Alexander RadwanCDU/CSU - Umsetzung der EU-Richtlinie zu Bankkonten
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Präsident! Es wurde ja schon sehr viel zum Thema gesagt, zur Richtlinie zu den Bankkonten, die 2013/2014 auf europäischer Ebene auf den Weg gebracht wurde und die wir nun umsetzen. Lassen Sie mich zu Beginn, nachdem Herr Kollege Dr. Schick sehr ausgiebig auf die europäische Ebene eingegangen ist, ebenfalls einen Verweis darauf machen. Auf europäischer Ebene wurde dieses Thema sehr lange diskutiert, und man war der Meinung: Eine solche Richtlinie ist notwendig, weil der Zugang der Menschen zu Konten in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union schlicht und ergreifend sehr unterschiedlich geregelt ist, weil auch die Bankenstruktur in Europa sehr unterschiedlich ist.
Wir in Deutschland haben – zumindest formell betrachtet – eine Struktur mit kleinen Regionalbanken; jede Fraktion nimmt für sich in Anspruch, für die kleinen Regionalbanken zu sein. Dann gibt es das britische Bankensystem. Wir wissen: In Großbritannien, in Irland, in anderen Staaten war der Zugang der Menschen zu einem Bankkonto angesichts der dortigen Bankenstruktur erheblich schlechter gewährleistet. Darum wurde auf europäischer Ebene diese Richtlinie auf den Weg gebracht.
Es gibt in Deutschland – Staatssekretär Meister und Kollege Hauer haben darauf hingewiesen – eine Selbstverpflichtung der Banken und Sparkassen. Dank der Sparkassen gibt es in Deutschland eine erheblich bessere Versorgung mit Konten für jedermann als in anderen europäischen Staaten.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Einen Punkt kann ich mir da nicht verkneifen – es geht um den Trugschluss europäischer Gesetzgebung –: Wenn auf europäischer Ebene durch Binnenmarktgesetzgebung, Finanzmarktregulierung und Maßnahmen in vielen anderen Bereichen auf der einen Seite harmonisiert und damit Kahlschlag betrieben wird, weil systemimmanente Strukturen nicht berücksichtigt werden – –
(Nicole Maisch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es gab doch trotzdem 1 Million Leute ohne Konto!)
– Lassen Sie mich doch bitte erst mal den Gedanken zu Ende führen. Ich kann Ihnen genügend Beispiele nennen. Sogar die Grünen im Europäischen Parlament teilten damals die Meinung, dass der Verbraucherschutz in Deutschland durch systemimmanente, kleingewachsene Strukturen gewährleistet wird. Das sehen wir im Apothekenbereich, das sehen wir im Bereich des Handwerks, und das sehen wir auch bei den Regionalbanken.
Ich komme zu den Sparkassen. Was ich schon gern hätte, ist, dass die europäische Ebene nicht die Sparkassen, die bisher diese Leistungen erbracht haben, an den Pranger stellt, indem sie regelmäßig in dem Bereich reguliert. – Da brauchen Sie nicht mit dem Kopf zu schütteln, Frau Maisch.
(Nicole Maisch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hat mit dem Thema gar nichts zu tun! Die Sparkassen machen es doch schon seit langem!)
– Eben!
(Nicole Maisch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt werden auch die anderen Institute gezwungen! Aber nicht von Ihnen, sondern von Brüssel!)
Sie äußern genau den Gedanken in sehr kurzer Form. In anderen Bereichen Europas gibt es so etwas nicht.
(Nicole Maisch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN], an die CDU/CSU gewandt: Er hat es leider nicht verstanden! – Gegenruf der Abg. Antje Tillmann [CDU/CSU]: Sie offensichtlich auch nicht!)
Die Sparkassen haben es gemacht.
Auf europäischer Ebene wird jetzt wieder eine Harmonisierung vorgenommen.
(Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Haben wir hier eine Anti-EU-Debatte, oder wie?)
Das führt zu einem Kahlschlag auf voller Bandbreite.
(Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo ist denn hier der Kahlschlag? Können Sie das mal erklären?)
Herr Präsident?
Lassen Sie dazu eine Zwischenfrage zu?
Ja.
Bitte schön.
Herr Kollege Radwan, Ihnen ist sicherlich wie mir bekannt, dass für die Sparkassen Gesetze gelten und dies Landesgesetze sind. Ich möchte Sie, wenn Sie nicht darüber informiert sind, darüber in Kenntnis setzen, dass beispielsweise das Land Berlin ein Sparkassengesetz hat und die Grünen beantragt haben, darin das Konto für jedermann aufzunehmen, es aber nicht aufgenommen wurde. Nach meinem Wissen gibt es maximal ein oder zwei Bundesländer, in denen das Konto für jedermann im Sparkassengesetz steht. Es wurde auch von den Sparkassen massiv bekämpft, dass das Konto für jedermann verankert wird. Deswegen ist das, was Sie gerade gesagt haben, schlichtweg nicht richtig.
Das eine ist die gesetzliche Regelung, Frau Kollegin. Das andere ist die Selbstverpflichtung zu einem Basisgirokonto, einem Bürgerkonto. Da waren die Sparkassen nach meinem Kenntnisstand in Deutschland und sogar in Europa Vorreiter. Oder wollen Sie das infrage stellen?
Ja.
Dann haben wir halt einen Dissens. Die Sparkassen waren hier beispielhaft.
Ich erwähne es deswegen, weil Sie von der Opposition – das ist der Punkt, auf den ich hinaus will – den Gesetzentwurf zur Einlagensicherung begrüßt haben – entschuldigen Sie, dass ich jetzt kurz zur Einlagensicherung komme –, der gerade diese Struktur der in der Region verwobenen, verbrauchernahen Institute, die sehr verbraucherfreundlich ist, gefährdet. Sie begrüßen es, diesen Weg der europäischen Ebene zu gehen, aber wir kritisieren das. Wir wollen bestehende bürgernahe Strukturen schützen und aufrechterhalten.
(Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Reden Sie doch einmal zum Thema!)
– Nein, das ist für mich ein Thema. Sie gehen den Weg in Richtung eines einheitlichen europäischen Breis. Sie begrüßen das.
(Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was soll denn dieser nationalistische Einschlag?)
Sie wollen eine einheitliche europäische Regulierung, die bewirkt, dass die Großen mit den Kleinen gleichgesetzt werden, wie bei der Einlagensicherung, wie bei der Bankenunion. Sie sagen: Wir brauchen einheitliche Regelungen, mit denen die Großen mit den Kleinen auf eine Ebene gesetzt werden. – Das wollen wir genau nicht.
(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Jens Zimmermann [SPD]: Wir wollen, dass jeder ein Konto bekommt! Das wollen wir doch!)
In diesem Zusammenhang sind drei Bereiche genannt worden. Das Basiskonto wurde erwähnt. Dann ist der Wechsel zwischen Banken zu nennen. Das ist ein gutes Ziel, ein Ziel, das den Wettbewerb stärkt. Wir werden darüber diskutieren, inwieweit wir es zukünftig mit einem Systembruch zu tun haben; denn die Digitalisierung schreitet hier voran. Zukünftig wird es nicht um die Frage gehen, ob einer beispielsweise von der Sparkasse zu einer Genossenschaftsbank wechselt. Vielmehr werden wir verstärkt darüber diskutieren müssen, ob jemand von einer traditionellen Bank zu einer im digitalen Bereich tätigen Bank wechselt. Es ist sehr wichtig, zu schauen, inwieweit diese Möglichkeit vorhanden ist und inwieweit ein Systembruch notwendig ist oder nicht.
Ich begrüße sehr stark den Vorstoß zum Thema Entgelttransparenz. Ich möchte an die Finanzwirtschaft die mit einer Kritik verbundene Bitte richten: Natürlich gibt es unterschiedliche Produkte, die unterschiedliche Bestandteile aufweisen, aber wichtig ist – das ist schon sehr lange Thema –, eine einfache Information zu geben, eine Information, die Produkte relativ schnell vergleichbar macht. Wenn man dann immer auf verschiedene Pakete verweist, kann man natürlich gut in die Irre führen. Die Finanzwirtschaft hat die Chance, entsprechende Vorschläge zu machen. Bis jetzt habe ich hierzu leider keine Vorschläge gesehen.
Die Geldwäscherichtlinie und -verordnung wurden erwähnt. Ich halte den Aspekt, den der Staatssekretär im Hinblick auf die Geldwäscheverordnung erwähnt hat, für richtig. Trotzdem sollten wir in der weiteren Beratung gerade vor dem Hintergrund der Terrorismusfinanzierung und der in Europa und weltweit aufkommenden höheren Sensibilität dazu kommen, dass wir auch andere Rechtsgebiete prüfen. Wir wollen nicht, dass durch ein Gesetz für einen Bereich in anderen Rechtsbereichen zusätzliche Gefährdungen entstehen. Man muss sich anschauen, inwieweit eine entsprechende Problematik besteht, Stichwort: USA, bzw. inwieweit wir Gefährdungen mit gutem Gewissen ausschließen können.
Ich begrüße es sehr, dass wir die Richtlinie jetzt umsetzen. Sie stammt übrigens aus dem Jahr 2013/2014. Damals hatten wir nicht die jetzt aktuelle Situation mit den Flüchtlingen. Die BaFin hat aus meiner Sicht völlig zu Recht für Erleichterung beim Zugang zu Konten gesorgt. Das ist zu begrüßen. Wir müssen das aber gerade unter dem Gesichtspunkt der Umsetzung der Geldwäscherichtlinie und der Geldwäscheverordnung entsprechend handhaben.
Einen letzten Aspekt kann ich mir nicht verkneifen. Vorhin wurde darüber geredet, dass wir für die neuen Regelungen Werbung machen müssen. Viele Redner haben zu Recht betont, wie wichtig ein Konto ist, um am sozialen Leben in Deutschland teilhaben zu können. Das betrifft die Miete, den Arbeitsvertrag und andere Bereiche. Aber wenn der Druck so groß ist – und das ist unter allen Fraktionen unbestritten –, dann ist, glaube ich, keine Werbung notwendig.
Es ist schlicht und ergreifend so, dass mit diesem Gesetz ein gangbarer Weg gegangen wird. Ihn werden wir jetzt mit den Beratungen eröffnen. Ich denke, wir werden am Schluss ein gutes Gesetz hinbekommen.
Besten Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Nächster Redner ist der Kollege Jens Zimmermann für die SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
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Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 150 |
Tagesordnungspunkt | Umsetzung der EU-Richtlinie zu Bankkonten |