Mechthild HeilCDU/CSU - Umsetzung der EU-Richtlinie zu Bankkonten
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Zeiten, in denen man am Ende des Monats sein Gehalt in einer Lohntüte bekommen hat, sind wirklich schon lange vorbei. Schon seit 1957 kann man sein Gehalt auf ein Girokonto überweisen lassen. Wir haben es heute schon mehrfach gehört: Die Miete, der Strom, aber auch der Vereinsbeitrag und vieles andere mehr werden heute nicht mehr bar bezahlt. Ein eigenes Konto und eine eigene Zahlkarte sind heute eine Selbstverständlichkeit. Ich glaube, die jungen Leute auf der Tribüne können sich das gar nicht anders vorstellen. Dazu kommen natürlich neue Tendenzen: der wachsende Internethandel, aber auch die Digitalisierung der Verwaltungen. Egal ob Sie Steuern zahlen, Steuern nachzahlen, Steuern zurückbekommen oder zum Beispiel Hartz IV bekommen, eigentlich geht alles bargeldlos.
Im meinem Landkreis Mayen-Koblenz – immerhin der größte Landkreis in Rheinland-Pfalz – gibt es heute keinen Hartz-IV-Empfänger mehr, der kein Konto hat. Er ist schwarz regiert. Ich sage Ihnen: Wenn man sich ein bisschen darum gekümmert hat, war das Konto für alle auch schon in der Vergangenheit möglich.
Die Tendenz zum bargeldlosen Zahlen ist steigend. In den Supermärkten und auch an der Tankstelle wird bargeldlos gezahlt. Ich gehöre zu denjenigen, die das Zahlen mit Bargeld nicht abschaffen wollen. Ich bin nach wie vor dafür, dass man Bargeld verwendet, und ich finde, dass es in Deutschland eine gute Entwicklung ist, dass man weiterhin Bargeld benutzt. Aber ich will natürlich nicht, dass manche Verbraucher auf Bargeldgeschäfte beschränkt werden, weil sie kein Konto haben können.
Bislang – wir haben das schon erwähnt – haben die Sparkassen diese Lücke geschlossen, wenn auch nicht in allen Bundesländern. Sie haben vollkommen recht: Auch da ist Berlin ein Negativbeispiel; hier haben die Sparkassen ihre Aufgabe nicht übernommen. Die Europäische Union sagt, dass 1 Million Menschen bei uns in Deutschland kein Konto haben; wir gehen von 700 000 oder 600 000 Menschen aus. Ich will mich über die Zahlen gar nicht streiten. Es sind auf jeden Fall eine Menge Menschen zu viel, die kein eigenes Konto haben. Manch einer von denen will gar kein Konto; diesen Menschen wollen wir auch kein Konto aufzwingen. Aber das ist kein Grund, es denjenigen zu verweigern, die Zugang zu einem Konto benötigen.
Deshalb begrüße ich es, dass wir heute in der ersten Lesung dieses Zahlungskontengesetz auf den Weg bringen. Die Frage ist natürlich: Wer hat jetzt ein Recht, ein solches Basiskonto zu eröffnen? Das ist jeder Verbraucher mit einem rechtmäßigen Aufenthalt in der Europäischen Union. Das sind erstmals aber auch Personen ohne festen Wohnsitz. Das sind alle Asylsuchenden sowie Personen ohne Aufenthaltstitel, die aber aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht abgeschoben werden können.
Bereits 1995 haben sich die Banken in Deutschland selbst zu der Einrichtung eines sogenannten Jedermann-Kontos verpflichtet. Das ist 20 Jahre her. Einige Banken sind dieser Selbstverpflichtung nachgekommen, aber viel zu viele haben sich in diesem Bereich nicht engagiert. Auch wenn jetzt in Deutschland verhältnismäßig viele Menschen ein eigenes Konto haben – wir haben die Zahlen gehört –, muss ich ganz ehrlich sagen: Das Engagement der gesamten Branche hat nicht ausgereicht. Ehrlich gesagt, ich finde es schade, dass gerade eine Branche, die immer mehr und manchmal – auch das sage ich – durchaus berechtigt über zunehmende Reglementierung lamentiert, in diesen 20 Jahren keine Kraft hatte, eine solche Selbstverpflichtung umzusetzen.
Deshalb bessern wir als Gesetzgeber jetzt nach, und zwar auch – Sie haben recht – mithilfe der Europäischen Union. Wir bessern so nach, dass alle Institutsgruppen – dies wurde übrigens schon im Koalitionsvertrag vereinbart – in angemessener Weise beteiligt sind. Das geht nicht ohne gewisse Eingriffe in die Vertragsfreiheit der Banken. Ein Konto für alle bedeutet dann eben auch für alle und nicht nur für den, den sich die Bank aussucht.
Was muss ein Basiskonto alles können? Wir haben es schon gehört: Überweisungen sowie Barein- und -auszahlungen müssen möglich sein, man muss Lastschriften tätigen können, und natürlich müssen auch Kartenzahlungen möglich sein. Die Kosten müssen angemessen, marktüblich und verhältnismäßig sein. Ich finde es richtig, dass es nicht kostenlos ist. Die Bedingungen für das Basiskonto dürfen nicht schlechter sein als die bei anderen Zahlungskonten des gleichen Institutes.
Ein Basiskonto – das möchte ich an dieser Stelle auch ganz klar sagen – ist keinesfalls ein Freifahrtschein zum Leben auf Pump. Denn es besteht lediglich ein Recht auf ein Guthabenkonto. Das Recht auf einen Kredit oder auf einen Disporahmen hat man damit nicht. Es geht also wirklich nur um die Grundfunktionen eines Kontos. Alles andere ist freiwillig: Überziehungskredite müssen nach wie vor frei zwischen der Bank und dem Kunden ausgehandelt werden. Wenn es dann zu Problemen mit dem Kreditinstitut kommt, kann der Kunde sich auf drei Wegen Hilfe suchen:
Erstens. Er kann sich an die BaFin wenden. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht kann dann als zuständige Behörde den Anspruch des Verbrauchers auf ein Basiskonto mit den Mitteln eines Verwaltungsaktes durchsetzen, natürlich nur, wenn auch keine Ablehnungsgründe vorliegen.
Zweitens. Wie immer kann der Verbraucher den ordentlichen Rechtsweg beschreiten.
Drittens. Er kann sich für eine alternative Streitbeilegung – wir sprechen von Schlichtungsstellen – entscheiden. Die Schlichtungsverfahren, die dann bei der BaFin angesiedelt sind, sind für den Kunden kostenlos.
Sie sehen daran, meine Damen und Herren: Wir schreiben nicht einfach nur die Ziele in ein Gesetz hinein, nein, wir sorgen auch dafür, dass die Verbraucher ihr Recht auch wirklich durchsetzen können.
Und ein weiteres Thema packen wir an: Wir erleichtern den Wechsel zwischen den Kreditinstituten. Bisher war es wirklich eine große Arbeit und war mit gewissen Hürden und Mühen verbunden, die Bank zu wechseln; der eine oder andere von uns oder von Ihnen wird es schon einmal gemacht haben. Das soll jetzt leichter werden. Dass Lastschriften, Auf- und Abbuchungen und Daueraufträge einzeln geändert und übertragen werden mussten, das ändern wir nun. Künftig wird die übertragende Bank verpflichtet, Lastschriften und dergleichen an die empfangende Bank zu melden. Ich gehe wirklich davon aus, dass wir mit diesem Mittel bald deutlich mehr unzufriedene Kunden dazu bewegen können, von dem Recht Gebrauch zu machen und die Bank zu wechseln. Das ist gut so; denn das erhöht noch einmal den Wettbewerb unter den Banken.
Den Wettbewerb zwischen den Banken zugunsten der Verbraucher fördern wir auch beim Thema „Vergleichbarkeit von Zahlungsentgelten“. Wie kommt – auch das war vorhin schon die Frage – der Kunde an diese Informationen? Klar, zuerst einmal ist die Bank in der Verpflichtung – das haben wir auch schon geregelt –, die Informationen an den Kunden zu geben. Aber gleichzeitig können Verbraucher auch auf einer zertifizierten Webseite – zumindest wollen wir das so – diese Informationen in Zukunft abrufen.
Insgesamt kann ich sagen: Das wird ein gelungenes Gesetz, wenn wir es dann nach der dritten Lesung verabschiedet haben. Auch mit diesem Gesetz steht die CDU/CSU für klare Kundeninformation. Wir stehen für mehr Wettbewerb zwischen den Kreditinstituten, und wir stärken auch hier einmal wieder die Marktmacht der Verbraucher. Ein guter Schritt in Richtung „Verbraucher auf Augenhöhe“.
Vielen Dank.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6423819 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 150 |
Tagesordnungspunkt | Umsetzung der EU-Richtlinie zu Bankkonten |