Susanna KarawanskijDIE LINKE - Umsetzung der EU-Richtlinie zu Bankkonten
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Die Gesetzesvorlagen der Bundesregierung können wir als Opposition nur sehr selten loben. Es gibt aber im wahrsten Sinne des Wortes manchmal löbliche Ausnahmen. Mit dem Gesetz, dessen Entwurf vorliegt, soll nun der unbeschränkte Zugang zu Zahlungskonten geschaffen werden, wodurch erstmals eine wirksame Rechtsdurchsetzung für Verbraucherinnen und Verbraucher ermöglicht wird. Dieser Anspruch auf Abschluss eines Basiskontovertrages auf Guthabenbasis ist sicherlich ein Quantensprung im Bereich des finanziellen Verbraucherschutzes. Wir finden es richtig gut, dass dieses Gesetz jetzt auf den Weg gebracht wird.
Doch bevor die Bundesregierung zu selbstgefällig wird, möchte ich noch einmal auf etwas verweisen – das hat auch meine Kollegin Caren Lay schon getan –: Es gab jahrelang nur freiwillige Selbstverpflichtungen. Sie haben 20 Jahre lang auf Sand gebaut. Erst als die EU diese Richtlinie beschlossen hat, mussten Sie handeln; Sie mussten tatsächlich zum Jagen getragen werden.
Wir haben als Linke in den Kommunalparlamenten, aber auch in den Landesparlamenten und hier im Bundestag durchgängig für das Basiskonto gestritten. Mich würde es freuen, wenn Sie in anderen Bereichen des finanziellen Verbraucherschutzes aus eigener Überzeugung heraus proaktiv die Rechte der Verbraucherinnen und Verbraucher im Finanzbereich stärken würden.
(Beifall bei der LINKEN)
Ich möchte im Folgenden auf Nachbesserungen eingehen, die in diesem Gesetzentwurf dringend notwendig sind:
Wir fordern als Linke, dass das Basiskonto kostenlos ist. Der Gesetzentwurf enthält zwei unbestimmte Rechtsbegriffe, durch die den Instituten unseres Erachtens zu viele Spielräume bei der Festlegung von Entgelten eingeräumt werden. Bitte konkretisieren Sie sowohl den Begriff „marktüblich“ als auch den Begriff „angemessenes Entgelt“. Sie sind hoffentlich nicht so blauäugig und erwarten, dass diese Begriffe zugunsten der Verbraucherinnen und Verbraucher ausgelegt werden; denn es gibt bislang gar keinen Markt für Konten speziell für finanzschwache Verbraucher. Verbraucher wie Überschuldete, Obdachlose oder Flüchtlinge – wir haben es in der Debatte bereits gehört – müssen ein Basiskonto bezahlen können. Seien wir mal ehrlich: Es wird am besten und dauerhaft gelingen, wenn so ein Konto kostenlos ist. Nur so kann die Teilhabe aller Bürgerinnen und Bürger am bargeldlosen Zahlungsverkehr ermöglicht werden.
(Beifall bei der LINKEN)
Man überliest schnell, dass ein Basiskonto dem Verbraucher innerhalb von zehn Tagen angeboten werden muss; ich betone: angeboten. Dies bleibt allerdings hinter der EU-Richtlinie zurück. Wir fordern als Linke, dass das Konto innerhalb von zehn Tagen eingerichtet und eröffnet werden muss. Sie sollten sich an die umzusetzende Richtlinie halten und nicht dagegen verstoßen. So eine klare und einheitliche Eröffnungsfrist ist notwendig, damit die Kontoeröffnung tatsächlich zeitnah stattfindet, damit Banken den eigentlichen Anspruch auf Einhaltung der Zehntagesfrist nicht konterkarieren können in der Hoffnung, dass die nicht ganz so finanzkräftigen, vielleicht zum Teil auch unliebsamen Kundinnen und Kunden der letzten Jahre ihr Glück bei einem anderen Institut suchen.
(Beifall bei der LINKEN)
Es fehlt auch eine Harmonisierung mit den Vorschriften zum Pfändungsschutzkonto. Wenn ein Basiskonto eröffnet wird, kann nicht gleichzeitig ein Pfändungsschutzkonto eröffnet werden. Das geht immer nur in einem separaten zweiten Schritt. Der Wechsel des Basiskontoanbieters ist zwar von nun an einfacher möglich – das wurde hier auch schon betont; es reicht die Vorlage der Kündigung des bisherigen Kontos –; aber problematisch bleibt der Wechsel für die Inhaber eines Pfändungsschutzkontos, eines P‑Kontos. Oft werden P‑Konten – man darf nur ein solches Konto führen – nicht zeitnah geschlossen. Bis zur Kontoschließung steht dieses P‑Konto in den Daten der Schufa. Wenn das alte P‑Konto gekündigt wird, erhalten die Kundinnen und Kunden zwar ein Basiskonto; das verfügt dann aber nicht über den notwendigen Pfändungsschutz, weil bei der Schufa noch der Eintrag des alten P‑Kontos besteht. Hier ist eine Ankopplung des P‑Kontos an das Basiskonto nur dann sinnvoll, wenn bei Kündigung des P‑Kontos diese Kontofunktion innerhalb weniger Tage aufgehoben und dieser Eintrag bei der Schufa auch tatsächlich gelöscht wird. Wir fordern, dass mit diesem Gesetz beim Kontowechsel eine ununterbrochene P‑Konto-Verbindung sichergestellt werden muss.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Ich habe einige Punkte aufgeführt, bei denen Sie bitte schön nicht hinter die Richtlinie der EU zurückfallen sollten. Es ist ein Quantensprung im Bereich des Zahlungsverkehrs; nichtsdestotrotz bleiben viele Lücken im finanziellen Verbraucherschutz. Ich möchte hier noch einmal betonen: Lebensversicherte werden weiter geschröpft. Kleinanleger können immer noch in hochriskante und unseriöse Anlageprodukte gelockt werden. Ich nenne Fragen der Deckelung der Dispozinsen oder auch der verbrauchergerechten Finanzberatung; hier verweise ich auf die noch weitverbreiteten Provisionen der Vermittler, die allzu leicht nur an ihren eigenen Vorteil denken.
Ich würde mich freuen, wenn Sie diesen Gesetzentwurf und die moderate Kritik, die wir in dieser Diskussion üben, als Ansporn nähmen, in diesen Bereichen des finanziellen Verbraucherschutzes auch ein bisschen proaktiver voranzuschreiten.
Vielen Dank.
(Beifall bei der LINKEN)
Sarah Ryglewski ist die nächste Rednerin für die SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6423719 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 150 |
Tagesordnungspunkt | Umsetzung der EU-Richtlinie zu Bankkonten |