Niema MovassatDIE LINKE - Bundeswehreinsatz in Mali (MINUSMA)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Ministerin, Sie haben hier vieles gesagt; aber eines haben Sie verschwiegen, nämlich dass Sie deutsche Soldaten in ein Kriegsgebiet schicken wollen.
(Beifall der Abg. Heike Hänsel [DIE LINKE])
Die Bundeswehrbeteiligung an der UN-Mission MINUSMA in Mali wird massiv ausgeweitet. Bis zu 650 Soldaten können Sie schicken. Das wird der größte laufende Afrikaeinsatz der Bundeswehr werden. Die Soldaten sollen jetzt auch in die Kampfgebiete im Norden Malis entsendet werden. Damit wird Deutschland endgültig Kriegspartei in Mali, und die Linke wird dazu Nein sagen.
(Beifall bei der LINKEN – Rainer Arnold [SPD]: Ist die UNO Kriegspartei?)
Bisher ist die Bundeswehr in Mali in der Ausbildung von Soldaten und in der Betankung von Flugzeugen aktiv gewesen. Doch nun wird dieser Einsatz zu einem Kampfeinsatz. Der Wehrbeauftragte, Herr Dr. Bartels, hat den Charakter dieses neuen Mali-Mandats präzise beschrieben. Er sagte:
Es ist … eine gefährliche Mission, vergleichbar mit Afghanistan zur Zeit des Kampfeinsatzes der NATO …
Es müssen doch hier im Haus alle Alarmglocken schrillen, wenn man so etwas hört.
(Beifall bei der LINKEN)
Wir alle haben im Afghanistan-Krieg erlebt und erleben immer noch, wie trotz jahrelanger Militärintervention die Taliban immer stärker werden, wie 55 Bundeswehrsoldaten ums Leben kamen, wie 20 000 bis 40 000 afghanische Zivilisten Opfer des Krieges wurden. Trotzdem will die Bundesregierung eine Ausweitung des Mali-Einsatzes – als hätte es Afghanistan nie gegeben. Lernen Sie doch einmal ausnahmsweise aus Ihren Fehlern!
(Beifall bei der LINKEN)
Sie reden sich damit heraus, die deutschen Soldaten seien an der Terrorbekämpfung nicht direkt beteiligt; fürs Grobe sei nicht MINUSMA zuständig, sondern Frankreich mit seiner eigenen Antiterrormission Barkhane. Wollen Sie uns eigentlich für dumm verkaufen? In Afghanistan war es doch ganz genauso: Die US-geführte Operation Enduring Freedom war für die Kriegsführung zuständig; die NATO-Mission ISAF, an der die Bundeswehr stark beteiligt war, sollte sich dagegen nicht direkt an Kampfhandlungen beteiligen. Am Ende stand ISAF mitten im Krieg. Man kann MINUSMA eben nicht von der Antiterrorbekämpfung trennen.
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)
Wer Soldaten in ein Kriegsgebiet schickt, der wird dort am Ende auch Krieg führen.
(Beifall bei der LINKEN)
Seien Sie deshalb ehrlich zur Bevölkerung, und erzählen Sie nicht dieselben Märchen wie im Afghanistan-Krieg.
Aber Ehrlichkeit gehört ohnehin nicht zu den Stärken der Bundesregierung. So behaupten Sie, dieser Bundeswehreinsatz diene vor allem der strukturellen Bekämpfung von Fluchtursachen.
(Henning Otte [CDU/CSU]: Ja!)
Seit wann dienen Militäreinsätze dazu, Fluchtursachen zu bekämpfen?
(Dr. Bärbel Kofler [SPD]: Das Lesen des Mandats würde helfen!)
Libyen wurde vom Westen in Schutt und Asche gelegt. Über welches nordafrikanische Land kommen sehr viele Flüchtlinge? Über Libyen. Der Irak wurde durch den US-Krieg völlig destabilisiert. Wo kommen viele Flüchtlinge her? Aus dem Irak. In Afghanistan war und ist die Bundeswehr seit Jahren, und auch von da kommen sehr viele Flüchtlinge. Kriege beenden eben keine Fluchtursachen. Kriege sind Fluchtursache Nummer eins.
(Beifall bei der LINKEN – Henning Otte [CDU/CSU]: Haben Sie den Mandatstext gelesen?)
Fangen Sie endlich einmal an, Fluchtursachen zu beseitigen. Dazu muss man die Ursachen von Krieg bekämpfen. Dazu gehört der Kampf gegen Hunger, Elend, Armut, und dazu gehört auch, werte Bundesregierung, dass Sie die Waffenexporte in alle Welt, die Deutschland vornimmt, endlich stoppen.
(Beifall bei der LINKEN)
Ein Problem bei MINUSMA ist die strategische Ausrichtung. Die UN-Truppe hat den Auftrag, die malische Regierung darin zu unterstützen, die volle Kontrolle über das Land zurückzugewinnen. Gleichzeitig hat sie den Auftrag, neutraler Vermittler zwischen den Konfliktparteien zu sein, zu denen auch die malische Regierung gehört. Man kann aber nicht einerseits neutral sein und andererseits Land zurückgewinnen wollen. MINUSMA ist in einem Spannungsfeld, und das führt immer wieder zu Konfrontationen mit der Zivilbevölkerung. So kam es in der malischen Stadt Gao zu Protesten gegen MINUSMA. Dabei erschossen UN-Truppen drei Zivilisten. Sie schicken die Bundeswehr in ein Pulverfass, und das ist komplett verantwortungslos.
(Beifall bei der LINKEN – Henning Otte [CDU/CSU]: Ihre Rede ist verantwortungslos!)
Die Bundesregierung behauptet, dieser Bundeswehreinsatz diene der Stabilisierung Malis. Aber wir sehen doch, dass Mali immer instabiler wird, dass selbst der Süden des Landes nicht mehr sicher ist, und das trotz der massiven Militärpräsenz.
(Rainer Arnold [SPD]: Haben Sie nicht aufgepasst die letzten Jahre und gesehen, was los war?)
Die Ausweitung des Einsatzes wird 36 Millionen Euro pro Jahr kosten. Diese 36 Millionen Euro könnten zur Stabilität beitragen, wenn man sie richtig einsetzen würde, wenn das Geld zur Armutsbekämpfung und zur strukturellen Entwicklung des völlig abgehängten Nordens Malis ausgegeben werden würde. Ein UN-Bericht kommt zu dem Ergebnis, dass im Norden des Landes viele Schulen seit drei Jahren geschlossen sind.
(Ingo Gädechens [CDU/CSU]: Weil die Sicherheitslage so fragil ist!)
Die Armut ist riesig. Es gab schon fünf Tuareg-Aufstände. Nur ein echter innermalischer Dialog, ziviler Wiederaufbau und eine Beteiligung der breiten Bevölkerung am Rohstoffreichtum können einen sechsten Aufstand verhindern.
Die deutsche Strategie für Mali geht einen gefährlichen Weg, nämlich den einer Kriegsbeteiligung, den des Krieges gegen den Terror. Zu dieser militärischen Logik werden wir als Linke Nein sagen.
(Beifall bei der LINKEN)
Das Wort hat jetzt der Kollege Rainer Arnold für die SPD.
(Beifall bei der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6420026 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 149 |
Tagesordnungspunkt | Bundeswehreinsatz in Mali (MINUSMA) |