Carsten TrägerSPD - Pestizide
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Am Mittwoch fand im Umweltausschuss eine Anhörung zum Verlust der Artenvielfalt bei Insekten statt. Das mag von dem einen oder anderen belächelt werden: Wen interessieren schon ein paar Mücken mehr oder weniger? Ich sage Ihnen: Mir ist das Schmunzeln vergangen. In der Anhörung zeigten alle Sachverständigen die Dramatik des Artensterbens auf, hier in Deutschland, in unserer Heimat, vor unserer Haustür. In manchen Teilen Deutschlands ist die Zahl der Fluginsekten um 80 Prozent zurückgegangen, das ist der Anteil der Individuen, die verloren sind.
Das Aussterben von Arten hat ein unerkanntes Ausmaß erreicht. Mehr als 20 Prozent der Großschmetterlinge – das haben Messungen an den jeweiligen Standorten ergeben – sind verloren. Diese Arten sind in Deutschland ausgestorben. Kann uns das kaltlassen?
(Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein!)
Der Verlust der Arten ist nicht nur bedrohlich, weil sie ein wichtiger Bestandteil der Nahrungskette sind. Weniger Insekten bedeuten auch weniger Futter, zum Beispiel für Jungvögel. Der Verlust der Insekten ist nicht nur bedrohlich, weil sie verantwortlich sind für das Bestäuben eines Großteils der Pflanzen. Alle reden über Bienen, aber die Wahrheit ist: Nicht nur die Bienen sind für die Bestäubung zuständig. Der Verlust der Insekten ist auch bedrohlich, weil sie Frühindikatoren für den Zustand unseres Lebensumfeldes sind. Kann uns das kaltlassen?
Liebe Kolleginnen und Kollegen, werfen wir doch gerade anlässlich der Grünen Woche einen Blick auf die Gründe. Alle Experten in der Anhörung vermuten Neonikotinoide als Hauptursache für das Massensterben. Das sind Pestizide, die seit Mitte der 90er-Jahre in der Landwirtschaft eingesetzt werden. Seit es sie gibt, hat die Geschwindigkeit des Sterbens von Insekten dramatisch zugenommen. Und, seien wir ehrlich: So ganz überraschend ist der Befund nicht; dafür sind sie schließlich da, die Neoniks. Landen sie in unserer Nahrung, mit Folgen für unsere Gesundheit? Wer kann das mit Sicherheit ausschließen?
Liebe Kolleginnen und Kollegen, uns muss daran gelegen sein, den Einsatz von Pestiziden zu verringern.
(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Jeder Zustandsbericht zur Lage der Natur zeigt es immer wieder: Der Indikator für Artenvielfalt gerade im Agrarland hat sich deutlich verschlechtert. Er ist auf den bisher tiefsten Wert gesunken, und er ist weiter vom Zielwert entfernt als alle anderen Indikatoren.
Die Landwirtschaft erhält in großem Umfang Agrarsubventionen aus Steuermitteln. Die daran geknüpften Umweltanforderungen sind allerdings wenig anspruchsvoll und können am negativen Trend nichts ändern. Ich unterstütze daher ausdrücklich unsere Umweltministerin Barbara Hendricks bei ihrer Naturschutzoffensive für eine Umgestaltung dieser Landwirtschaftssubventionen.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Es muss das Prinzip gelten: öffentliche Mittel für öffentliche Leistungen.
Kolleginnen und Kollegen, ich bin sehr dafür, dass wir unsere Landwirte kräftig unterstützen. Ich bin aber auch dafür, dass wir unsere Unterstützung an Leistungen für den Naturschutz knüpfen.
(Beifall bei der SPD)
Wenn nicht mit Rücksicht auf Umwelt und Natur bewirtschaftet wird, sollten die Subventionen nicht mehr fließen. Das wird nicht von heute auf morgen gehen; gleichwohl müssen wir uns auf den Weg machen; denn der Verlust der Artenvielfalt kann uns nicht kaltlassen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Für die CDU/CSU-Fraktion hat nun der Kollege Thomas Mahlberg das Wort.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6424015 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 150 |
Tagesordnungspunkt | Pestizide |