Hilde MattheisSPD - Zusatzbeiträge der gesetzlichen Krankenversicherung
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, wir als SPD haben in unseren Beschlüssen mehrfach bestätigt: Wir wollen die Bürgerversicherung. Wir wollen zurück zur Parität. – Das haben wir in großer Ernsthaftigkeit beschlossen. Das ist keine politische Luftblase, sondern wir haben seit Beginn des Konzeptes der Bürgerversicherung, dem Sie von den Grünen sich ja angeschlossen haben, diese beiden Ziele immer wieder kommuniziert.
(Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
– Ich kann mich erinnern, dass es in der Historie der Grünen durchaus auch Debatten gab, die näher bei der FDP waren als bei der Bürgerversicherung.
(Widerspruch des Abg. Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Frau Bender, eine Ihrer Vorgängerinnen, hat sehr massiv dafür gekämpft. Ich bin also froh, dass Sie dann Anfang 2000 diesen Beschluss zur Bürgerversicherung gefasst haben, nachdem die Heinrich-Böll-Stiftung Ihnen ein Gutachten dazu geliefert hat.
(Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir hatten den eher als ihr! Aber ist egal!)
Da besteht bei uns große Einigkeit.
Es war klar: Mit Eintritt in die Große Koalition ist das eine Frage, bei der wir mit unserem Partner nicht so nahe zusammenkommen. Da sind wir auf unterschiedlichen Sternen. Trotzdem muss man dieses Ziel unter diesen politischen Vorzeichen und auch unter Beachtung der Historie immer wieder klar kommunizieren. Das tun wir als SPD.
Damit kommunizieren wir auch klar: Wir wissen, dass unser gutes Umlagesystem das krisenfesteste ist, das es überhaupt gibt. Wir hoffen immer, dass es auch ein Mehr an Einsicht bei anderen Parteien gibt. Denn gerade in der Zeit der Finanzmarktkrise ist das Prinzip nach der Mackenroth-These – in der Zeit, in der ich Ausgaben zu tätigen habe, sorge ich auch für die Einnahmen, und zwar paritätisch – das sicherste Prinzip für die Menschen überhaupt. Das immer wieder zu kommunizieren, ist unsere politische Aufgabe; diese haben wir angenommen. Jede Art von Kapitaldeckung zeichnet irgendwie ein Luftschloss, aber führt nicht zum Ziel. Dazu gibt es ganz viele Berechnungen.
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)
Wir wissen – das mag ich hier gerne einräumen –, dass es auch unter dem Druck gesellschaftlicher Debatten – an diesen gesellschaftlichen Debatten beteiligten sich nicht nur Wirtschaftsverbände, sondern auch Gewerkschaften, Sozialverbände, alle miteinander – am Anfang der 2000er-Jahre durchaus eine Kommunikation gab, die auch die beiden Parteien hier vor mir mitgetragen haben, nämlich dass man die Senkung von Lohnnebenkosten anstreben muss. Diese Debatte hat sich überholt. In dieser Debatte stecken wir jetzt nicht.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Zuruf der Abg. Maria Michalk [CDU/CSU])
– Nein, das sage ich ganz offen. – Deshalb verlieren wir das Ziel der Bürgerversicherung nicht aus dem Blick.
Wir sagen klar: Wir wollen, dass die Menschen in unserem Land am medizinischen Fortschritt teilhaben können und dass dies zu finanzieren ist. Deshalb haben wir in unserem Koalitionsvertrag gern den Punkt aufgenommen, den medizinischen Fortschritt – entsprechende Maßnahmen lagen bei der letzten Bundesregierung ja auf Eis – miteinander voranzubringen. Was haben wir gemacht? Zu nennen ist das Palliativ- und Hospizgesetz, das Versorgungsstärkungsgesetz, das Krankenhausstrukturgesetz, das Präventionsgesetz. Ich könnte noch ein paar andere Punkte aufzählen.
(Maria Michalk [CDU/CSU]: Pflegestärkungsgesetz!)
– Ja, den Bereich der Pflege will ich nicht vergessen; das ist aber ein anderer Finanzierungsblock. – Das haben wir miteinander auf den Weg gebracht, und zwar mit dem Ziel, Versorgungslücken in diesem Land zu schließen. Es ist nämlich klar, dass die Zugänge zur medizinischen Versorgung sowohl im ländlichen als auch im städtischen Bereich nicht für alle gleich sind. Durch die Gewährleistung der Finanzierungssicherheit wollten wir sicherstellen, dass auch die Krankenhäuser ihren Platz als wichtiger Baustein im Versorgungssystem behalten. All das haben wir gemacht.
Jetzt sehen wir, dass das Geld kostet – allerdings nicht erst jetzt; bitte keine falschen Interpretationen. Wir wussten, dass das mehr Geld kostet. Wir sind damit auch offensiv in Wahlkämpfe gegangen. Wir als SPD haben gesagt: Wer gute Pflege haben will, muss auch bereit sein, dafür mehr zu zahlen. – Jetzt führen wir eine gesellschaftliche Debatte. Wir sind in einer Phase, in der die Wirtschaft boomt und in der es dem Land richtig gut geht; die Wachstumsdaten bestätigen das. Darüber sind wir alle froh. Jetzt müssen wir dafür sorgen, dass alle an diesem Wachstum teilhaben. Das schaffen wir unter anderem mit einer fairen und paritätischen Finanzierung. Dafür setzen wir uns ein.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Maria Michalk [CDU/CSU]: Mehr Arbeitsplätze bringen auch mehr Wachstum!)
– Wachstum fällt nicht vom Himmel – Entschuldigung –, sondern daran sind alle,
(Maria Michalk [CDU/CSU]: Richtig, genau!)
vor allen Dingen die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, beteiligt. Wir haben in dieser gesellschaftlichen Debatte immer gesagt: Teilhabe lässt sich nicht allein dadurch sicherstellen, dass man nur gute Löhne für gute Arbeit zahlt, sondern man braucht auch ein Sozialversicherungssystem, das paritätisch finanziert ist.
Meine abschließende Bemerkung: Nicht alle Versicherungen sind paritätisch finanziert. Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer finanzieren, und zwar über die Steuer, ein Drittel der Ausgaben für die Rente. Im Hinblick auf die Pflegeversicherung wurde schon gesagt, dass die Entscheidung, den Buß- und Bettag als Feiertag abzuschaffen, ungefähr einen Beitragssatzpunkt ausmacht. All das bitte ich zu bedenken.
Ich bin froh, dass wir die Unterstützung des Arbeitnehmerflügels der CDU haben. Ich bin zwar nicht immer mit allen Äußerungen von Herrn Laumann einverstanden; das ist so im politischen Geschäft.
Denken Sie an Ihre Redezeit?
Ich komme zum Ende. – Aber in diesem Punkt vertraue ich auf seine starke Durchsetzungskraft und auf das Gewinnen von Einsichten in den nächsten Wochen.
Ich danke fürs Zuhören.
(Beifall bei der SPD)
Nächster Redner: Lothar Riebsamen für die CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6419654 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 149 |
Tagesordnungspunkt | Zusatzbeiträge der gesetzlichen Krankenversicherung |