Waldemar WestermayerCDU/CSU - Pestizide
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir diskutieren heute gemeinsam den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln in unserer Landwirtschaft. Zunächst möchte ich festhalten, dass unsere Lebensmittel niemals zuvor so sicher, bezahlbar und vielfältig waren.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Beim Thema Pflanzenschutz sind die Verbraucher aber zu Recht sehr sensibel. Deshalb sollten wir uns sachlich fundiert damit auseinandersetzen. Zu diesem sachlich fundierten Umgang gehört für mich aber auch, dass wir auf Basis gesicherter Erkenntnisse argumentieren. Diesem Anspruch werden Ihr Antrag und auch Ihre Rede, Herr Hofreiter, leider nicht gerecht.
Übrigens, der Betrieb meines Sohnes befindet sich gerade in der Phase der Umstellung auf Ökolandbau. Das möchte ich auch einmal erwähnen.
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ich selber habe 40 Jahre lang den Betrieb geführt, habe einige Jahre das Modell MEKA, das übrigens in Baden-Württemberg von einer CDU-Regierung ins Leben gerufen wurde, genutzt und über Jahrzehnte keine Pflanzenschutzmittel eingesetzt.
(Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Deshalb sind Sie noch so fit und rüstig! – Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das heißt, es geht ja!)
Sie behaupten, dass in Deutschland Jahr für Jahr mehr Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden, und stellen einen direkten Zusammenhang zwischen den Gewinnen der Hersteller und Gesundheitsgefahren für die Menschen her. So ist das falsch. Zum einen geben die Zahlen den von Ihnen beschriebenen Trend nicht her; denn der Absatz der Wirkstoffe – darum geht es im Kern – ist seit 2011 ungefähr konstant geblieben. Zwischendurch ist der Absatz sogar leicht gesunken. Sie, Herr Hofreiter, haben vorhin von 100 000 Tonnen gesprochen. Dazu muss man sagen: 44 000 Tonnen entfallen auf den Wirkstoff, das andere sind Füllstoffe. Im europaweiten Vergleich der Zahlen liegt Deutschland nach Daten von Eurostat beim Verkauf von Pflanzenschutzmitteln pro Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche sogar leicht unter dem EU-Durchschnitt.
Irreführend und populistisch finde ich zum anderen auch Ihre Gegenüberstellung von Gewinnen der Hersteller auf der einen Seite und Gesundheitsgefahren für den Menschen auf der anderen Seite. Sie legen damit ganz bewusst nahe, dass hier ein Zusammenhang besteht, und wollen damit das Bild einer menschenverachtenden Industrie zeichnen. Das hat aus meiner Sicht nichts mehr mit seriöser Politik zu tun. Schließlich stellen diese Unternehmen Wirkstoffe her, die – das sage ich ganz bewusst – nach unabhängigen wissenschaftlichen Untersuchungen mit hohem Sachverstand zugelassen wurden. An dieser Stelle möchte ich ausdrücklich sagen: Ich bin davon überzeugt, dass wir einen solchen unabhängigen Sachverstand im Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit und im Bundesinstitut für Risikobewertung haben.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie des Abg. Willi Brase [SPD])
Insbesondere wird die nationale Zulassung durch das BVL internationalen Standards gerecht, vor allem auch durch die intensive Zusammenarbeit mit dem Julius-Kühn-Institut und dem Umweltbundesamt. Vor diesem Hintergrund kann ich die Fundamentalkritik am Zulassungsverfahren in Ihrem Antrag nicht nachvollziehen.
Nach meiner Auffassung setzt Ihr Antrag im Kern den falschen Schwerpunkt. Sie fordern primär ein Programm zur Reduzierung des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln mit dem Ziel des vollkommenen Verzichts auf diese Mittel. Unabhängig davon, dass Sie damit den erheblichen gesamtgesellschaftlichen Nutzen von Pflanzenschutzmitteln außer Acht lassen, bringt eine pauschale Reduktion erst mal gar nichts. Gute und nachhaltige Agrarpolitik bemisst sich nämlich nicht isoliert nach der bloßen Menge der eingesetzten Pflanzenschutzmittel. Sonst würde ein risikoreicheres Mittel, das schon in geringen Mengen wirkt, besser bewertet werden als ein risikoärmeres mit einer höheren Wirkungsschwelle. Das kann deshalb nicht unser Ansatz sein.
Entscheidend ist vielmehr, dass man sich die Eigenschaften der eingesetzten Stoffe genau anschaut, eventuelle Risiken identifiziert und dementsprechend Maßnahmen trifft. Letztlich ist demnach keine Mengen-, sondern eine Risikoreduktion entscheidend. Das ist aus meiner Sicht der nachhaltige und dem Vorsorgeprinzip entsprechende Ansatz, den wir verfolgen sollten.
Ausdrücklich möchte ich in diesem Zusammenhang auch auf die Untersuchung der WHO hinsichtlich Glyphosat eingehen. Der vermeintliche Gegensatz zwischen dem Ergebnis der WHO und dem Ergebnis des BfR und der klaren Mehrheit der Zulassungsbehörden ist schlicht im unterschiedlichen Ansatz der Untersuchung begründet. Die WHO hat in ihrer Betrachtung nämlich keine Risikobewertung im eigentlichen Sinn durchgeführt, sondern lediglich abstrakt und allgemein das potenzielle Krebsrisiko durch Glyphosat begutachtet. Das sagt jedoch erst einmal nichts über das tatsächliche Risiko für den einzelnen Bürger aus, welches maßgeblich für die Zulassung ist. Ich ziehe daraus für mich den Schluss, dass wir vor allem in der Forschung weiter vorankommen müssen. Hierfür übernimmt die Bundesregierung in ihrem Aktionsplan auch einiges, vor allem mit der Nationalen Forschungsstrategie BioÖkonomie 2030.
Außerdem wird die Bundesregierung ihrem Anspruch an eine nachhaltige Anwendung von Pflanzenschutzmitteln auch international gerecht. So betreibt das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung – in diesem Ausschuss bin ich auch vertreten – zusammen mit der GIZ in Entwicklungsländern Resistenzforschung und bildet Bauern vor Ort in der Anwendung des integrierten Pflanzenschutzes aus. Außerdem wird die Anwendung von Nachhaltigkeitsstandards beim Einsatz von Pflanzenschutzmitteln in Zusammenarbeit mit der Privatwirtschaft gefördert, zum Beispiel in einem regionalen Projekt zur Baumwollproduktion in Afrika. Das zeigt den ganzheitlichen Ansatz, den wir bei unserer Pflanzenschutzstrategie verfolgen, und beweist, dass wir in der Sache auf einem guten Weg sind. Denn wer eine Welt ohne Hunger will, kann nicht auf Pflanzenschutzmittel verzichten. Deshalb ist Ihr Antrag abzulehnen.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Willi Brase [SPD])
Der Kollege Carsten Träger hat für die SPD-Fraktion das Wort.
(Beifall bei der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6424012 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 150 |
Tagesordnungspunkt | Pestizide |