Tagesordnungspunkt 6

Maria MichalkCDU/CSU - Zusatzbeiträge der gesetzlichen Krankenversicherung

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Verehrte Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Damen und Herren! Uns liegen zwei Anträge der Oppositionsfraktionen vor, die Parität in der gesetzlichen Krankenversicherung wieder einzuführen. Liebe Frau Zimmermann, in einem Punkt sind wir uns einig: Das Krankenversicherungssystem ist eine elementare Säule des sozialen Sicherungssystems in Deutschland, und diese muss immer finanzierbar bleiben. Es gilt immer noch der Grundsatz der Wertschöpfung und der Erarbeitung der Produkte über die Kreativität und den Fleiß der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, der Arbeitnehmer. Aber sie bekommen ihren Lohn erst dann, wenn der Arbeitgeber die Produkte auf dem Markt verkaufen konnte; denn die Mittel für die Löhne finanziert der Kunde. Dieser Grundsatz gilt immer noch. Insofern will ich versuchen, ein bisschen Systematik in das Durcheinander der uns vorliegenden Anträge zu bringen.

Gut, man kann zu Beginn eines Jahres, in dem der durchschnittliche Zusatzbeitrag um 0,2 Prozent angestiegen ist, einmal grundsätzlich über das Finanzierungssystem diskutieren. Das gibt uns auch die Gelegenheit, das eine oder andere noch einmal aufzufrischen.

Schon einige Jahre bringen wir mit diesem bewährten Prinzip – Sie haben die Zahlen genannt – wirtschaftliche Entwicklung und Sicherung der Arbeitsplätze voran. Das kann niemand in diesem Haus wegreden. Wir haben in der Zwischenzeit nicht mit Defiziten zu kämpfen, sondern wir haben immer noch erhebliche Rücklagen, die selbstverständlich unterschiedlich verteilt sind – das ist wahr –; das hat aber andere Ursachen.

Ich finde es ein bisschen komisch, liebe Kolleginnen und Kollegen von Bündnis 90/Die Grünen, dass Sie heute mit einem Antrag die Bundesregierung dezidiert auffordern, ein Gesetz vorzulegen, um die Parität wieder einzuführen, wo Sie es doch in der rot-grünen Bundesregierung waren, die aus der Not heraus, die es damals gab – zum Beispiel 5 Millionen Arbeitslose und schlechte wirtschaftliche Parameter –, Maßnahmen ergriffen haben, die die Finanzierbarkeit unseres bewährten solidarischen Gesundheitssystems sichern sollten.

(Beifall bei der CDU/CSU – Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Zusatzbeitrag!)

Wir als Union haben damals mitgestimmt, die Entscheidung mitgetragen, weil es richtig war.

(Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ihr habt es damals durchgesetzt!)

Komischerweise ist es jetzt so, dass wir fast die Einzigen sind, die an diesen Prinzipien festhalten. Was in schwierigen wirtschaftlichen Zeiten ökonomisch richtig ist, das kann man nach Adam Riese auch in guten wirtschaftlichen Zeiten nicht einfach außer Kraft setzen; das gilt auch dann. Deshalb ist das Grundprinzip heute mehr denn je, in guten Zeiten für schlechte Zeiten zu sorgen. Das tun wir an vielen Stellen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Eine Forderung der Linken hat mich etwas überrascht. Sie haben in Ihrem Antrag unter anderem gefordert, den damals wegen der notwendigen Finanzierung der Pflegeversicherung abgeschafften Feiertag Buß- und Bettag wieder einzuführen.

(Martina Stamm-Fibich [SPD]: Jawohl!)

Sie verweisen sogar darauf, dass der Freistaat Sachsen diesen Feiertag nie abgeschafft hat und deshalb die Arbeitgeber und Arbeitnehmer die zusätzlichen Kosten tragen. Sie fordern für dieses Land eine Sonderregelung. Das kann man ernsthaft diskutieren.

Ich frage Sie aber jetzt etwas. Sie sind ja in mehreren Ländern mit in der Regierung. Warum führen Sie denn in Thüringen den Feiertag Buß- und Bettag nicht wieder ein? Das können Sie selber über die Länderparlamente machen. Da müssen Sie uns als Bundesgesetzgeber überhaupt nicht bemühen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Frau Zimmermann hat kurz darauf hingewiesen, dass die Abkopplung von den steigenden Kosten durch Festschreibung eines einheitlichen Beitrags – erst Sonderbeitrag, dann Zusatzbeitrag – eine bestimmte Entwicklung genommen hat. Der damalige Sonderbeitrag sollte zum Beispiel dazu dienen, die zusätzlichen Kosten für das Krankengeld zu erwirtschaften. Das kann man in einem großen Topf sowieso nicht machen; das ist auch nie geschehen. Ich will damit sagen, dass es bestimmte Entwicklungen gegeben hat.

Um Legendenbildung vorzubeugen – – Die Präsidentin unterbricht mich.

Nein.

Nein. Gut. – Zwei Minuten habe ich noch, und es blinkt.

(Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und Sie haben noch immer nicht zur Sache geredet!)

Entschuldigung. Es hat tatsächlich angefangen, zu blinken. Im Zweifelsfall war die Technik schuld.

Aber Sie merken, wie ich auf Ihre Zeichen reagiert habe, Frau Präsidentin.

Ich will in sieben Punkten noch einmal sagen, warum wir es auch heute für richtig halten, an dem bewährten System festzuhalten.

(Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist daran bewährt?)

Erstens. Die Krankenkassen erhielten mit dem festgeschriebenen Arbeitgeberbeitrag und mit der Möglichkeit, über den Zusatzbeitrag zu reagieren, ihre Beitragsautonomie zurück. Sie haben die Möglichkeit, auf die Kon­stellation in ihrer gesetzlichen Krankenkasse zu reagieren. Das stärkt sie, und das fördert den Wettbewerb.

Zweitens. Der absolute Zusatzbeitrag wurde in einen prozentualen Zusatzbeitrag umgewandelt. Ein solcher ist immer, auch hier, transparenter und vor allen Dingen gerechter. Der Versicherte kann sich das bei seinem Zusatzbeitrag vor Augen führen. 1,1 Prozent – das ist der durchschnittliche Zusatzbeitrag – von 1 500 Euro brutto ist weniger als 1,1 Prozent von 3 000 Euro brutto. Deshalb ist das auch gerecht.

(Heiterkeit und Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Drittens. Die Mitglieder können selber besser entscheiden, welche Kasse sie für ihre persönliche Situation für richtig halten. Sie können das Preis-Leistungs-Verhältnis überprüfen und damit notfalls auch kontrollieren, ob die speziellen Satzungsleistungen oder auch die Geschäftsstellendichte zu ihrer persönlichen Situation passen. Somit stärken wir auch die Rechte der Versicherten.

Viertens. Nicht der Arbeitgeber soll dafür entscheidend sein, wo ein Versicherter das aus seiner Sicht beste Angebot findet. Auch dadurch wird die Autonomie des Versicherten gestärkt.

Fünftens. Mit dem einheitlichen Arbeitgeberanteil ist gewährleistet, dass sich der Arbeitgeber in allen Fällen gleich am Kassenbeitrag beteiligt. Ich erinnere daran, dass er die komplette Lohnfortzahlung im Krankheitsfall alleine tragen muss. In manchen Fällen macht das sogar mehr aus als der Zusatzbeitrag. Das ist ein Wert an sich.

Sechstens weise ich deshalb auf das Präventionsgesetz hin; denn auch die betriebliche Gesundheitsvorsorge spielt in diesem Zusammenhang eine große Rolle und hat direkte Auswirkungen auf den Zusatzbeitrag der Krankenkassen.

Siebtens verweise ich auf das Sonderkündigungsrecht für jeden Versicherten. Wenn die Kasse die Beiträge erhöht, können die Versicherten selber entscheiden, was sie tun.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, mehr Wettbewerb und mehr Transparenz sind heute genauso richtig wie damals, als wir das System grundhaft umgebaut haben. Deshalb werden wir beide Anträge ablehnen.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Vielen Dank, Frau Kollegin Michalk. – Nächste Rednerin: Maria Klein-Schmeink für Bündnis 90/Die Grünen.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6419553
Wahlperiode 18
Sitzung 149
Tagesordnungspunkt Zusatzbeiträge der gesetzlichen Krankenversicherung
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