Florian HahnCDU/CSU - Bundeswehreinsatz Kurdistan-Irak
Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Die Liste der islamistischen Terroranschläge des Jahres 2015 ist lang und düster. Die schrecklichen Anschläge in Istanbul in dieser Woche zeigen, dass uns der IS-Terror auch 2016 keine Atempause lässt. Das ist eine schmerzliche Realität. Daesh hat seine Strategie geändert. Die Terrororganisation konzentriert ihre Energie nicht mehr nur lokal und regional. Wir müssen sie daher gerade lokal bekämpfen, ihre Infrastruktur und Streitkräfte schwächen.
Die kurdischen Peschmerga sind für uns hierbei eine entscheidende Bastion gegen den IS geworden. Am über 800 Kilometer langen bewaffneten Frontverlauf verteidigen sie nicht nur ihre eigene Sicherheit und Freiheit.
Der IS kann nicht totverhandelt werden. Daher ist es entscheidend, ihn auch mit militärischen Mitteln zu bekämpfen. Die tapferen kurdischen Kämpfer haben gezeigt, wie effektiv sie die IS-Barbaren zurückdrängen konnten. Das war allerdings nur mit unserer Unterstützung, mit Waffen und mit deutscher Ausbildung möglich.
Blicken wir zurück. Im August 2014 mussten die Peschmerga-Kämpfer im Nordwesten des Irak zurückweichen. Sie waren der IS-Terrormiliz militärisch unterlegen. Die Islamisten überrannten die strategisch wichtige Stadt Sindschar regelrecht. Die Konsequenzen waren katastrophal. Die IS-Kämpfer hinterließen blutige Spuren in dem von den Jesiden besiedelten Sindschar-Gebirge. Hunderte Männer wurden bestialisch ermordet, Frauen verschleppt, versklavt und vergewaltigt, religiöse Heiligtümer zerstört. Wir mussten in einer Abwägungssituation eine Entscheidung treffen, die einen Tabubruch darstellte: Waffenlieferungen in ein Spannungsgebiet. Die Grünen waren damals dagegen. Die zukünftigen Risiken seien höher als der kurzfristige Nutzen, so der Kollege Hofreiter in der damaligen Plenardebatte. Die Sprecherin der Arbeitsgemeinschaft Frieden wurde mit der Aussage zitiert: Waffen machen Kriege nur noch blutiger. – Im vergangenen Jahr soll der IS rund 14 Prozent seines Territoriums verloren haben. Die Terroristen konnten aus Sindschar und nun fast aus ganz Ramadi vertrieben werden. Zudem sind die Peschmerga verantwortungsvoll mit unseren Waffen umgegangen. Ich denke daher, wir können heute von einem langfristigen Nutzen mit einem kalkulierbaren Risiko sprechen. Außerdem haben wir damit auch Menschenleben gerettet. Die Anzahl gefallener kurdischer Kämpfer ist um über 90 Prozent zurückgegangen.
Genauso wie in der Debatte über die Ausbildungsmission im Januar 2015 hat die Kollegin Brugger heute erneut angekündigt, dass die Grünen zwar eigentlich hinter dem Einsatz stehen, aber verfassungsrechtliche Bedenken haben und sich deswegen enthalten. In diesem Zusammenhang möchte ich mir erlauben, Cem Özdemir zu zitieren: „Wenn das Haus brennt, nützt es wenig, wenn die Feuerwehr aus der Brandschutzordnung vorliest.“ Diesen sehr richtigen Hinweis sollten Sie sich auch dieses Mal gewissenhaft vor Augen führen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Die Rückeroberung der IS-Gebiete im Nordirak gibt uns heute recht in unserer Entscheidung über die Waffenlieferungen und die Ausbildungsmission. Unsere Unterstützung hat Früchte getragen. Kurden und Jesiden ist es gelungen, den IS-Kämpfern schwere Schläge zu versetzen. Mittlerweile sind mehr als 6 100 Peschmerga unter deutscher Beteiligung ausgebildet worden. Die Anhebung der Personalobergrenze in unserer Ausbildungsmission ist ein folgerichtiger Schritt, um unser Engagement zu intensivieren. Ich begrüße aber auch den Beschluss über weitere Waffenlieferungen vom vergangenen Dezember, insbesondere die dringend notwendigen 200 MILAN-Panzerabwehrraketen samt Material für die Ausbildung. Wie wichtig gerade die MILAN-Waffen sind, zeigt uns beispielsweise der 16. Dezember 2015. Damals war nach langer Zeit eine erste Großoffensive des IS – darunter 16 bis an die Decke mit Sprengstoff beladene Fahrzeuge – gegen die Kurden gestartet. Die Kurden konnten insgesamt 14 dieser Fahrzeuge mit MILAN bekämpfen. Dann ist die Munition ausgegangen. Die letzten beiden Fahrzeuge sind dann von der US-Luftwaffe erfolgreich bekämpft worden. Das Ergebnis waren 200 tote IS-Kämpfer, aber auch sechs Tote aufseiten der Peschmerga. Dieses Beispiel zeigt, wie wichtig gerade diese Waffe für die Kurden im Kampf gegen den „Islamischen Staat“ ist. Wir sollten weiterhin an der Seite der Kurden sein und sie unterstützen.
Herzlichen Dank.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6420501 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 149 |
Tagesordnungspunkt | Bundeswehreinsatz Kurdistan-Irak |