15.01.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 150 / Tagesordnungspunkt 19

Harald PetzoldDIE LINKE - Umsetzung der Verwertungsgesellschaften-Richtlinie

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Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer auf den Tribünen! Die Präsidentin hat uns das Wortungetüm des Gesetzentwurfs der Bundesregierung, den wir heute hier verhandeln, vorgelesen. Die kurze Überschrift lautet „Umsetzung der Verwertungsgesellschaften-Richtlinie“.

Verwertungsgesellschaften erfreuen sich nicht gerade größter Beliebtheit in der Gesellschaft. Gerade die jungen Zuschauerinnen und Zuschauer auf den Tribünen werden sich möglicherweise an den frustrierenden Moment erinnern, als sie vor dem Bildschirm ihres Computers gesessen haben, weil sie sich auf YouTube einen Titel anhören oder ihn vielleicht sogar herunterladen wollten, und nur eine schwarze Fläche zu sehen war, weil die GEMA erklärt hat, dass die Rechte dafür in Deutschland nicht geklärt wären.

Aber auch Personen meines Jahrgangs hier im Saal werden sich möglicherweise daran erinnern, dass sie als Mitglied des Fördervereins einer Kita oder einer Schule oder als Mitglied einer Willkommensinitiative versucht haben, ein Weihnachtskonzert, ein Benefizkonzert oder eine andere Kulturveranstaltung zu organisieren, und erleben mussten, dass im Finanzplan der Veranstaltung der Posten „GEMA-Gebühren“ einen nicht ganz unerheblichen Finanzbetrag von ihnen einforderte, obwohl sie eigentlich einen guten Zweck verfolgt haben; dennoch mussten sie dafür löhnen.

Insofern erfreuen sich Verwertungsgesellschaften nicht unbedingt großer Beliebtheit. Sie sind aber eine sehr wichtige und eigentlich auch eine gute Institution, weil sie gerade angesichts der Tatsache, dass wir uns im Internetzeitalter befinden und es weltweite Vertriebsmöglichkeiten von Musik- und Kunstprodukten gibt, dafür sorgen, dass Komponistinnen und Komponisten, Textdichterinnen und Textdichter, Fotografinnen und Fotografen, bildende Künstlerinnen und Künstler sowie Autorinnen und Autoren ihr Geld nicht einzeln bei den Verwerterinnen und Verwertern einfordern müssen, sondern das kollektiv über eine Organisation betreiben können.

Insofern ist meine Fraktion, die Linke, sehr dafür, dass Verwertungsgesellschaften gut reguliert werden und ordentlich arbeiten können. Wir haben bereits in der vergangenen Legislaturperiode dazu einen Antrag vorgelegt und einen Gesetzentwurf eingefordert. In dem Antrag haben wir eine ganze Reihe von Kriterien genannt, die inzwischen auch in die Regelungen der Europäischen Kommission eingeflossen sind und die jetzt hier umgesetzt werden sollen. Insofern sind sie natürlich von der Bundesregierung aufgegriffen worden und finden sich im Gesetzentwurf wieder.

Gleichzeitig muss ich sagen: Wenn ich mir den Gesetzentwurf, den die Bundesregierung hier vorlegt, insgesamt angucke, erinnert er mich eher an die Echternacher Springprozession; denn es werden drei Schritte nach vorn und zwei zurück gemacht, oder, um in Richtung der Kolleginnen und Kollegen von der SPD mit dem Ihnen bekannten Schriftsteller Günter Grass zu sprechen: „Der Fortschritt ist eine Schnecke“.

Was in aller Welt hat Sie denn daran gehindert, für mehr Binnendemokratie in den Verwertungsgesellschaften zu sorgen?

(Beifall bei der LINKEN)

Was hat Sie denn dazu bewogen, ein Aufsichtsmodell zu wählen, das aus den 60er-Jahren stammt,

(Dr. Volker Ullrich [CDU/CSU]: Das hat sich bewährt!)

und das Deutsche Patent- und Markenamt für die Aufsicht sorgen zu lassen?

(Christian Flisek [SPD]: Sie müssen jedem die Kompetenz absprechen, oder?)

Ich hatte bereits in der Befragung der Bundesregierung im November vergangenen Jahres angefragt, wie die Bundesregierung das gestalten will. Die Antwort ließ nichts Gutes erahnen. Warum wurde das Deutsche Patent- und Markenamt als Aufsicht für diese Verwertungsgesellschaften ausgewählt?

(Dr. Karl-Heinz Brunner [SPD]: Warum nicht?)

Um nur ein Beispiel zu nennen: Wenn ein Konzert organisiert wird und dann die GEMA-Gebühr bezahlt werden soll, richtet sich der Beitrag nach einem vom Deutschen Patent- und Markenamt genehmigten Tarif. Aber das Deutsche Patent- und Markenamt hat nicht die Spur einer Ahnung davon, wer beispielsweise Organisator solcher Konzerte sein und welche Interessen dieser haben kann. Wenn beispielsweise ein Konzert zu einem guten Zweck bzw. ein Benefizkonzert organisiert werden soll, ist es eigentlich nicht sinnvoll, die Veranstalter in einem so hohen Maße zur Kasse zu bitten.

Genauso könnte ich Sie fragen: Was hat Sie dazu bewogen, dieses kastenähnliche binnendemokratische Mitbestimmungsmodell aus den 60er-Jahren in dem Gesetzentwurf weiter fortzuführen, das nur Mitgliedern – insofern stimmt es nicht ganz, was Sie hier vorgetragen haben – in den Verwertungsgesellschaften eine tatsächliche Mitbestimmung sichert?

Das alles ist nicht zielführend, weil es dazu führt, dass beispielsweise, wenn die Gewinne oder die Einnahmen der Verwertungsgesellschaften an die Beteiligten ausgeschüttet werden, vor allen Dingen die Großverdiener bevorzugt werden und gerade kleinere, finanzschwächere Kreative, die eigentlich viel mehr darauf angewiesen wären, dass sie von den Einnahmen profitieren, benachteiligt werden.

All dies sind Dinge, die wir dringend noch korrigieren müssen. Insofern freue ich mich auf die parlamentarische Debatte zu diesem Gesetzentwurf.

Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN)

Der Kollege Dr. Stefan Heck hat für die CDU/CSU-Fraktion das Wort.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6424100
Wahlperiode 18
Sitzung 150
Tagesordnungspunkt Umsetzung der Verwertungsgesellschaften-Richtlinie
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