Bärbel KoflerSPD - Bundeswehreinsatz in Mali (MINUSMA)
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich spreche heute als Entwicklungspolitikerin. Ich möchte das betonen und in den Mittelpunkt meiner Rede stellen, weil ich glaube, dass es für die innermalische Entwicklung von essenzieller Bedeutung ist, wie es uns gelingen kann, Sicherheit und Entwicklung voranzubringen. Der Kollege Arnold hat es angesprochen: Wer mit der Bevölkerung in Mali redet, sieht, was dort gewünscht ist. Mit über 90 Prozent wird das Thema Sicherheit als das gravierendste Problem, und zwar in allen Landesteilen, gesehen. Dicht darauf folgt die Fragestellung: Wie können wir ein Leben selbst erwirtschaften? Wie können wir in Arbeit kommen? Wie können wir uns selbst ernähren? Bei diesen Fragestellungen, glaube ich, müssen wir mehr tun, als wir bisher getan haben.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Im Friedensvertrag von Algier sind ganz entscheidende Punkte für die innermalische Entwicklung festgehalten. Es geht in einem Punkt – das ist aus meiner Sicht ein ganz entscheidender für das Gelingen des Friedensprozesses – um die Frage der Dezentralisierung des Landes, wie man die Regionen des Landes erreichen kann und wie es in den Regionen möglich ist, Basisinfrastruktur für die Menschen aufzubauen, um so eine Basis für wirtschaftliche Entwicklung, aber auch für Frieden und Stabilität zu gewinnen. Das ist ein ganz entscheidender Punkt.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
In dem Friedensvertrag von Algier steht: 30 Prozent der Staatseinnahmen in die Regionen. – Das kann man in den Kapiteln 4 und 5 des Friedensvertrages von Algier nachlesen. Jetzt wissen wir alle: Mali steht im Human Development Index, bei dem es um die menschliche Entwicklung geht, auf Platz 179 von 188 gelisteten Ländern. Wenn wir ehrlich sind, müssen wir sagen: Angesichts unserer Erfahrungen aus der Entwicklungspolitik wissen wir, dass wir hier unheimliche Anstrengungen vollbringen müssen, um die Verwaltung in dem Land fit zu machen – das ist, was die Kollegen mit Staatsaufbau meinten –, damit sie mit den Geldern, die hoffentlich im Rahmen eines innermalischen Aussöhnungsprozesses auch in die Regionen fließen, ordentlich umgehen kann und es eine positive Entwicklung für die Menschen vor Ort gibt. Das heißt, die Leute müssen mit den Finanzen umgehen können. Sie müssen eine Basisinfrastruktur im Wasserbereich, im Wohnungsbereich, im Bereich der elementaren Gesundheitsvorsorge schaffen können. Dazu bedarf es Menschen, die das tun können, die dafür ausgebildet sind. Das ist Teil der Aufgabe, der wir uns bereits widmen, aber der wir uns in den nächsten Jahren – das sage ich auch – wesentlich stärker widmen müssen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Seit 2013 sind für Mali 204 Millionen Euro Entwicklungsgelder ausgegeben worden. Deutschland ist mit seinem Engagement im Bereich der Dezentralisierung in einer der führenden Positionen; das ist richtig und wichtig. Ich betone noch einmal: Ich glaube, wir müssen hier mehr tun. Und wir können auch mit anderen Ländern gemeinsam mehr tun.
Dass dies aber auch Sicherheit voraussetzt, sieht man ganz deutlich. Ich habe vor einigen Tagen mit einem Vertreter der Friedrich-Ebert-Stiftung in Bamako telefoniert, der mir die Lage verdeutlicht hat. Wie sieht es momentan aus? In der Provinz Gao sitzen zum Beispiel 24 Super-Präfekte, die eigentlich in ihre Gemeinden gehen müssten, um das, was ich gerade geschildert habe, zu organisieren, in der Provinzhauptstadt Gao fest und trauen sich nicht heraus, weil die Sicherheitslage so katastrophal ist, dass sie nicht in die Dörfer und Regionen kommen können. Damit muss man sich auseinandersetzen, wenn 30 Prozent der Staatseinnahmen in die Regionen fließen sollen, um den Menschen dort zu helfen. Also ist die Frage entscheidend, wie wir dort Sicherheit erreichen, dass diese Menschen ihre Arbeit aufnehmen können.
In einem zweiten Telefonat mit einem Mitarbeiter der Stiftung habe ich erfahren, dass dessen Verwandte, die in der Nähe von Gao leben, einen medizinischen Notfall hatten, aber die Notfallambulanz nicht über die Stadtgrenzen Gaos hinausfahren kann und niemanden, der irgendwo in der Region ist, betreuen kann. Wenn man will, dass Lehrer, Krankenschwestern, Ärzte, Polizisten und Verwaltungsbeamte in die Dörfer gehen, muss man ein Mindestmaß an Sicherheit schaffen, um dies zu gewährleisten. Deshalb ist es im Sinne der Entwicklung Malis richtig, zur Schaffung von Sicherheit beizutragen, auch im Rahmen des deutschen Beitrags zu MINUSMA.
Mit Verlaub – als letzter Punkt –: Das ist im Friedensvertrag von Algier auch so angelegt und vorgesehen. Wer den Einsatz ablehnt, muss mir erklären, was die Folge für den Friedensprozess von Algier ist.
(Henning Otte [CDU/CSU]: Herr Movassat!)
Sollen wir ihn aufkündigen? Sollen wir etwas ganz Neues beginnen? Was ist denn die Konsequenz? Der mühsam ausgehandelte Prozess sieht diese Rolle der internationalen Gemeinschaft vor. Daran beteiligen wir uns. Es geht um die Entwicklung Malis, insbesondere um die Frage, wie wir Sicherheit schaffen können, um eine positive zivile Entwicklung in dem Land voranzutreiben.
(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Der Kollege Florian Hahn hat für die CDU/CSU-Fraktion das Wort.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
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Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 149 |
Tagesordnungspunkt | Bundeswehreinsatz in Mali (MINUSMA) |