14.01.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 149 / Tagesordnungspunkt 12

Matthias SchmidtSPD - Datenaustauschverbesserungsgesetz

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Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren auf den Zuschauertribünen! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir reden heute über das Datenaustauschverbesserungsgesetz, landläufig nennt man das auch den Flüchtlingsausweis. Ich weiß, warum dieser Begriff nicht in das Gesetz aufgenommen wurde. Man hat stattdessen „Ankunftsnachweis“ als Begriff gewählt. Wenn man einen Moment lang darüber nachdenkt, kommt man zu dem Ergebnis, dass auch diese Begrifflichkeit nicht ganz gelungen ist. Aber egal, das Gesetz an sich ist gelungen, und die Intention des Gesetzes ist sehr wichtig.

Ich will das an einem zunächst etwas abseitigen Beispiel versuchen zu erklären. Heute ist der 14. Tag des neuen Jahres. Das heißt, wir sind langsam an der Grenze angekommen, an der die guten Vorsätze über Bord geworfen werden.

(Michaela Noll [CDU/CSU]: Nein!)

Meine guten Vorsätze waren gegen Churchill gerichtet, der ja einst „no sports“ gesagt haben soll. Ich wollte mehr Sport wagen.

(Michaela Noll [CDU/CSU]: Das ist gut! Kann ich nur unterstützen!)

Ich bin durch eine große Fitnesskette darin bestärkt worden, die es mir ermöglicht hat, elf Tage lang umsonst zum Training zu marschieren. Also habe ich am 2. Januar mein Köfferchen gepackt und meine Turnhose hineingetan. Ich habe mich dann zu meiner großen Überraschung in einer langen Schlange angestellt. Dort standen mehrere Menschen so wie ich, die ihre asketische Phase schon länger hinter sich haben und viele gute Vorsätze gefasst haben. Sie alle wollten die Chance nutzen, dort kostenfrei zu trainieren. In der Schlange gab es auch überhaupt keine Rangeleien, keine Widersprüche. Jeder wartete geduldig ab.

Als dann endlich ich dran war, wurden logischerweise meine Daten registriert: Name, Vorname, Adresse, Telefonnummer und E-Mail-Adresse. Damit ich meinen Ausweis nicht weitergeben kann, wurde ich auch fotografiert. Denn so kann Missbrauch vorgebeugt werden. All das lassen wir alle locker über uns ergehen, weil wir die Bürokratie akzeptieren, selbst wenn sie nicht einmal von einer Behörde kommt. Denn wir wissen, dass diese Bürokratie Vorzüge hat, dass es gut ist, dass es so geregelt ist, obwohl wir alle gerne mal Sprüche über die Bürokratie ablassen, so wie ich es ja auch zu Beginn über den Namen des Gesetzes gemacht habe.

Gleichwohl, Herr Minister – das hatte ich gesagt –, ist das Gesetz absolut notwendig. Wir brauchen eine sichere Identifizierung der Schutzsuchenden. Wir wollen Mehrfachregistrierungen vermeiden. Vorhin beim Tagesordnungspunkt Asylverfahrensgesetz hat Kollege Castellucci dargelegt, dass teilweise bis zu vier unterschiedliche Behörden das Gleiche aufnehmen, weil sie nicht in der Lage sind, miteinander zu kommunizieren. Das hat jetzt ein Ende. Verwaltungsverfahren werden sehr viel effizienter ausgestaltet. Die entsprechenden Behörden bekommen Zugriff auf einen Kerndatensatz und, Frau Jelpke, auch auf weitere Daten, zum Beispiel die Schulbildung. Das hatten Sie ja ein bisschen kritisiert.

(Ulla Jelpke [DIE LINKE]: Ich habe gesagt: Nicht zu diesem Zeitpunkt! Später!)

Aber gerade für die Integration brauchen wir den Zugriff auf solche Daten. Darum ist das ganz gut so.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wir brauchen den Ankunftsnachweis auch für eine gerechtere Verteilung nach dem Königsteiner Schlüssel und letztendlich für eine Beschleunigung der Asylverfahren. Die Beschleunigung der Asylverfahren ist aus vielerlei Gründen wichtig und sinnvoll. Es geht darum, die Kommunen und auch die öffentlichen Kassen zu entlasten. Aber sehr viel wichtiger ist: Kurze Asylverfahren bedeuten auch Akzeptanz in der Bevölkerung. Kollege Castellucci hat vorhin beim Asylverfahrensgesetz sehr genau dargestellt, wie lange die Phase ist, bis jemand einen Asylantrag stellt. Wir alle müssen daran arbeiten, dass diese Phase deutlich kürzer und das gesamte Verfahren schneller wird.

(Beifall bei der SPD)

Aber dieses Thema ist nicht das einzige, auf das wir Abgeordnete Gehirnschmalz verwenden sollten, sondern wir sollten uns auch Gedanken darüber machen: Was kommt nach dem Asylverfahren? Es folgt, grob gesagt, eine Entscheidung: Ja oder nein, entweder darf jemand bleiben oder nicht. Wenn der Schutzsuchende bleiben darf, investieren wir alle sehr viel Energie, darüber nachzudenken, wie wir ihn integrieren können: durch Arbeit, Sprache, Ausbildung, Wohnung und verschiedene andere Sachen. Das ist alles sinnvoll und richtig; das sollten wir auch weiterhin so machen. Aber wir dürfen auch die zweite Möglichkeit nicht vergessen: Was ist, wenn jemand abgelehnt wird? Wie können wir bewirken, dass er seiner Ausreisepflicht nachkommt? Bisher denken wir relativ wenig darüber nach. Ich finde, wir sollten uns überlegen, wie wir an dieser Stelle positive Anreize setzen können, weil auch das die Akzeptanz des gesamten Verfahrens stärken würde.

Herr Minister, Sie haben gesagt, Sie möchten das Gesetz jetzt sehr schnell umsetzen; das ist auch gut und richtig so. Sie haben angedeutet: Bis zum Sommer könnte bzw. sollte es klappen. Sie wollen die Änderungen nach und nach einführen; das ist sicherlich der richtige Weg. Wir müssen das, was nun geschieht, im Blick behalten. Letztendlich werden wir Sie auch daran messen, wie schnell das Gesetz umgesetzt werden kann. Das war Ihre Idee, und es ist ein sehr guter Vorschlag. Der Bundestag wird den Gesetzentwurf heute verabschieden. Dann ist die Exekutive am Zuge; sie muss das Gesetz dann umsetzen.

Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit. Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ich danke auch. – Nächste Rednerin ist Luise Amtsberg, Bündnis 90/Die Grünen.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6420941
Wahlperiode 18
Sitzung 149
Tagesordnungspunkt Datenaustauschverbesserungsgesetz
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